Roger Glover
"Aus dem Hotelzimmer Nr. 659", Tokio, 20.03.2004
Roger Glover
Auf Roger Glovers Webseite veröffentlicht er gerne während so mancher Welttournee von ihm verfasste Briefe an seine Fans.
Er will sie auf dem Laufenden halten und da er seine Anhänger schätzt, sind diese Briefe sehr persönlich gehalten und zeigen seine Empfindungen, die interessant und aufschlussreich sind, wie auch dieses Schreiben aus einem Hotelzimmer in Tokyo wieder beweist.
Es lohnt sich wirklich, seine Briefe zu übersetzen, denn sie sind alle humorvoll, poetisch und klug verfasst. Da Roger gerne Wortspielereien verwendet und eine starke poetische Ader hat, kann es sein, dass die Übersetzung so manchen Fehler aufweist, ich habe mich jedoch bemüht, den Sinn dieses Briefes zu erfassen.
20. März 2004
Es ist eine Weile her. Einige würden sagen, ein Zeitalter, andere haben es wahrscheinlich gar nicht bemerkt, aber es ist einige Zeit her, dass ich einen Bericht geschrieben habe. Tatsächlich habe ich es nicht wirklich wahrgenommen. Die Zeit hat die Eigenschaft, unaufhaltsam zu ticken, wenn man "im Moment" und normalerweise mit einem Koffer lebt. Ich schreibe das aus dem Land der aufgehenden Sonne, das man im Moment eher Land des fallenden Regens nennen könnte. Es ist ein nasser Nachmittag in Tokio.
Gestern sind wir von Nagoya hierher gekommen, welches der zweite Ort unserer Oster-Tour war. Es war eine tolle Nacht, das Publikum hat uns großartig willkommen geheißen. Ian Gillan war ein toller Unterhalter. Er plauderte über eine frühere Geliebte, die er erst auftaute, bevor er mit ihr ausging und erzählte verschiedene andere lustige und großartige Dinge. Keiner weiß, wo er das alles herbekommt. Dort drinnen muss die Hölle herrschen!
Roger Glover Die Fahrt mit dem Zug war schnell und bequem. Unser alter Freund Mr. Udo ist der Organisator. Deswegen kümmert sich sein Vertrauter Tack um uns, wie er es schon an vielen Orten zuvor getan hat. Toll, dass sich einige Dinge nur langsam ändern.
Nachdem ich am nächsten Tag mit einigen Fans gesprochen habe, fürchte ich, dass hier anscheinend niemand "Snapshot" kennt. Ich versuche herauszufinden, unter welchem Label es erschien und was damit passiert ist. Wenn das Leben sich doch nur darum drehen würde, Musik zu machen!
Die Auftritte in Nordamerika waren umwerfend. Es war wundervoll, die vielen Freunde und Fans auf unserem Weg zu treffen; danke für all eure Unterstützung! Die Idee, "Machine Head" vollkommen zu spielen scheint Anklang zu finden und es machte uns großen Spaß, auch einige der früheren Titel zu spielen. Ich verneige mich an dieser Stelle vor Steve und Don. Keiner von beiden war bei den Originalaufnahmen dabei. Doch sie sind mit viel Einsatz eingestiegen und haben hart gearbeitet, um sich musikalische Details anzueignen. Die Empfänge, die wir bekamen, besonders in Los Angeles, Toronto und New York, zählen zu den Besten an die ich mich erinnern kann.
Die "Bananas"-Songs liefen wirklich super und es ist gut zu wissen, dass sie so toll neben dem alten Material stehen.
In San Francisco hatten wir ein echtes Vergnügen, als Joe Satriani mich anrief und sagte, dass er zu dem Auftritt an diesem Abend kommen würde. Er und Steve mischten den Ort auf. Buddy Bohn (auch bekannt als Moro), den wir seit fast 35 Jahren nicht gesehen haben, war auch da. Er war einer der ersten Künstler und er spielt immer noch schöne akustische Musik.
