Foreigner / No End In Sight
The Very Best Of Foreigner
No End In Sight: The Very Best Of Foreigner Spielzeit: 61:11 (CD 1), 76:52 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Rhino Records/Warner, 2008
Stil: Rock/AOR

Review vom 30.09.2008


Jürgen Hauß
Da hat man sich - nachdem man aufgrund glücklicher Umstände schon sehr frühzeitig in den Besitz einer noch nicht veröffentlichten CD gekommen ist - hingesetzt und 'spaßeshalber' erstmalig einen Review für RockTimes geschrieben (der dann aber nicht erschienen ist, weil zum Zeitpunkt der Einsendung schon ein Redaktionsmitglied einen diesbezüglichen Beitrag in Arbeit hatte), schon wird man angeschrieben, ob man nicht stattdessen die eine oder andere Scheibe mal besprechen wolle. So kann's gehen!
Doch der erste Vorschlag für eine Rezension erscheint auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv: Foreigner? Und schon wieder ein "Best Of"-Album? Was soll das denn, nachdem die Band seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts des vorigen Jahrtausends - mit anderen Worten, seit Urzeiten - mit Ausnahme einer Live-CD im Jahr 2006 außer Compilations nichts Neues mehr auf den Markt gebracht hat? Von letzteren allerdings zahlreich, haben doch meine Recherchen mindestens 12 derartige "Best Of/Complete/Definitive"-Alben ergeben, die die Zahl der Original-Scheiben deutlich übersteigt. Und ein diesbezügliches Ende ist offenbar nicht in Sicht, wie der vorliegende Titel mit nicht zu übersehender Selbstironie deutlich macht. Oder sollte damit lediglich gemeint sein, dass es für die Band Foreigner selbst kein Ende gibt, denn sie ist nach wie vor auf Tour, aktuell in den USA. In diesem Zusammenhang lediglich am Rande vermerkt soll sein, dass von der ursprünglichen Formation eines aus drei Briten und drei Amerikanern bestehenden Sextetts (was auch den Bandnamen erklärt, denn irgendeiner der Formation ist immer irgendwo ein Foreigner), das über die zeitweilige Formation eines Quartetts derzeit als Quintett tourt, aktuell lediglich der Lead-Gitarrist Mick Jones übrig geblieben ist.
Was also soll die x-te Ausschlachtung eines Backkatalogs, der seit über 10 Jahren keine Auffrischung mehr erhalten hat, aber bereits vielfach verwertet wurde? Zumal es aktuell auch keinen besonderen Anlass wie beispielsweise einen runden Band-Geburtstag oder Ähnliches gibt. Und überhaupt: Warum nimmt sich kein 'gestandener' RockTimes -Redakteur dieser Scheibe an?
Mit derartigen Vorbehalten an ein zu beurteilendes Werk heranzugehen, bedeutet für das Target, dass es nicht unbedingt auf eine wohlwollende Schreibe des Kritikers hoffen darf. Um aber eines vorweg zu nehmen: Ich habe nichts gegen Compilations - wenn sie gut gemacht sind - geben sie doch die Gelegenheit, das Schaffen eines Künstlers unter einem bestimmten Motto komprimiert zusammenzufassen, damit derjenige, der nicht ohnehin das gesamte Werk dieses Künstlers sammelt, einen Überblick erhalten kann. Allerdings habe ich etwas gegen derartige Zusammenstellungen, die letztendlich lediglich darauf aus sind, auch beim wahren Fan, der meint, alles sammeln zu müssen, abzukassieren. Nach meinem Geschmack ist das jedoch vorliegend der Fall.
Doch nun endlich zur Musik: Die Musik von Foreigner vorzustellen hieße 'Eulen nach Athen tragen', denn jedem irgendwie an Rockmusik Interessierten dürfte in seinem Leben zumindest das ein oder andere Mal ein Song von Foreigner über den Weg gelaufen sein, sei es im Radio, wo die Titel zeitweise zu den am meisten gespielten Stücken gehörten, sei es auf den Alben der Bands einschließlich der besagten Compilations, oder aber auf den zahlreichen Samplern (insbesondere "Kuschelrock"!), auf denen immer wieder Foreigner-Songs auftauchen.
Dennoch, zur Vorbereitung des vorliegenden Review und um Wiederholungen zu vermeiden mal schnell im Künstler-Index von RockTimes gesucht: Fehlanzeige! Keine einzige CD von Foreigner wurde hier bislang besprochen; lediglich im Jahr 2004 erfolgte die Vorstellung einer Live-DVD der Band. Die erste diesbezügliche Überraschung weicht jedoch schnell der Erkenntnis, dass seit dem Bestehen von RockTimes im Jahr 2004 keine wirklich neue Platte mehr erschienen ist und auch die seitdem veröffentlichten Compilations nicht für würdig befunden wurden, vorgestellt zu werden.
Daher, wenn auch nur kurz, zunächst eine Beschreibung des Musikstils von Foreigner. Allgemein wird von einer Rock-Band gesprochen, vereinzelt sogar von einer Hard Rock-Band, deren Härte aber durch die weitere Zuordnung AOR = Adult Orientated Rock bzw. durch die Klassifizierung auf musicline.de: 'Mainstream (Rock)' schon wieder deutlich abgeschwächt wird.
In der Tat ist es Mainstream, was da aus den Boxen herüberkommt: Man hört es, es klingt durchaus eingängig, man nimmt es aber nicht wirklich bewusst wahr, und man merkt insbesondere keine gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Tracks. Lediglich Kuschelrock-geeignete Schmusesongs, die zu den erfolgreichsten der Band gehören und die man deshalb mehr als genug gehört hat, haben einen durchaus positiven Wiedererkennungswert. Allerdings muss man konstatieren, dass die Band mit etwa 70 Millionen verkaufter Alben durchaus zu den erfolgreichsten Bands in der Ära der Rockmusik zu zählen ist - so viele Käufer können sich nicht irren!
Aufgabe des vorliegenden Reviews ist aber nicht eine Auseinandersetzung mit dem Gesamtwerk von Foreigner, sondern vielmehr eine Bewertung der neu erschienenen Doppel-CD.
Positiv ist an der vorliegenden Compilation festzustellen, dass sie die für die Band relevanten Songs praktisch umfassend wiedergibt; für eine Doppel-CD mit insgesamt 32 Tracks, von denen 28 von den bisherigen acht Studio-CDs stammen, allerdings nicht weiter bemerkenswert. Der Aufbau ist weitestgehend chronologisch, d.h., die Titel werden in der Reihenfolge der Original-Veröffentlichungen, auf denen sie ursprünglich erschienen sind, wiedergegeben (Eine Ausnahme stellt insoweit lediglich Track acht der zweiten Disc dar, der vom fünften Foreigner-Album stammend eigentlich zu den ersten vier Songs dieser Scheibe gehören müsste; eine Erklärung dieser Abweichung habe ich nicht gefunden). Mit jeweils zwei bzw. nur einem Titel auf der vorliegenden Zusammenstellung unterdurchschnittlich vertreten sind die siebte (von 1991) und achte (von 1995) Original-CD, Zeichen dafür, dass die Zeit von Foreigner sich dem Ende neigte; Chartnotierungen hat es in dieser Zeit nur noch vereinzelt und nachrangig gegeben. Mit dem Aufbau kann man die Entwicklung der Band - wenn es denn eine gegeben hat - gut nachvollziehen.
Aber: Das alles hat es schon einmal gegeben!
Keine zwei Jahre ist es her, dass mit dem Doppel-Album "The Definitive Collection" - ebenfalls von Rhino Records - eine vergleichbare Zusammenstellung veröffentlicht worden ist. 23 Titel sind identisch; die - gemessen an den 28 Songs, welche vorliegend von den acht Studio-Silberlingen stammen - fehlenden fünf Titel vermisst man nicht wirklich, handelt es sich doch um Songs, die - mit Ausnahme von "Until The End Of Time" - keine feststellbaren Chartnotierungen erreicht haben und somit - selbst wenn sie zu "The Best Of Foreigner" zählen dürften - nicht unbedingt erfolgreich waren. Aber auch "Until The End Of Time" wurde seinerzeit nur noch in den USA wahrgenommen.
Was also bietet diese Compilation an Mehrwert als Kaufargument? Diese Frage wird erst am Ende der zweiten Disc beantwortet: Natürlich die obligatorischen 'Never Released Before'-Titel. Letztendlich handelt es sich aber insoweit nur um lediglich zwei neue Aufnahmen; neben einer aktuellen Live-Version von "Say You Will" gibt es einen absolut neuen Song, nämlich "Too Late", der erst in diesem Jahr als Single erschienen ist. Ansonsten wurden mit "Starrider" und "Juke Box Hero/Whole Lotta Love" zwei weitere Live-Aufnahmen aus dem Jahr 2005, die allerdings bereits auf dem Album "Extended Versions" aus dem Jahre 2006 veröffentlicht sind, mit draufgepackt.
