Humble Pie / Performance Rockin' The Fillmore
Performance Rockin' The Fillmore Spielzeit: 72:42
Medium: CD
Label: AM Records, 2011 (1971)
Stil: Rock


Review vom 09.12.2011

    
Jürgen Bauerochse
Es gibt ja so einige Live-Scheiben, die vor ungefähr vier Jahrzehnten das Licht der Plattenläden erblickten und seitdem zu den Meilensteinen der Rockmusik zu zählen sind.
Angefangen von den "Fillmore Concerts" der Allman Brothers Band, über "One More From The Road" von Lynyrd Skynyrd, Colosseums Live-Album, "Live At Leeds" von The Who, bis hin zu den "Live Dates" von Wishbone Ash. Alle diese Mitschnitte haben sich für die Ewigkeit ins Gedächtnis eines jeden Rock-Fans eingebrannt und so ihren festen Stellenwert in der Musik-Historie untermauert.
Doch ein Klassiker fehlt noch in dieser kleinen Aufzählung, der auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf. Humble Pies "Performance Rockin' The Fillmore" wurde im Jahr 1971 mitgeschnitten und kam damals als Doppel-LP heraus, obwohl nur sieben Songs auf dem Longplayer enthalten waren. Doch das war zu dieser Zeit absolut nichts Ungewöhnliches, denn schließlich befand man sich auf dem Höhepunkt von ausgiebigen Improvisationen, in denen die Songs nicht selten eine Länge von fünfzehn bis zwanzig Minuten erreichten oder sogar noch überschritten. Immer wieder bauten die Bands ihre Studioversionen auf der Bühne zu wahren Kunstwerken aus, bei denen jeder einzelne Musiker seinen Solopart erhielt. Klar, dass da so hervorragende Musiker wie Steve Marriott, Peter Frampton, Greg Ridley und Jerry Shirley liebend gerne mitmachten.
Schon von Anfang an war klar, dass Humble Pie ihre wahren Stärken bei Live-Auftritten hatten, bei denen die Band ihre ganze Spielfreude in pure Energie umsetzen konnte. Das wurde bei diesem Gig perfekt eingefangen und auf den Tonträger übertragen.
Das ganze Konzert war praktisch eine einzige Jam-Session, bei der es in keinster Weise um ein perfektes Rüberbringen der Songs ging. Hier waren ausschließlich Spielfreude und Ausgelassenheit angesagt. So stehen die beiden Mammut-Songs "Walk On Gilded Splinters" und "Rolling Stone" nicht nur wegen ihrer Spieldauer im Mittelpunkt des Albums. Brettharte, teilweise fast psychedelische Gitarrenriffs wechseln sich mit leisen, manchmal sogar mystisch wirkenden Basslinien der leiseren Art ab. Dazu kommt der ständig wechselnde Leadgesang von Marriott, Frampton und Ridley. Jerry Shirley kann sich an der Schießbude auch so richtig austoben und driftet immer wieder in fast reine Percussion-Arbeit ab, nur um dann wieder mit aller Macht auf sein Arbeitsgerät einzudreschen. Und wenn Steve Marriott die Harmonika einsetzt, gibt es sowieso kein Halten mehr.
Gerade bei diesen beiden ellenlangen Songs sind die ständigen Gitarrenduelle ein absolutes Highlight. Die Band klingt unglaublich roh und ungeschliffen. Man spürt förmlich, wie der Saal brodelt und kocht. Das ist die pure Energie in jedem einzelnen Ton.
Doch bevor es zu diesen Meisterwerken der Improvisationskunst kommt, heizt die Band das Publikum erst mal so richtig an. "Four Day Creep" ist der Opener und bei weitem der kürzeste Song des Albums. Schon hier geht gnadenlos die Post ab und was der kleine Schreihals Marriott hier ins Mikrofon brüllt, ist schon sehr beeindruckend.
Nicht viel anders sieht es beim folgenden "I'm Ready" aus. Steve Marriott in Höchstform, und schon jetzt ist das Publikum hörbar begeistert. Tolle Zwiegespräche zwischen Stimme und Gitarre. Mann, wäre ich da gern dabei gewesen!
Der dritte 'Einheizer' ist "Stone Cold Fever", und das ist auch der komplexeste Song des Albums. Das Riffing kommt optimal und Peter Frampton lässt ein prima Gitarrensolo vom Stapel. Doch schon hier wird mit den ersten Improvisationen begonnen, die sich dann in den beiden Longtracks fortsetzen.
Nachdem dann mit "Hallelujah (I Love Her So)" ein bisschen Easy-Listening-Music durch die Boxen geflogen ist, gibt es am Ende mit "I Don't Need No Doctor" das absolute Feuerwerk auf die Ohren. Jetzt legt Humble Pie noch einmal die letzten Energiereserven frei. Steve Marriott schreit und keucht sich die Seele aus dem Leib, und Peter Frampton bringt die Saiten seiner Gitarre ein letztes Mal zum Glühen. Dieser Titel ist schließlich DAS Highlight der Scheibe.
"Performance Rockin' The Fillmore" ist eines der intensivsten Live-Alben der Rockhistory und zeigt eine Band, die sich musikalisch auf ihrem absoluten Höhepunkt befand.
Line-up:
Steve Marriott (vocals, guitar, harp)
Peter Frampton (guitar, vocals)
Greg Ridley (bass, vocals)
Jerry Shirley (drums)
Tracklist
01:Four Day Creep (3:46)
02:I'm Ready (8:31)
03:Stone Cold Fever (6:18)
04:I Walk On Gilded Splinters (23:25)
05:Rolling Stone (16:07)
06:Hallelujah I Love Her so (5:10)
07:I Don't Need No Doctor (9:15)
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