Günter 'Holly' Holwas
18. Juli 2009, Parochialkirche, Berlin-Mitte
Live Günter 'Holly' Holwas
Parochialkirche Berlin-Mitte
18. Juli 2009
Konzertbericht
Stil: Blues


Artikel vom 01. August 2009


Matthias Ziegert
»Good stuff man«. Diesen Satz hat mir vor einiger Zeit 'Holly' Holwas ins Gästebuch meiner Homepage geschrieben. Gutes Zeug war es, was uns 'Holly' am 18. Juli 2009 in der Parochialkirche in Berlin-Mitte bot.
Es war kurz nach 20:00 Uhr, als er mit seiner Band den Altarraum betrat und ohne Vorrede den ersten Titel spielte. Die Rede gab es danach. Ein paar einführende Worte, mit denen man an die legendären Bluesmessen erinnerte, gab es vom Pfarrer der Parochialkirche und dem Leiter des DDR-Museums in Berlin-Mitte.
Anfang der 1970er Jahre begannen sich in der DDR zunehmend rockbegeisterte Jugendliche für den Blues zu interessieren. Über die Coverversionen ihrer westlichen Rockidole gelangten sie zu den Wurzeln des Blues. Die Bluesbands schossen wie Pilze aus dem Boden, vor allem in Ostberlin und im Thüringer Raum. Mitte der 1970er Jahre begann sich die Szene zu etablieren. Eine DDR-spezifische Jugendsubkultur war entstanden.
Günter 'Holly' Holwas Einer, der den Blues bekam, war Günter 'Holly' Holwas (* 1950 in Berlin). Nachdem er 1975 seinen Wehrdienst als Bausoldat abgeleistet hatte, gründete er Hollys Bluesband. Ihren ersten Gig hatte die Band 1978 in der Umbauphase eines Konzerts der Engerling Blues Band und der Hansi Bibl Band. Auf der Suche nach alternativen Auftrittsmöglichkeiten sprach 'Holly' den Pfarrer der Samariterkirche in Berlin-Friedrichshain an. Er versprach ihm, die Kirche mit jungen Leuten zu füllen und den Erlös einer kirchlichen Einrichtung zu spenden. Rainer Eppelmann, selbst Bausoldat in der NVA, war damals Kreisjugendpfarrer in Berlin-Friedrichshain und wurde nach der Wende letzter DDR-Verteidigungsminister. Er bestand in Abstimmung mit der Kirchenleitung darauf, der Veranstaltung einen Gottesdienst-ähnlichen Charakter zu geben. Die Idee der Blues-Messen war geboren.
Mich hatte schon eine zeitlang die Frage bewegt, wer wohl 'Holly' an diesem Abend begleiten würde. Die Überraschung war perfekt: Am Schlagzeug saß Hajo Zoch, der in den 1970er Jahren bei der Passat Blues Band, Sinus, Pharao und Bison spielte. In den 1980ern zog er mit seiner eigenen Bluesband durch den Osten und spielt heute bei Hensley und Fuel To The Fire. Die Blues-Harp spielte Matze Stolpe. Stolpe ist Stammgast bei 'Jonathan.
Spätestens zur East Blues Session auf dem Köpenicker Blues & Jazzfestival werden wir ihn wiedersehen. Allerdings, den Bassisten kannte ich nicht. Er stammt aus der DDR-Jazzszene.
Die Band spielte etwa sechzig Minuten und es reihte sich ein Bluesklassiker an den anderen. Zum Abschluss des ersten Sets gab es dann "Stormy Monday". Weshalb ich gerade dieses Stück erwähne? Diesen Titel hörte ich erstmals live, vorgetragen von 'Holly' und Stefan Diestelmann, auf einer der Bluesmessen.
Günter 'Holly' Holwas Die Kirche, die vielleicht mit 300 Leuten gefüllt war, bot eine herrliche Akustik. Das Publikum bestand mehrheitlich aus jungen Leuten. Dies war wohl dem Umstand geschuldet, dass im Anschluss der Rapper Prinz Pi auftrat. Die Veranstalter wollten damit einen Bogen von den damaligen Ereignissen in die Gegenwart spannen. Zu erwähnen ist, dass während des gesamten Konzertes auf Großleinwand eine Bild-Ton-Dokumentation von Dirk Moldt mit Observationsfotos des Ministeriums für Staatssicherheit aus dem Umfeld der Bluesmessen eingespielt wurde.
Gegen 22:30 Uhr gab es wieder Blues. Neben Standards wie "Little Red Rooster" und "Black Magic Woman" stellte uns Holly dann eine Eigenkomposition vor, mit der er an sein bewegtes Leben in Kanada erinnerte. Kurz vor Mitternacht war das Konzert beendet und ich trat mit der Hoffnung die Heimreise an, dass ich nicht nochmals fünf Jahre warten muss, um 'Holly' auf der Bühne wiederzusehen.
Externe Links: