Bryan Adams, Support: Lea Finn
Dortmund, Westfalenhalle, 9.5.2003
Lea Finn
Ein wenig schmunzelte ich schon, als ich von Bryan Adams ‚Anbaggerversuch' bei Lea Finn, im Rahmen meiner leider sehr kurzen Vorbereitung auf deren Konzert, lesen musste.
Was da letztendlich wirklich passierte, in Zeiten, wo Karrieren immer mehr von PR-Leuten mit ihren Marketingstrategien gesteuert werden, will ich mal dahin gestellt lassen...
Nachvollziehen könnte man den Sachverhalt aus Sicht eines Mannes auf jeden Fall. Denn als Lea Finn die Bühne der Dortmunder Westfalenhalle, pünktlich um 20 Uhr betritt, wird einem ein sehr attraktives Bild geboten. Lange blonde Löwenmähne, ein dezent geschminktes und frisch wirkendes Gesicht, lässige olivfarbene Hose mit einem ärmellosen schwarzen Top - eine junge Frau mit Fotomodellqualitäten.
So müssen die gute Lea und ihr aktueller Freund sicherlich noch auf einige Attacken dieser Art gewappnet sein...
Lea Finn, übrigens für Außenstehende, nicht etwa die Tochter von Crowded House-Frontmann Neil Finn, sondern eine in Bremen lebende Deutsche, hatte einen schweren Stand an diesem Abend. Als nämlich die letzten Töne ihres funkig relaxt dahinrockenden "Modern Girl" verstummt waren, und man den Eindruck hatte, dass die Band sich erst richtig warm gespielt hatte, waren gerade mal dreißig Minuten um gewesen, also kaum eine Chance, sich irgendwie groß zu präsentieren.
Zum anderen stand sie ca. 8000 Zuschauern gegenüber, die geradezu Bryan Adams-süchtig zu sein schienen und den Beginn seiner Vorstellung augenscheinlich so schnell wie möglich herbeisehnten.
Die sieben Songs, die sie für die kurze Spanne, ausgewählt hatte, wurden knackig, glasklar und kompakt dargeboten.
Los ging's mit "Lying", einem Song, der auch zunächst relativ entspannt und flockig daherkommt, um dann wie aus dem Nichts heraus durch einen temperamentvollen Chorus auf Temperatur gebracht zu werden. Ein Stilmittel, dass sich wie ein roter Faden durch die meisten Lieder zog.
Mit "Lullaby" kam dann direkt das Stück, dass mir am besten gefiel. Eine wunderschöne Ballade im Midtempobereich mit toller Melodie, von Lea mit glasklarer Stimme perfekt auf den Punkt gebracht.
Dann die aktuelle Single "One Million Songs", wo Mrs. Finn mit ihrem "De de de de..." Refrain den Dialog zur Menge suchte, was sich aber als recht schwierige Angelegenheit entpuppte. Schade eigentlich. Der Song wird sicherlich in den Charts nach oben schießen.
Das rhythmische "Anything Again" mit seinen Breaks machte auch richtig gute Laune. Die eher unspektakuläre, aber angenehme Ballade "Everything" ließ Zeit, kurz durchzuatmen. Das groovig rockige "Wonder Why" machte dann noch mal richtig Dampf und ihr flippiger Gitarrist konnte mal sein Können kurzzeitig aufblitzen lassen.
Das eingangs erwähnte Abschlusslied "Modern Girl" beschreibt dann auch ganz gut, wie ich Lea Finn erlebt habe. Eine talentierte Sängerin, auf der Höhe der Zeit, die, wenn sie sich nicht beirren lässt, eine rosige Zukunft vor sich hat. Alanis Morisette, Avril Lavigne, Amanda Marshall und wie sie alle heißen, haben auch erst klein angefangen, sofern man das in diesem Fall überhaupt so bezeichnen kann. Mich hat das Ganze ein wenig an ein Konzert von der damals auch noch recht unbekannten Sheryl Crow im Vorprogramm von Joe Cocker in der Essener Grugahalle erinnert, und was aus dieser Dame heute geworden ist, dürfte ja hinlänglich bekannt sein.
Lea auch du wirst es packen! Weiter so! Überzeugen Sie sich selbst und kaufen ihr jetzt gerade erscheinendes Album "One Millon Songs".
Erleben würde ich die Gute gerne mal hautnah bei einem Clubkonzert oder, aus gegebenem Anlass, vielleicht als Anheizerin bei der schönsten Feier des Jahres: Wenn zigtausende Essener Rot-Weiße am 08.06.2003 in ihre Heimatstadt einfallen, um den Aufstieg der kommenden Fußballmacht Deutschlands frenetisch zu feiern...
Bryan Adams
Nach kurzer Umbaupause trat der Hauptprotagonist des Abends auf die Bühne. "Here I Am" und da war er: Bryan Adams in hellblauem Baumwollhemd mit hochgekrempelten Ärmeln und schwarzgrauer Jeans. Alles ohne großen Firlefanz drum herum. Zwei große Leinwände und dezente Lichtspiele im Hintergrund, der Rest sollte, und darauf kommt es ja auch an, Musik pur sein.
Bryan Adams, ist für mich, auch wenn er vielleicht heute bei Hardlinern, aufgrund seiner kommerziellen Erfolge, nicht als richtiger Rocker anerkannt wird, ein Star, ein Mann, bei dessen Auftritt man sich wohl fühlt und mit einem der Rest des Publikums. Ein toller Musiker und Songschreiber, ein angenehmer Performer, der einfach Massen zurecht begeistern kann. Und ich war überrascht und froh, zu sehen, dass sich unter die vielen Leute meines Alters auch eine ganze Menge jüngeres Publikum gemischt hat. Mir sind solche Menschen lieber als diese transusig in der Gegend rumlungernden Typen, mit gleichgültigen Blicken unter den Baseballcaps auf der Birne und ihren auf dem bodenschlürfenden Jeans; Typen, denen man beim Laufen, die Schuhe besohlen kann, ausgestattet mit ihren Hip-Hop-verseuchten Ghettoblastern, um dann abends für einige Stunden in irgendwelchen Discotheken mit Ecstasypillen aus ihren Lethargien zu erwachen.
So der junge Typ, der bei "Can't Stop This Thing We Started" auf die Bühne sprang, nicht gleich von panischen Bodyguards überwältigt wurde, sondern mit einer abwinkenden, gut sichtbaren Geste den Song beenden durfte und sich als Dank einen Händedruck von Bryan einheimste, sowie den Applaus des Publikums genießen durfte. Oder die junge Dame aus Gelsenkirchen, die, nachdem sie die Schmährufe der anwesenden Dortmunder verdaut hatte, tänzerisch und gesanglich bei "When You're Gone" im Duett eine mehr als gute Figur abgab.
Weitere Highlights (aber eigentlich waren alle Songs klasse):
Die akustischen Nummern "Back To You" und "Everthing I Do (I Do It For You)", bei denen Bryans langjähriger Weggefährte und Leadgitarrist Keith Scott einmal mehr sein Können unter Beweis stellte. Gerade die zwei einfühlsamen Soli im Lichtermeer aus Feuerzeugen und Wunderkerzen beim letztgenannten Stück erzeugten Gänsehaut.
Bei "Cuts Like A Knife" hatte Bryan den Song schon abgehakt und wollte zum nächsten übergehen, aber das Publikum erkämpfte sich mit hartnäckigen Nanana-Gegröhle eine Verlängerung.
Überhaupt erwies sich der Großteil der anwesenden Leute als sehr textsicher, wie auch bei "The Only Thing That Looks Good On Me Is You", das zum Abschluss des Hauptteils in ein regelrechtes Schreiduell mit Bryan ausuferte. Eine herrliche Atmosphäre!
75 Minuten waren rum, und es sollten noch sechs Zugaben folgen. Über "Cloud Number Nine", dem rockigen "Run To You", "This Time", wo Bryan gut gelaunt zum Handshake durchs Publikum lief, und "Best Of Me" (was er auch wirklich leibhaftig dargeboten hatte), gab es mit spanisch anmutenden, akustischen Klängen bei "Have You Ever Really Loved A Woman" den Abschluss von knapp zwei Stunden sehen- und hörenswerter Unterhaltung.
Bryan Adams ein leiser Superstar, ohne Wenn und Aber.
Bryan Adams & Lea Finn - Dortmund, Westfalenhalle, 09.05.2003
Daniel Daus, 9.5.2003