Hell's Kitchen / Dress To Dig
Dress To Dig Spielzeit: 40:30
Medium: CD
Label: Dixiefrog Records, 2011
Stil: Blues

Review vom 11.10.2011


Jochen v. Arnim
Blues, das steht da oben zwar unter der Rubrik 'Stil', aber das würde der Klassifizierung nicht gerecht werden. »Origineller High-Energy-Blues« steht zwar oben auf dem Promo-Sheet, aber auch das würde der Klassifizierung unrecht tun. Surrealistisch, unangepasst, eigenwillig, Rural-Roots, Urban-Rock oder Tribal-Trance spielend, post industriell und hypnotisch sind nur einige Attribute, die man dem Trio aus der Schweiz zuschreiben mag. Interessant ist es allemal, was uns auf ihrer bald erscheinenden CD "Dress To Dig" präsentiert wird.
Schon der Blick auf das Cover, die CD kommt in ansprechender triple Gatefold-Hochglanz-Version daher, verrät uns, dass wir es nicht mit handelsüblicher Ware zu tun bekommen werden. Ein nahezu monochromes Bandfoto, deren abgebildete Instrumente quasi den musikalischen Inhalt bereits ankündigen. Eine halbakustische Gitarre, ein Kontrabass und … eine Waschtrommel. Schnell mal aufklappen, mehrere Fotos im selben Stil (der Engländer würde es vorschnell als 'arty-farty' abstempeln) und nur ganz wenig Info, die einer weiteren Erleuchtung dient. Ein paar zusätzliche Instrumente werden unter der Rubrik der Gastmusiker aufgeführt, aber die Namen der Bandmitglieder lesen sich lediglich als Monney B, Taillefert C und Ryser C. Mahlzeit, dann schieben wir die Scheibe mal rein.
Track 1 beginnt als "A Good End" mit einigen Basstönen, langsam, schleppend, aber bald gesellen sich andere 'Geräusche' aus der, nennen wir sie mal Percussion-Ecke dazu. Noch ein wenig Gitarre und ein paar Lautäußerungen, bevor dann Monney B (Bernard Monney) sein Sangesorgan wirklich gekonnt zum Einsatz kommen lässt. Insgesamt etwas experimental anmutend, die Attribute eigenwillig und surrealistisch würden da schon passen. Da kommt die Nummer 2, "Teachers", schon ganz anders daher mit einer eingängigen Gitarre und treibender Rhythmussektion, Tempo hoch, etwas knarrig der Gesang, sehr schöne Refrainpassagen und eine tolle Blues Harp-Einspielung. Eindeutig ein Anspieltipp! Schlagwerker Taillefert C (Cédric Taillefert) nennt sein Werkzeug »drumcussion«, wohl auch in Anspielung auf die verwendeten Gegenstände - nur von Trommeln und Becken zu reden, wäre nämlich bei Weitem nicht ausreichend. Immer wieder klingen mal Töne durch, die man nicht eindeutig zu identifizieren vermag und die nahezu jedem Song in der Tat den Stempel des Eigenwilligen aufdrücken. So geht es weiter durch die Scheibe, immer auf der Basis dreier Grundinstrumente, der Basspart gespielt von Ryser C (Christophe Ryser), mal wirklich bluesig, mal psychedelisch anmutend, kaum einen 'klassischen Blues-Rhythmus' bestehen lassend, ohne ihre besonderen, manchmal auch etwas anstrengend wirkenden Gimmicks einzuflechten. Seien das auf besonderen 'Instrumenten' erzeugten Töne oder Stimmlaute der nicht alltäglichen Provenienz.
Unterstützung haben die Schweizer von Rodolphe Burger bekommen, der sich u. a. mit einer Vielzahl experimenteller Projekte beschäftigt, mit französischen Musikern und dem Blues-Gitarristen James Blood Ulmer zusammengearbeitet hat. Der Einfluss des Experimentellen ist sicher nicht zu überhören, aber die "Dress To Dig" hat auch richtig gute 'klassische' Tracks, wie z. B. die nächsten Anspieltipps "Right Away" oder das ganz clevere "Born Lover". Ab und an kommt dann z. B. auch ein dezentes Keyboard hinzu, das in der Summe mit den anderen Instrumenten für einen satten Sound sorgt. "You Don't Give Up" ist mit Slide-Gitarre, seinem Up-Tempo-Beat und der Blues-Harp schon fast rockig, verzichtet aber auch nicht auf manch eigenwilligen Ton. Wir beschließen diese Scheibe mit "From The Start", das ebenfalls gut abgeht, wieder mit einer dominanten Slide-Gitarre, und zu meinen Favoriten zählt.
Der aufmerksame Leser hat natürlich erkannt, dass die Anordnung der Titel 1 und 12 ebenfalls eigenwillig und somit wieder komplett in das Gesamtkonstrukt passend sind. Für das subjektive Empfinden steigern sich die Qualität und der Hörgenuss mit jedem Song. Hätten die Schweizer die Abfolge der Tracks genau umgekehrt mit "From The Start" beginnen und "A Good End" schließen lassen, wäre wohl für mich das Gegenteil der Fall.
Man darf durchaus gespannt sein, wie sich dieses Trio live auf der Bühne präsentieren und die Soundkulisse umzusetzen vermag. Wer auf Blues der etwas anderen Art steht und dem eigenwillig Experimentellen nicht abgeneigt ist, dem kann ich Hell's Kitchen nur wärmstens ans Herz legen.
Line-up:
Bernard Monney (vocals, guitar)
Cédric Taillefert (drumcussion, harmonica)
Christophe Ryser (bass, double bass)

mit:
Rodolphe Burger (guitar, vocals)
Tracklist
01:A Good End
02:Teachers
03:The Helper
04:Leave And Go Home
05:Wait
06:Never Being Able
07:My Heart's Beating Too Slow
08:Right Away
09:Vilain Docteur
10:Born Lover
11:You Don't Give Up
12:From The Start
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