Spielzeit: 37:11 Medium: CD Label: Croatia Records, 2006 Stil: Roots Music Review vom 02.10.2007 Joachim 'Joe' Brookes

Kroatien ist ein herrliches Urlaubsland. Sollte man da wirklich meinen, dass Miroslav Evačić Musik tatsächlich mit dem Blues zutun hat, wie es der Albumtitel "Blues reke Drave" (engl.: "The Drava River Blues") vermuten lässt?

Traditionelle kroatische Musik und der Blues!
Evačić hat es mit dem vorliegenden Album vollbracht und die Kreuzung dieser Stile ist zu einer höchst interessanten Mixtur verschmolzen.

Tatkräftige Unterstützung erhält der Protagonist durch Gordana Evačić, die einerseits singt und sich andererseits als eine Meisterin des Cimalom, einer Art Zither oder Dulcimer, erweist.
Miroslav Evačić spielt diverse Saiteninstrumente, wie akustische und elektrische Gitarre. Besonders spannend klingen die Songs, in denen er die Samica, eine kleine Tambura, die im Klang einer Mandoline oder Bouzouki gleich kommt, spielt.
Wenn sich dann auch noch ein Akkordeon dazu gesellt, ist der kroatische Blues perfekt.

Der Opener "Volim ja" ( engl.: "Like To Love") ist nicht unbedingt das Vorzeigestück der Miroslav Evačić-Mischung, denn der Song hat eher traditionelle kroatische Wurzeln. Die Nummer hat Drive und Miroslav verfügt über eine sympathische Stimme mit viel Verve. Übrigens werden alle Texte in Landessprache gesungen. Das Akkordeon führt uns durch den knapp dreiminütigen Song.

Mit "Cula jesam" (engl.: "I've Heard That"), in dem das Cimalom Einzug in "Blues reke Drave" hält und Gordana Evačić singt, gibt dann einen ersten Fingerzeig darauf, was kroatischer Roots Blues ist. Die Kombination haut rein und der Song klingt sehr kompakt. Auf dem Cimalom kreiert die Evačić tolle Klänge und sie spielt auch das Solo. Entspannt spielt Miroslav auf der akustischen Gitarre, nur begleitet von sparsamem Schlagzeug und Bass, das Instrumental "Medimurje Medley" runter. Der Hörer hat das Gefühl, unmittelbar vor den Musikern zu sitzen. Evačić hat ein eigenes Studio und sich als Autodidakt nicht nur das Gitarrespielen beigebracht, sondern auch den feinfühligen Umgang mit den Reglern am Mischpult. Er machte sich in seiner Heimat auch einen Namen als Produzent. Er muss sich für längere Zeit ins Studio zurückgezogen haben, um seine musikalischen Ideen umzusetzen. Schließlich veröffentlichte er mit dem Trio Cardash Blues zwei Alben, bevor es 2006 zu "Blues reke Drave" kam, dem wir uns nun wieder widmen.

Das dreiteilige "Blues reke Drave" ( engl.: "The Drava River Blues") steht an und hier sind Miroslav Evačić & Co. in ihrem Element. Gordanas Cimalom und Miroslavs akustische Gitarre "Izor" (engl.: "The Spring"). Welch eine Synthese! So etwas ist mir in dieser Form noch nicht an die Lauscher gekommen… und es macht mächtig Spaß!
Der nächste Track heißt kurz "Tok" und ist die längste Nummer des Albums. Dafür hat Miroslav das Bottleneck übergestreift und die Rhythmus-Abteilung verleiht dem Song einen eigenwilligen Groove. Man kann sich an dem Cimalom nicht satthören und dann, nach einem kurzen Break, gesellt sich das Akkordeon dazu. Dann spielen, die Rhythmiker bleiben stoisch beim Groove, die drei Instrumente unisono, sich überlagernd oder solierend.
Das ist der Hammer, liebe Leser!
Das Stück "Blues reke Drave" endet mit dem verträumten "Ušce", in dem nur der dezent gespielte Bass den Takt vorgibt und die Geschwister Gordana sowie Miroslav an ihren Instrumenten glänzen.

Ein zweites Mal hören wir "Cula jesam", jetzt in einer stripped down-Version mit Gordana am Mikro, Miroslav zupft die Samica und der Drummer scheint hinter der Pauke zu stehen.
Über "Trnovec", welches, wie "Volim ja" in kroatischer Musik-Tradition verwurzelt ist, kommt es in "Cimbulaška Polka (remixed)" zu einer weiteren Überraschung. Nix mit Blues! Frau Evačić gibt sich die Ehre und zeigt dem Hörer, wie man zu programmierten Instrumenten die Holzschlegel über die Saiten des Cimalom fliegen lässt. Im abschließenden "Tamo preko Drave" singt die Kroatin, sich auf dem Cimalom begleitend, nochmals und die gut 37 Minuten sind vergangen, wie im Flug.

Tolle Musik, abseits der bekannten Pfade und deswegen höchst interessant für vorurteilsfreie Konsumenten, die sich im Handumdrehen auf der Homepage des Künstlers ein eigenes Bild machen können, denn es gibt nicht nur viel zu hören und auch drei Live-Videos.
Der Mississippi fließt auch in Kroatien und heißt Drave.