Freedom Call / The Circle Of Life
The Circle Of Life
Das sich an Freedom Call seit ihrer Gründung 1998 die Heavy Metal-Geister scheiden, schrieb ich bereits in meiner Besprechung zu "Live Invasion". Nun gut, sie sind zwar nicht jedermanns Geschmack, aber Geschmäcker sind nun mal verschieden.
Die Mannen um Chris Bay scheinen den Heavy Metal offensichtlich nicht ganz so bierernst zu nehmen, verbreiten sie mit ihren Songs doch richtig gute Laune.
Aber warum auch nicht? Das Leben an sich ist ohnehin schon ernst genug, da muss man beim Musik hören nicht noch Tränen vergießen. Es sei denn, die Platte ist dermaßen schlecht, dass diese ganz von alleine rollen. Nun, das ist nach meinem ersten Eindruck wirklich nicht der Fall.
Natürlich gibt es auf der anderen Seite genügend Kritiker, die die Ergüsse der Band einfach nur als peinlich abtun. Auf der anderen Seite haben sie sich aber bereits eine feste Fangemeinde erspielen können.
Ok, ich verkneife mir den Begriff Heavy Metal, denn auch ich finde im Falle von Freedom Call die Bezeichnung Melodic Metal angemessener.
Knöpfen wir uns also den neuen Output, "The Circle Of Life" mal vor:
Der Opener "Mother Earth" beginnt recht vielversprechend mit einem richtig fetzigen Gitarrenriff. Anfangs hatte ich sogar das Gefühl, Zakk Wylde himself röhrt ins Mikro, musste mich aber ganz schnelle eines Besseren belehren lassen, nämlich spätestens dann, als der düstere Touch abbrach und Chris Bay mit hoher Stimme einsetzte. Irgendwie passte das nicht so recht zum Gesamtbild, schade eigentlich.
Überhaupt finde ich Chris´s Stimme immer dann erst so richtig gut, wenn er sich nicht in diese fürchterlich quälenden Höhen treibt.
Mit fettem, etwas düster angehauchten Sound quillt "The Rythm Of Life" aus den Boxen, der Song weiß mit seinem verschleppten Rhythmus zu gefallen.
"Starlight" ist mir einfach zu keyboardbetont und klingt teilweise fast wie eine Kopie dieser fürchterlichen HIM, irgendwie zu locker-flockig, ja fast kitschig.
Da kommt das powervolle "Kings & Queens" doch wesentlich besser rüber. Arschtight gespielt, dabei richtig schön nach vorn fetzend wird es alle Mattenschwinger garantiert in helles Entzücken versetzen. Natürlich lädt der Refrain zum Mitgrölen ein.
Und wow - jetzt wird es erst richtig interessant: "Hero Nation" hat eine leicht düstere Note, tiefer gestimmte Gitarren im Intro sägen sich in die Gehirnwindungen, verschachtelte Breaks, mitreißende Chorgesänge und fulminante Gitarrensoli - der Song hat was.
Irgendwie wirken Freedom Call plötzlich erwachsener und gereifter.
"High Enough" ist für mich das absolute Highlight auf der gesamten Scheibe: Hey - na endlich kommt man als Headbanger auf seine Kosten: anfangs mit einem leicht schwebenden Intro beginnend krachen die Doublebass-Drums plötzlich dermaßen wuchtig aus den Boxen, dass Nachbars Kater das große Laufen bekommt. Daniel Zimmermann bolzt auf die Felle, bis es raucht, um plötzlich wieder einen Gang zurückzuschalten. Hier gefallen mir die im Metal-Bereich so typischen Rhythmuswechsel, ein absolut starkes Stück.
In eine ähnliche Kerbe haut auch "Starchild", welches zusätzlich noch mit ein paar klanglichen Spielereien aufwartet.
Episch wird es dann beim Titeltrack "The Circle Of Life", einer wunderschönen Ballade. Toll anrangiert mit interessanten und sehr abwechslungsreichen Details ist dies ein weiteres Sahnestück auf der Scheibe, bei dem auch die Stimme des Shouters voll zu Geltung kommt.
Gerade hier zeigt sich im Grunde das Potential, welches in dieser Band noch steckt.
Alles in allem eine recht abwechslungsreicher Rundling mit vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen. Freedom Call-Fans werden sicherlich ihre Freude daran haben.
Ich denke 6 Punkte haben sie sich redlich verdient.
Spielzeit: 51:03, Medium: CD, SPV, 2005
1:Mother Earth 2:Carry On 3:The Rythm Of Life 4:Hunting High And Low 5:Starlight 6:The Gathering (Midtro) 7:Kings & Queens 8:Hero Nation 9:High Enough 10:Starchild 11:The Eternal Flame 12:The Circle Of Life
Ilka Czernohorsky, 20.03.2005