Trilok Gurtu / Bad Habits Die Hard + The Glimpse
Bad Habits Die Hard + The Glimpse Spielzeit: 73:46 (CD 1), 62:23 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Art of Groove/MiG Music, 2014
Stil: Weltmusik

Review vom 22.02.2015


Wolfgang Giese
Trilok Gurtu wurde am 30.Oktober 1951 in Bombay (Mumbay) geboren. Er ist einer der wichtigsten Perkussionisten der Musikszene, ohne dass man ihn einem besonderen Stil zuordnen könnte. Seine Musik drückte stets einen Fusionsgedanken aus - sei es aus westlicher und indischer Musik oder aus verschiedenen Stilen, zum Beispiel in Verbindung mit Jazz. Seit etwa 1973 ist er in dieser Mission unterwegs, als er seine Heimat verließ. In Europa waren unter anderem Embryo und Peter Giger einige musikalische Stationen. Ferner spielte er unter anderem mit der Band Oregon und auch mit Joe Zawinul zusammen. Fusion war für Gurtu kein fremdes Terrain, sodass sich dies auch sehr stark in der Ausprägung der Musik dieser beiden Platten niederschlägt - allerdings auf unterschiedliche Art und Weise.
"Bad Habits Die Hard" stammt aus dem Jahr 1995, "The Glimpse" aus 1996. Ist die erste Platte im Sound noch stark an der Jazzfusion-Bewegung orientiert, so ist die zweite mehr mit folkloristischen Motiven gespickt. So haben wir es mit zwei recht unterschiedlichen Veröffentlichungen zu tun.
"21 Spices" bietet einen 'schnurrenden' Bass in der Tradition eines Jaco Pastorius. "Cherry Town" ist sehr afrikanisch geprägt und erinnert auch stark an die Musik von Don Cherry (soll der Titel eventuell auch ein Hinweis auf diesen Musiker sein?). "Bad Boys" ist stark und typisch zur Fusion ausgerichtet. In dieser Richtung hat auch Joe Zawinul stets gearbeitet. Die langen Stücke bieten viel Raum für die Entfaltung der Atmosphäre. So entwickelt sich das sanft dahingleitende "Siddhi" langsam, mit einem kräftigen Hauch der Band Weather Report versehen, und Gurtu versteht es, seine Perkussionsbeiträge geschickt einzuflechten.
Der Titelsong zur ersten Platte weist einen höheren Jazzanteil auf. Der Protagonist bearbeitet hier sehr effektvoll die Becken des Drumsets. Unterstützt durch die perkussiven Pianoklänge, entwickelt sich ein Parforceritt par Excellenze. Darüber grummelt der Bass mit dunkel-fettem Ton, das ist eine wahrhaft magische Atmosphäre, und wenn dann noch Mark Feldman mit der Violine dazu stößt, entwickelt sich das Klangbild noch ein wenig farbiger. "Carlinhos" - hier regieren wieder stärker die Folk-Elemente und Gurtu kann sein Können an den Perkussionsinstrumenten zeigen.
Dieses kommt auf der CD "The Glimpse" noch stärker zur Geltung. Zusammen mit dieser typischen indischen Sangeskunst, namens Konnakol, kann der Musiker ein wahres Feuer entfachen. Beim unglaublich hitzig treibenden "1-2 Beaucoup" bringt das gedämpfte Trompetensolo noch das gewisse Jazz-Element mit ein - hier glänzt der Italiener Paolo Fresu.
"Law Years" von Ornette Coleman startet wie ein Blues aus dem Mississippi-Delta, bevor sich der Song dann ganz langsam entwickelt. Sehr behutsam stoßen verschiedene Instrumente hinzu, ohne dass sich das Stück zu formieren scheint. Hier schwebt die Atmosphäre förmlich und es wird ein freies Hörbild geschaffen, in das man sich ganz einfach fallenlassen kann. Erst nach fünfeinhalb Minuten scheint so etwas wie eine feste Struktur in Jazzmanier zu entstehen. Gurtu erweist sich hier als sehr gefühlvoller Schlagzeuger, der mit Klangfarben umgehen kann.
"Don" - der eigentliche letzte Song des Albums, beschwört erneut den Trompeter Don Cherry herauf. Ein einsames Trompetensolo setzt ein Startsignal, bevor sich Piano, Tablas und Perkussion dazugesellen und zusammen einen weich wiegenden Rhythmus erzeugen, der eine ganz wunderbar entspannende Wirkung verbreitet. Das ist Weltmusik erster Klasse!
Neu und als Bonus ist eine Live-Version von "Glimpse", aufgenommen am 19. April 2008 beim jazzahead!-Festival im CCB in Bremen, enthalten. Gestaltet ist es etwas ruhiger als die Studioversion. Es heben sich der Einsatz von Melodika und die schwebende, vom Keyboard erzeugte Stimmung stark hervor.
Insgesamt eine willkommene Wiederveröffentlichung, die zeigt, auf welch hohem Niveau sich Trilok Gurtu bewegt.
Line-up:
Bad Habits Die Hard:
Trilok Gurtu (drums, table, voice, claydrum, percussion)
Bill Evans (tenor sax, soprano sax)
Mark Feldman (violin)
David Gilmore (guitar, voice)
Andy Emler (piano, electric piano, synthesizer, voice)
Chris Minh Doky (bass, voice)

The Glimpse:
Trilok Gurtu (claypot, dhol, voice, drums, percussion, table, caxixi)
Geetha Bennett (veena, voice)
Lars Danielson (bass, cello)
Jaya Deva (voice, gnaoua, qaraqaba, acoustic guitar, 12 string bottleneck guitar, electric guitar)
Andy Emler (piano, harmonium)
Paolo Fresu (trumpet, flugelhorn)
Nando Carneiro (acoustic guitar)
Teodosii Spassov (kaval)
Carlo Cantini (viola, melodica, keyboard - #8)
Phil Drummy (saxophone, flute, didgeridoo - #8)
Roland Cabezas (guitar - #8)
Stefano Dall'Ora (bass - #8)
Tracklist
CD 1:
Bad Habits Die Hard:
01:21 Spices
02:Bad Boys
03:Returning Home
04:Siddhi
05:Watapa
06:Bad Habits Die Hard
07:Carlinhos
CD 2:
The Glimpse:
01:Cherry Town
02:1-2 Beaucoup
03:Law Years
04:A Ilha Do Caju
05:Future Heat
06:Glimpse
07:Don
Bonustrack:
08:Glimpse (live)
Externe Links: