Ax Genrich / Axymoron
Axymoron Spielzeit: 73:37
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2009
Stil: Rock

Review vom 06.01.2010


Markus Kerren
Ein weiteres Urgestein der deutschen Musik-Geschichte, dessen Name heute außer den Altrockern vermutlich nur noch den Wenigsten etwas sagen wird, ist Axel 'Ax' Genrich. Deshalb hier mal eine kurze Vorstellung seiner sehr interessanten Laufbahn. Neben anderen Bands spielte unser Protagonist in den Sechzigern unter anderem mit The Lords, war 1970 für mehrere Monate Mitglied bei Agitation Free, bis er schließlich noch im gleichen Jahr bei Guru Guru einstieg. In den drei Jahren bei dieser Band legte er zusammen mit Mani Neumeier und (anfangs noch) Uli Trepte den Grundstein für den heutigen Kultstatus dieser Band (u.a. durch die Alben "UFO" (1970), "Hinten" (1971) oder "Känguru" von 1972), auf den sie nach wie vor bauen kann.
Nach seinem Ausstieg veröffentlichte er 1975 die nach wie vor hoch in der Gunst der Space- und Kraut Rock-Freunde stehende Solo-Platte "Highdelberg" und gründete in den späten Siebzigern das Trio Rif. Außerdem folgten weitere Soloalben und in den Neunzigern stellte er (wegen seiner alten und großen Liebe zum Rock'n'Roll und Rockabilly) die Truppe Rockin' Daddies (die ein bisher unveröffentlichtes Album einspielten) zusammen. Außerdem gründete er in diesem Jahrzehnt mit Dave Schmidt und dem alten Kollegen Mani Neumeier das Projekt Psychedelic Monsterjam, von dem es ebenfalls mehrere Alben zu erwerben gibt.
Der hier vorliegende Longplayer "Axymoron" ist eine Compilation, die der in Berlin aufgewachsene Genrich selbst zusammengestellt hat und die die Jahre 1972 bis 2003 umfasst. Grob gesagt beinhaltet die Stilvielfalt dabei drei Hauptthemen: Rock'n'Roll/Rockabilly, Kraut- bzw. Psychedelic Rock sowie Deutsch Rock (mit Rif).
Die Rock'n'Roll-Nummern ("It's Skiffle Time", "In The Middle Of The Night", "Rockabilly Queen" und "My Dixie Darling") stammen von den Rockin' Daddies und wurden 1999 aufgenommen. Und selbst wenn sie ganz cool rüber kommen, dann klingen diese Titel dennoch, nicht zuletzt wegen Genrichs Gesang, eher etwas zu brav und handzahm. Dennoch immer wieder Farbe ins Spiel bringend und für Auflockerung zwischen den langen Jams sorgend, haben sie durchaus ihre Berechtigung. Außerdem gibt es Axels eingedeutschte Version von Chuck Berrys altem Gassenhauer "Sweet Little Sixteen", hier "Süße 16 Jahre jung" betitelt. Diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 1978 und ist einfach nur köstlich!
Sprung ins Jahr 1979 und zur Band Rif! Deutsch Rock mit deutlichen Referenzen an den Punk Rock und klaren Worten, was die Texte betrifft. Teilweise entlocken die einem auch ein breites Schmunzeln (»…ich brauche keine Sex Pistolen, ich kann mir auch selber einen runterholen…«), wobei sie vor allem die Aussage haben, dass sich das einzelne Individuum auf seine ganz persönlichen Stärken verlassen, sich nicht von Medien oder sonstigen so genannten Meinungsmachern willenlos in jede mögliche, gerade angesagte Ecke treiben lassen sollte. Ebenfalls von Rif wurde, ziemlich stark übrigens, auch der Stranglers-Titel "Toiler On The Sea" eingedeutscht und -gespielt. In der Hand von Ax Genrich, bzw. Rif passte das auch hervorragend zur damals gerade aufflammenden Neuen Deutschen Welle. Abgeschlossen wird diese Phase von "Schwarzer Peter", einem coolen Rock-Song mit tollem Gesang und starker Gitarre.
Meine persönlichen Favoriten dieser Scheibe sind allerdings die Psychedelic-/Kraut-/Space Rock-Nummern. Den Anfang diesbezüglich macht der Titeltrack des Albums, "Axymoron", live aufgenommen bei der damaligen Beat Club-Sendung aus dem Jahr 1972 mit Mani Neumeier an den Drums und Uli Trepte am Bass. Ein losgelöster Jam, der auch die Grenzen zum Jazz gerne mal überschreitet. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich diese drei Musiker blind verstanden, was natürlich der Lockerheit der Nummer deutlich zu Gute kommt. Gefolgt von "(Next Time See You At The) Dalai Lhama", einem Stück aus dem Projekt Psychedelic Monsterjam mit einmal mehr Mani Neumeier und hier Dave Schmidt am Bass aus dem Jahr 2003. Elf Minuten und elf Sekunden aus dem Land des Psychedelic Jam!
Mein absolutes Lieblingsstück ist das sich direkt anschließende "Kosmische Phyrze" aus dem Album "Highdelberg", das durch wabernde Keyboard-Sounds (eingespielt von den Cluster-Musikern Achim Rödelius und Dieter Möbius, dazu Hellmut Hattler von der Band Kraan am Bass) und wirklich starken Gitarren-Melodien sofort seinen Weg in mein Ohr und Wohlfühl-Zentrum gefunden hat. Und die letzten beiden Nummern "Blow Up" sowie "Amber Suite" aus den Jahren 1995/96 sind ebenso eine reine Pracht und wurden mit Walt Bender am Schlagzeug und Mario Fadani am Bass eingespielt.
"Axymoron" eine klasse Zusammenstellung aus 31 Jahren des Musikers, Gitarristen, Sängers und Komponisten Ax Genrich, verteilt auf prallvolle, knappe 75 Minuten Spielzeit. Mich hat diese CD sehr neugierig gemacht, vor allem auf Ax Genrich's Highdelberg, Psychedelic Monsterjam und auch die psychedelischen Soloalben des Protagonisten. Diese CD ist eine durch und durch runde Sache und es macht unheimlich Laune, sie für sich zu entdecken.
Line-up:
Ax Genrich (vocals, guitars, bass, keyboards, drums)
Uli Trepte (bass)
Mani Neumeier (drums & percussion)
Dave Schmidt (bass)
Mario Fadina (bass)
Walt Bender (drums)
Bernd Windisch (bass)
Bruno Schwab (vocals)
Helmut Hattler (bass)
Achim Roedelius (Yamaha organ)
Dieter Moebius (arp synth)
Biber Gullatz (flute)
Lutz Berger (guitars)
Jogi Karpenkiel (bass)
Seppl Niemeyer (background vocals)
Reines Pauker (background vocals)
Susanne Rauhaus (background vocals)
Norika Nienstedt (background vocals)
Mimo Nienstedt (background vocals)
Thomas Zahn (drums)
Mimo Moll (background vocals)
Paul Binder (drums)
Peter Markl (background vocals)
Thomas Veigel (background vocals)
Tracklist
01:It's Skiffle Time
02:In The Middle Of The Night
03:Axymoron
04:(Next Time See You At The) Dalai Lhama
05:Kosmische Phyrze
06:Süße 16 Jahre jung
07:Realität, nix Blabla
08:Wie eine Tonne (Toiler On The Sea)
09:Schwarzer Peter
10:Rockabilly Queen
11:My Dixie Darling
12:Blow Up
13:Amber Suite
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