Unser Produzent Michael Bradford bereitete unsere Bühne in Los Angeles vor und zeigte uns allen, was für ein großartiger Performer er ist. Wir haben die Absicht, ein weiteres Album mit ihm zu machen.
Greg Rzab, der Bassist, den ich während der Gov't Mule-Auftritte traf, tauchte in Chicago mit seinem Rickenbacker Bass für mich auf. Mein eigener brauchte dringend eine Generalüberholung. Am Ende entschied ich mich, mit der Vigier zu spielen, aber ich weiß das Angebot wirklich zu schätzen. Er hilft im Moment meine alte Rick in Ordnung zu bringen. Es wäre toll, sie wieder benutzen zu können.
Roger GloveIch kann diesen Moment nicht verstreichen lassen ohne Moray McMillan zu nennen. Er war unser Sound-Ingenieur für 8 oder 9 Jahre. Das war seine letzte Tour mit uns und es ist traurig ihn gehen zu sehen. Er hat unsere Dankbarkeit für all die harte Arbeit und den großartigen Sound, den er uns gegeben hat. Viel Glück Moray!
Was das Bass Player's Question Time angeht, senke ich meinen Kopf und entschuldige mich für den Aufschub. Ich werde allmählich Zeit dafür finden. Zu meiner Verteidigung muss ich jedoch sagen, dass mein Leben die letzten Monate alles andere als ruhig war. Mehr kann ich nicht erklären.
Mein Cousin Clive Jones starb vor einigen Wochen. Meine Familie und ich sind von diesem traurigen Ereignis noch sehr bestürzt. Jetzt ruht er in Frieden. Ich war wegen seinem Begräbnis in England - 24 Stunden vor der Abreise aus New York nach Japan.
Das Leben muss weitergehen. Für mich läuft die Tour weiter. Ich erwarte den kommenden Besuch Chinas mit einiger Aufregung. 1976 hatte ich beabsichtigt dorthin zu reisen. Damals plante ich eine Reise mit meinem Freund Andy Mackay, Roxy Musics Saxophon-Spieler. Doch ich musste absagen, da meine Frau zu dieser Zeit unsere Tochter Gillian erwartete. Andy und seine Frau reisten alleine dorthin. Dieser Einfluss ist an der Cover-Kunst seines darauf folgendem Albums "Resolving Contradictions" von 1978 zu erkennen. Ich erinnere mich, dass er mir sagte, er habe nie zuvor so eine Ehrlichkeit erlebt. In ihrem ersten Hotel in Beijing (Peking) hat seine Frau Jane eine Ausgabe des Time Magazine, das sie während dem Flug gelesen hatte, weggeworfen. Sie bekam es einige Woche später in einer meilenweit entfernten Stadt zurück, da die Säuberungscrew des Hotels gedacht hatte, sie habe es versehentlich vergessen. (Flugzeug-Putzcrews - bitte merkt euch das! Vielleicht hätte ich mein teures Handy zurückbekommen, wenn es in China und nicht in New York verloren gegangen wäre.)
Wie auch immer, die Pflicht ruft. Ich muss gehen. Ich habe einen Auftritt in Tokyo zu der kranken Zeit fünf Uhr Nachmittags. (Aus irgendeinem Grund haben die Leute hier Samstag Nachts besseres zu tun.)
Meine Vigier Excess Guitar und SWR Amplification machen weiterhin den besten Sound, den ich jemals hatte. Danke an beide.
Ich wünsche jedem, der das liest Gesundheit und Frieden und hoffe, dass ich einige von euch auf unserer Reise um die Welt dieses Jahr treffen werde!
Übersetzung eines originalen Roger Glover Writings
Roger Glover - "Aus dem Hotelzimmer Nr. 659", Tokio, 20.03.2004"
Evi Ivan, 30.01.2005