Boris Gott / Bukowski-Land
Bukowski-Land Spielzeit: 46:12
Medium: CD
Label: Langstrumpf Records, 2007
Stil: Deutschrock, Singer/Songwriter


Review vom 12.01.2008


Norbert Neugebauer
Jo mei, so a schöner Name! Keine Ahnung, ob der Bub wirklich so heißt oder ob er sich vielleicht als Fan des roten Abstellkammer-Aufschlägers so genannt hat. Geboren im Badischen am Rhein kam er über eine Hamburger Zwischenstation nach Dortmund und das ist nun sein "Bukowski Land", über das er in Deutsch rockt.
Gekonnt, witzig und locker, das Album ist das Beste, das mir in deutscher Sprache 2007 untergekommen ist! So gut, dass es, ganz entgegen meinen sonstigen Vorlieben, seit einigen Wochen immer wieder in der CD-Maschine rappelt. Wer einen Vergleich braucht - Ex-Ruhrpott-Kollege Stoppok und selbst der gute Rio Reiser standen öfters Pate. Ab und zu tönt's mal vordergründig bunt und fröhlich, aber nie flach. Und dann gibt's auch noch die Mitgröhl-Nummern, auf die die Fans des schon lange in Promi-Sphären schwebenden MMW seit zehn Jahren warten. Vergesst den gestylten Stadion-Macker, geht zu Boris in die Kneipe!
Sein Revier, die Nordstadt, das ist die Arbeiterwelt, bzw. die Heimat derer, die mal dort Arbeit hatten. Hartz IV sorgt nun für die düstere Stimmung, die früher von den rauchenden Schloten kam. Der "Borderline Blues" ist überall, und den haben die Grenzgänger der Gesellschaft, die sich gern mal mit dieser Regierung und ihren Versager-Beratern Auge um Auge am nächsten Tresen unterhalten würden.
Aber auch im Dreck blühen Fantasien und die haben der Herr Gott und seine Figuren noch. Den ganzen Frust und auch die Lust hat der Mann auf seinem offiziellen Solo-Debüt sehr ansprechend in seine Songs gepackt, schnodderig gesungen und genauso eckig arrangiert. Der 'Dirty Old Man' würde wohlwollend über die Underdog-Lyrik grinsen. So macht deutsche Mucke Spaß. Es geht bestens ohne die Betroffenheits-Heinis und NDW-Abgüsse!
Gleich im ersten Song tauchen die Proleten-"Engel" auf, die Loser, die Maulhelden, die Ämter-Frustis, die ihm täglich begegnen und deren traurige Erfahrungen er am eigenen Leib erlebt hat. Ihre Stories voller Abstürze, aber auch Träume und Verliebtheiten erzählt er, mal aufgekratzt, mal mit melancholischen Untertönen. Das ist auch musikalisch allererste Currywurst. Der Multiinstrumentalist hat dazu ein paar Kumpels ins Studio geholt, die noch eine ganze Reihe von Klangfarben gekonnt beisteuern. Fetzige Blues-Harp, wehmütige Melodika, Kirchenorgel, ein geschmeidiges Cornett oder eine Maultrommel auf Speed. Dazu fröhliche Klimperer vom Banjo oder Mandoline. Für das rockige Grundgerüst und allerlei mehr sorgen (gleichzeitig als Live-Band) Doc Harp an diversen Blasinstrumenten, Schlagzeuger Rüdiger Stirnberg und Saiten-Artist sowie Mit-Produzent Stefan Zacharias, in dessen Studio 27 in Dortmund das Album aufgenommen wurde.
Es gibt keine einzige schwache Nummer auf dem Longplayer. Aber echte Top-Songs, weit über Durchschnitt. Und ein witziges Cover: "Das Modell" - die Kraftwerk-Nummer mit Klampfe und Melodika. Eine schöne, aussagekräftige und darüber hinaus auch noch satt abgehende CD, für die ich jetzt einfach mal "Bestes deutschsprachiges Roots&Blooze Album Of the Year" erfinde!
» Ich hab kein Heimatland
Nein, das ist abgebrannt
Mir bleibt der Nordstadtstrand
Bei uns hier im Revier regiert Hartz IV
Das ist Bukowski-Land
Mein Freund heißt Bohnekamp
Mir bleibt der Bordsteinrand
Bei uns hier im Revier«
Line-up:
Boris Gott (Akustik- & E-Gitarren, Piano, Orgel, Mandoline, Percussion)
Doc Harp (Mundharmonika, Melodika, Cornett, Maultrommel)
Rüdiger Stirnberg (Schlagzeug, Percussion)
Stefan Zacharias (Bass, E- und Akustik- & Solo-Gitarren, Mandoline)
Marko Schmidt (Lap-Steel-Gitarre)
Frank Kleingünther (Banjo)
Wemser-Chor
Tracklist
01:Engel
02:Acapulco
03:Borderline-Blues
04:Bukowski-Land
05:Rapunzel
06:Lebend kommt hier niemand raus
07:RTL&Rohypnol
08:IKEA-Bällebad
09:Rosamunde Pilcher
10:Radiogesicht
11:Acapulco
12:Das Modell
13:Rockstar in Aserbaidschan
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