Ob sich allein für den einzigen wirklich neuen Track "Too Late" der Kauf lohnt, mag jeder für sich selbst entscheiden. Nachdem ich diesen mittlerweile mehrfach gehört habe, finde ich durchaus Gefallen; es ist ein - im positiven Sinne - typischer Foreigner-Song: Hart, direkt, trotzdem melodisch und insgesamt recht eingängig. Ob man ihn deshalb gleich zu "The Very Best Of Foreigner" zählen kann, wird erst die Zukunft erweisen. Aktuell ist es wirklich nur ein 'Appetizer', um dieses Album zu (ver-)kaufen; wer hingegen Geduld und einen ausreichenden Bestand an Foreigner-Veröffentlichungen hat, sollte lieber auf das bereits für das kommende Jahr angekündigte neue Studio-Album warten - in der Hoffnung, dass darauf "Too Late" enthalten ist; ansonsten ist der Hintergedanke vorliegend unübersehbar.
Klanglich ist das Album im übrigen eine Enttäuschung: Die Songs klingen überwiegend verhältnismäßig dumpf, so dass - mangels vorhandener Vergleichsobjekte - nicht klar ist, ob es sich bei den Aufnahmen um die teilweise fast dreißig Jahre alten Original-Einspielungen oder aber um später remasterte Versionen handelt. Nimmt man beispielsweise den "I Want To Know What Love Is" - übrigens der einzige Nr. 1-Hit der Band - klingt aber selbst die Pressung auf "Kuschelrock 2" aus dem Jahr 1989 transparenter. Einen vergleichbaren Klang erreicht man vorliegend erst bei Einsatz eines Equalizers. Da sollte man heutzutage Besseres erwarten dürfen!
Ansonsten sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass der CD ein 12-seitiges Booklet beigefügt ist, in dem die Geschichte der Band kurz skizziert und ebenfalls kurze Statements zu den meisten der vorgestellten Songs niedergeschrieben sind. Ergänzt wird dies durch eine Aufstellung der einzelnen Titel mit dem Hinweis, auf welcher Original-Scheibe sie erstveröffentlicht sind, ohne jedoch weitergehende Informationen wie Laufzeit oder gar Chartnotierungen des einzelnen Tracks zu enthalten - wäre doch gerade Letzteres von besonderem Interesse für eine "The Best Of"-Scheibe). Schließlich erfolgt eine Liste der bisherigen Studio-Scheiben sowie einer Live-CD, die neben dem Erstveröffentlichungs-Datum auch auf die jeweils agierenden Gastmusiker hinweist, eine nicht unbedingt übliche und daher bemerkenswerte Geste. Komplettiert werden die Infos durch eine Aufstellung sämtlicher bisheriger Band-Mitglieder (14), verbunden mit dem Hinweis, auf welchen Veröffentlichungen sie mitgewirkt haben. Nicht vermerkt ist das aktuelle Line-up der Band, das schon wieder gegenüber der letzten (Live-)CD verändert ist.
Mein Resumee zu "No End In Sight"?: Für denjenigen, der Foreigner bislang nur fragmentarisch in seiner Sammlung hat, ist das vorliegende Album durchaus attraktiv, es sei denn, er möchte nicht so viel Geld ausgeben. Für ihn besteht die Möglichkeit, mit dem Kauf der im Handel unter dem Titel "The Definitive" wesentlich günstiger angebotenen Einzel-CD wirklich "The Best Of Foreigner" zu erwerben, zumal diese insgesamt 19 verschiedene Songs umfassende Compilation (plus einer Live-Version von "Urgent") mit dem Titel "White Lie" einen weiteren in den Charts notierten Song anbietet, der auf den beiden vorgenannten Doppel-CD's unverständlicherweise nicht vertreten ist. Alle anderen - mit Ausnahme der 'Ich-sammele-alles-Fans' - können um diese Compilation getrost einen Bogen machen!
Tracklist
CD 1:
01:Feels Like The First Time (3:49)
02:Long, Long Way From Home (2:53)
03:Cold As Ice (3:19)
04:Headknocker (2:58)
05:Starrider (4:01)
06:Double Vision (3:43)
07:Blue Morning, Blue Day (3:10)
08:Hot Blooded (4:25)
09:Dirty White Boy (3:39)
10:Head Games (3:37)
11:Women (3:25)
12:Night Life (3:50)
13:Break It Up (4:13)
14:Juke Box Hero (4:19)
15:Urgent (4:29)
16:Waiting For A Girl Like You (4:50)
CD 2:
01:I Want To Know What Love Is (5:03)
02:Down On Love (4:32)
03:Reaction To Action (3:32)
04:That Was Yesterday (3:49)
05:Say You Will (4:12)
06:I Don't Want To Live Without You (3:57)
07:Can't Wait (4:31)
08:Tooth And Nail (3:55)
09:Heart Turns To Stone (4:11)
10:Lowdown And Dirty (4:21)
11:I'll Fight For You (6:02)
12:Until The End Of Time (4:52)
13:Too Late (3:51)
14:Say You Will [Live 2008] (4:30)
15:Starrider [Live 2005] (7:02)
16:Juke Box Hero / Whole Lotta Love [Live 2005] (8:44)
Externe Links: