Scott Holt / Revelator
Revelator
So lasse ich mir den Einstieg in eine CD gefallen. Studioatmosphäre, akustische Gitarre, Holts Gesang, eine Frauenstimme aus dem Hintergrund. Really downhome.
Der Track "Sunday" dauert zwar nur 2 Minuten aber findet sich in einer mit Band gespielten R'n'R angehauchten Version als 14. Song ("Sunday Reprise") wieder.
Aus Mel Londons Feder stammt der Song "Cut You Loose". Climax Blues Band, Tinsley Ellis, Otis Rush, Angela Strehli und Buddy Guy, die diesen Song auch schon auf ihrer Liste hatten, lassen grüßen. Eine richtig kraftvolle Version, die Holt & Co. hier abliefern.
Buddy Guy und Scott Holt: beide 66 Jahre - da sind wir beim Thema. Mit 19 begann er Gitarre zu lernen. Als er Jimi Hendrix hörte, war er elektrisiert. Dann entdeckte er Stevie Ray Vaughan, die drei Kings und Buddy Guy.
Scott wollte immer Buddy Guy sein, was natürlich nicht ging. 1987 bewerkstelligte Holts Vater, dass Sohnemann Buddy Guy live sehen konnte.
Es kam dazu, dass Guy dem jungen Holt Gitarrenstunden gab. 1989 war es dann soweit. Buddy Guy fragte ihn, ob er in seiner Band spielen möchte. Welch eine Frage. Scott Holt war die nächsten 10 Jahre in der Band. 1999 entschied er sich dazu, zusammen mit Leo Lyons (Ten Years After) und dem Schlagzeuger Tom Larson eine eigene Band zu gründen.
So bin ich nun bei Holts viertem von fünf Alben angekommen. War der Vorgänger "Chipped Front Tooth" (2003) schon mächtig gut, kann ich Scott Holts Statement zu "Revelator" nur unterstützen, "mein bestes Album".
"Bad Way Baby" hat einen ähnlichen "Cut You Loose"-Drive. Bass und Drums schieben den Song stetig nach vorne. Holts Stimme, gemeinsam mit diesen tollen Backing-Vocals, bringt es. Auch hier ist die Produktion stimmig mit dem Song.
Abwechslung heißt die Devise. Starkes Songwriting beweist Holt beim balladesken, Keyboard-getragenen "Power Of Your Love", der über den Tellerand des Blues-Rock hinaus schaut. Die Holt'sche Gitarre wird songdienlich eingesetzt, sieht man mal von einem kurzen Solo ab.
Scott Holt hängt sich die akustische Gitarre um, und nur vom Piano begleitet, trägt er, fernab vom 12-Bar-Blues, "Another Rainy Day" vor. So sollten Balladen klingen.
Über eben diesen Tellerrand schaut auch "I Know Little". Urteile ich nur vom Refrain her, könnte dieser Part auch von diesem berühmten Sänger mit der riesigen Hornbrille stammen.
"I've Been Searching" beginnt verhalten und hat einen mit Handclaps verfeinerten Mittelteil. Einen Part des Gesangs übernimmt eine Chordame und ganz dezent im Hintergrund hört man einige Loops.
"Civil War" reiht sich nahtlos in die 'I've Been Searching-Stimmung' ein. Elektrische und akustische Gitarre erklingen in feiner Harmonie. Holt singt den selbst geschriebenen Track mit einer bewundernswerten Hingabe und sein Gitarrensolo ist hier von ebenbürtiger Qualität.
Stilwechsel bei "Give Up Drinkin'", denn es geht in Richtung R`n'R. Starkes Songwriting, ich wiederhole mich.
Ein mächtiger Bass gibt den Ton auf "Bout` To Make Me Leave Home" an. Fast schon hypnotisch anmutender Gesang begegnet einem hier. In diesem Rhythmus könnte auch ein Rapper 'singen'.
Liebe geht bekanntlich (auch) durch den Magen. Ingwerkekse ("Ginger Snaps") sind die Grundlage, um die Beziehung zur einer Frau zu besingen. Originell, und es lässt zugleich textlich tief blicken. Ein Track in bester Bluesrock-Manier, Leute.
In völlig ruhiger, romantischer Stimmung beschließt Scott Holt als Solomusiker und -sänger das Album mit "Shorty".
Nicht ohne Grund hat Scott Holt dieser CD den Titel "Revelator" gegeben. Er ist bezogen auf seine bisherigen Releases wirklich ein 'sensationeller Offenbarer'.


Spielzeit: 57:37, Medium: CD, Rockview Records, 2005
1:Sunday 2:Computer Baby 3:Cut You Loose 4:Bad Way Baby 5:Power Of Your Love 6:I've Been Searching 7:Civil War 8:Give Up Drinkin' 9:Price I Pay 10:Another Rainy Day 11:Bout' To Make Me Leave Home 12:Ginger Snaps 13:I Know A Little 14:Sunday (Reprise) 15:Shorty
Joachim P. Brookes, 27.02.2006