Grobschnitt Brückenforum Bonn 23. Mai 2008 Stil: Krautrock Konzertbericht vom 26.05.2008 Günther Klößinger  Fotos:  Rudi Brand

Ja, ja, Willi erwähnte es ja bereits bei seiner Anmoderation: »Wer war eigentlich Bundeskanzler, als wir das letzte Mal in Bonn spielten? Konrad Adenauer?«
Diesbezüglich bin ich mir selbst natürlich auch nicht sicher, aber eins ist klar: Bonn war damals noch die Hauptstadt der Bundesrepublik. Und Friedrich Nowottny moderierte in der ARD noch den "Bericht aus Bonn", der nach der 'Last Party' bald zum "Bericht aus Berlin" mutierte, da man einen "Bericht aus Bonn" dann auch kurzerhand mit "Notizen aus der Provinz" hätte betiteln können.

Und doch: Am vergangenen Freitag wurde die Stadt am Rhein kurzfristig immerhin die Hauptstadt für Rock-Deutschland, denn ein Klasse-Gig von Weltformat ließ das Bonner Brückenforum erzittern:
Grobschnitt gaben sich die Ehre und begeisterten rund 850 jubelnde, tanzende, kreischende Fans! Auch diese 'Next Party' war wieder ein Schritt vorwärts - kaum zu fassen nach den vorherigen Konzerten, aber die ungebrochene Spielfreude dieser außergewöhnlichen Combo beeindruckt mich jedes Mal wieder zutiefst!

Ich will hier gar nicht erst anfangen, die Leistungen der einzelnen Musiker herauszustellen: Sie alle sind Meister ihres jeweiligen Fachs, jeder hat seinen individuellen Stil und doch fügt sich dieses stilistische Puzzle zu einem unglaublich homogenen Gesamtbild zusammen - Grobschnitt eben. Und so, wie jeder Musiker seinen eigenen Stempel auf die Marke GS drückt, hatte ja auch jede Epoche, jede LP der Band ihr ganz eigenes Flair, und auch diese Stilunterschiede verschmolzen in diesem Streifzug durch jahrelange Kompositions- und Arrangement- und Textarbeit zu einem Gesamtkunstwerk: Frühwerke wie der "Morning Song" unplugged oder der unsterbliche "Vater Schmidt" fügten sich mit Heavy-Nummern wie "Keine Angst", "Space-Rider" ebenso harmonisch zu einem Gesamtkunstwerk wie auch das zarte "Rockpommel's Land" oder die opulente Bombast-Suite "Solar Music". Das Konzert wirkt wie aus einem Guss. Hut ab vor den Qualitäten solch einer Band, die nicht nur hochprofessionell agiert, sondern auch noch 'ne gehörige Menge Spaß an der Sache hat und diesen auch direkt in die Herzen des Publikums transportiert.

Denn, von der historischen Bedeutung her bestimmt als 'Oldie-Band' zu betrachten, hält Grobschnitt die Uhr einfach an: Die Zuhörer sind nicht in tiefste Nostalgie versunkene Altfreaks, die gedankenverloren via Schnabeltasse ihr Kölsch schlabbern. Gestandene Männer und Frauen toben wie wilde Teenies herum (mich eingeschlossen), die Partylaune brandet hoch, manch ein Fan reißt sich in Begeisterung das Grobschnitt-Shirt von der behaarten Brust und schwenkt es verzückt - und das ist NICHT peinlich! Es ist einfach 'Next-Party'-Laune angesagt - Abrocken bis zum Abwinken und viele Fans waren nach "Sonnentanz" doch sichtlich und hörbar geplättet und heiser!
Aber Vorsicht: Wer aus dieser Beschreibung nun schließt, bei der Grobschnitt-Gemeinde handele es sich lediglich um einen, zugegebenermaßen sehr rüstigen und agilen, Rock-Rentner-Club, der hat sich geschnitten, und zwar gewaltig. Die 'Next Generation' tobt nicht nur auf der Bühne, sondern zunehmend auch davor. Immer öfter sieht man eben auch Menschen in der Menge, die zu Zeiten der 'Last Party' entweder noch gar nicht auf der Welt waren oder aber noch ziemlich jung! Auch im Grobschnitt-Forum findet man ja auch zunehmend ziemlich junge User - ein Trend, der sich hoffentlich noch fortsetzt!

Für mich persönlich war dieser Abend eine Art innerer Zeitreise in das Jahr 1987. Ich weiß nicht, was dieses innere Bild bei mir auslöste - war es der Sound, die Gesamtstimmung im Saal oder das furiose Zusammenspiel der Band? Ich weiß es nicht - aber ich musste mir nach dem Konzert erst wieder in Erinnerung rufen, dass wir mittlerweile das Jahr 2008 schreiben!
Was an diesen Zeiten aber noch schöner ist als damals, dass wir uns, die Fans, mittlerweile eben auch persönlich oder zumindest via Internet kennen und uns bei den Konzerten, bzw. schon vorher in benachbarten Kneipen treffen. Bei manchen Gesprächen mit anderen langjährigen Fans bekommt man dann häufig heraus, dass man bereits in den 80ern gemeinsam auf Konzerten war - sich aber eben nicht kannte! Durch "Vater Schmidt sein Grobschnitt Forum" und die Fan-Treffen in Betzdorf ist hier eine wirklich sehr schöne, heimelige Gemeinschaft entstanden, die ich um nichts in der Welt mehr missen möchte und auch der Kontakt zur Band ist eben sehr persönlich und herzlich und Gespräche nach den Partys können ziemlich lange dauern. Hätte nicht ein lieber Hotel-Kollege ein Taxi gerufen, ständen wir bestimmt noch immer bei Milla und würden uns über Musik, Gott und die Welt austauschen!

Ein außergewöhnlicher Abend mit einer außergewöhnlichen Band und außergewöhnlichen Fans - ein herzliches Danke an alle, die bei dieser schönen Party dabei waren! Und die Vorfreude auf das Konzert in Menden ist schon immens!