Galadriel / Same
Galadriel Spielzeit: 37:57
Medium: LP
Label: Polydor, 1971, Won-Sin (2001)
Stil: Progressive


Review vom 12.12.2008


Tom Machoy
Und wieder ist ein Tor geöffnet und wieder verbirgt sich dahinter eine der vielen 'kleinen' Raritäten, die es wert sind, den sich 'Zeitnehmern für gute Musik', bekanntzugeben.
Und an diesem Tag ist es eine Gruppe, deren Name nicht nur an den "Herren der Ringe" erinnert. Auch ist es weder die spanische Neo Prog-Band gleichen Namens (die man sofort im Netz findet), noch die slovakische Metalband. Nein, ich spreche von der australischen (ja, wirklich: Down under!) Band Galadriel, bei der es tatsächlich gilt: Nur wer suchet, der findet (womit ich auch gleich das weihnachtliche, sprich biblische, Statement abgearbeitet habe).
Viel gibt es über die Band nämlich nicht zu lesen. Ein wenig fand ich auf den Babyblauen Seiten, und ein wenig bei einer Internetauktion auf eBay. Sonst sieht es mit Informationen düster aus, was glücklicherweise nicht auf die Musik zutrifft, denn hierbei handelt es sich wirklich um eine Sammler-Rarität aus dem Jahre 1971, die dankenswerter Weise vom Won-Sin-Label in 2001 wieder veröffentlicht wurde ("Rock Rarities Nr. 33"). Auch wenn diesem Label sonst eine eher miserable Qualität nachgesagt wird, hier wurde absolut sauber gearbeitet.
Es handelt sich um das erste und leider einzige Album in der Besetzung, weil die Arbeit an einer zweiten Scheibe wegen der völligen Zerstörung dieser Masterbänder nicht mehr beendet werden konnte. 1972 zerfiel Galadriel; Gary Adams (g/v) und Doug Bligh (dr) gründeten The Click – hat von The Click schon mal wer was gehört?
1977 spielte Doug Bligh noch in der Gruppe Windchase mit, die erfolgreich das symphonische Prog-Werk "Symphinity" herausbrachten. Tja, und das war´s dann irgendwie.
Anfang der Siebziger war ja wohl so ziemlich alles möglich, auch musikalisch gesehen und Galadriel bewegen sich in eben dieser Bandbreite – streckenweise so was von bluesig, auch leicht beatig, psychedelische Parts wechseln sich mit folkigen ab. Und das gilt nicht nur für die einzelnen Stücke, auch innerhalb derer findet sich Platz für kleinere Experimente. Einziges Manko an der Scheibe ist natürlich wieder die Länge, hier wohl eher Kürze zu nennen. In den Songs steckt so viel Potential und immer wenn ich meine, jetzt geht's so richtig los, ist die Zeit rum – auch das war in den (frühen) Siebzigern möglich (hab ich mir sagen lassen ).
Zehn kurze Stücke also und das erste fängt so was von blueslastig an, das erinnert an Gallagher, das erinnert an Big Brother & The Holding Company mit Janis am Gesang. Da gibt es leichte, kleine Stereo-Soli der Instrumentalisten, eine 'vibratorische' Stimme, drängelnd-treibenden Sound - ein Grund, warum ich mir Galadriel ausgesucht habe. "Such A Fool" wird ein verspielter Titel, der mich aber zunächst an die Sympathy For The Devil-Trommeln erinnert, später an
Carlos Santanas Gitarre, leicht beatig dahergeht, jazzige Gitarrenanklänge zeigt. Die Herren spielen mit den Genres, ein schriller Tasten-Triller als Abschluss und es wird noch viel interessanter…
Wieder so ein schwer kriechendes Bluesgeschütz wird aufgefahren, "Girl Of Seventeen"; war das wirklich so schwer und anstrengend?? Auch die Gitarre fuzzt ein wenig, schleppt sich in ein Psych-Solo, wabert ein wenig vor sich hin, kehrt heim in den fast grunzenden Grundrhythmus - noch ein Grund, warum es Galadriel ist. Mit 'ner anderen Stimme wäre es Jethro Tull. Rockflöte, entsprechende Begleitung (akustische Gitarre, Bass, Handclapping) und dieses Flötenspiel. Da kann ich eine beliebige Tull-Scheibe nehmen, das passt alles. Fortsetzung in "Working", nur ohne Flöte. Deutliche Anklänge, im Aufbau, der Strophengestaltung, der Refrainführung – irgendwie kommt mir das bekannt vor und doch ist es weder Abklatsch, noch konstruiert. Schräge Gitarre, Mundharmonika (?) Oder kommt es mir nur so vor?
And who is "Standing In The Rain", der sollte doch wenigstens "Songs From The Wood" singen - muss ich dazu mehr sagen? Hier wirkt selbst die Flöte schwebend, hoch in den Wolken klingt sie dahin, bis die Töne irgendwann nicht mehr zu hören sind.
Progressive Töne mit typischen Brüchen im Stil und passender Begleitung, ein feiner Titel, ganz auf dem Niveau der damaligen Möglichkeiten. Hier merke ich, welches Potential da schlummert, welche Möglichkeiten es geben WÜRDE… (die Geschichte ist bekannt). Das ist mit 5:32 übrigens der längste Titel.
Und was nun kommt, klingt ein wenig nach Crosby, Stills, Nash & Young, ein wenig nach
Lynyrd Skynyrd, ein wenig nach den Allmans, je nachdem, in welcher Phase sie sich befunden haben - Galadriel probieren sich in allen Richtungen aus. Und das können sie auch!
Der vorletzte Track ist so was von basslastig, da bleiben die psychedelischen Gitarrenklänge ziemlich im Hintergrund, ein Tag im Paradies, engelsgleich? Nein, eher testen Galadriel wieder sämtliche Nischen aus, leider nur kurze Soli, leider keine Zeit dafür, meinten sie wohl damals. Dabei hört sich der Sound 'saumäßig' gut an. Das ist Musik, aus denen Geschichten geschrieben werden KÖNNTEN. Und wieder so ein genial-witziger Schluss.
Mit dem kürzesten Stück (1:23), einem Instrumental, endet diese CD. Ruhig beginnend, Gitarre, Querflöte, mit einem sich fast überschlagenden Höhepunkt aller Instrumente (der Flöte hört man es an) zu einem leicht disharmonischen Ende; "Things To Come" – leider kam dann aber nichts mehr!
Das ist eine CD, die wegen der Spiellänge auch auf dem kurzen Weg nach was-weiß-denn-ich (Einkaufen, Arbeit, Sport, Geliebte,…) gehört werden sollte. Weil: Die hört Ihr dann nämlich sicher noch mal in (weihnachtlicher) Ruhe an!
Gemessen am Alter, bewegt die Scheibe doch ziemlich junge Gedanken, sie ist ideenreich und wirkt doch inspirierend (fast infizierend)…, und sei es nur, diese ollen Tull-Sachen mal wieder aufzulegen ( ).
Line-up:
Adams, Garry (guitar, vocals)
Bligh, Doug (drums)
Lothian, Gary (guitar)
Parker, Mike (bass, flute)
Scholtens, John (vocals)
Belbin, Bruce (bass
Tracklist
01:Amble On
02:Such A Fool
03:Girl Of Seventeen
04:She Left Her Lover At Home
05:Working
06:Standing In The Rain
07:Mind Games
08:Lady Was A Thief
09:One Day To Paradise
10:Things To Come
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