Sophie B. Hawkins / The Crossing
The Crossing Spielzeit: 68:59
Medium: CD
Label: Trumpet Swan Records/EMI, 2012
Stil: Independent Pop

Review vom 16.08.2012


Wolfgang Giese
Zwanzig Jahre ist es her, dass die am 1. November 1967 in New York geborene Künstlerin ihr erstes Album veröffentlichte. Zuvor hatte sie sich intensiv mit afrikanischer Perkussion beschäftigt, dem Jazz zugewandt und dazu noch Marimba, Vibrafon und Schlagzeug gelernt. Auf "The Crossing" spielt sie auch noch Piano und singt. Eigentlich ist es fast im Alleingang entstanden - viele Parts wurden von Gastmusikern zusätzlich eingespielt, vor allem die Gitarren.
Auf dem Debüt "Tongues And Tails" zeigte sich die Vielfalt von Sophie B. Hawkins' musikalischer Gestaltungsfähigkeit und alle ihre Einflüsse verarbeitete sie dort. So entstand ein Gebräu aus Pop, Rock, Jazz, Rhythm & Blues und afrikanisch beeinflusster Musik. Vor allem aber wurde die Platte stark von Keyboardsounds beherrscht, die einige von diesen Strömungen aus meiner Sicht etwas 'platt machte'. Dennoch war es seinerzeit ein interessantes Album einer Newcomerin und es hat bis heute nicht seinen Reiz verloren - für viele ist es bis heute ihre beste Platte geblieben.
Sophies bisher letzte Veröffentlichung liegt nun auch schon wieder acht Jahre zurück und seitdem hat sich einiges ereignet - allesamt Vorkommnisse, die sie eigenen Angaben zufolge bei der Umsetzung dieser Aufnahmen berücksichtigte. So fällt in diese Zeit die Geburt ihres Sohnes, im Jahre 2008, und der Tod des Vaters.
Der erste Song irritiert mich ein wenig - ja, wie soll ich es beschreiben? Einerseits scheint das sehr stark von Pop-Elementen durchzogen, das knallige Schlagzeug ist stark bestimmend, aus meiner Sicht zu stark, die Atmosphäre scheint mir etwas 'zertrommelt' zu werden, darüber Keyboards, fließende Gitarren und auf gewisse Weise überdreht. Ehrlich gesagt, schreckt mich der Auftakt etwas ab, denn ich verspüre zu viel Oberfläche und zu wenig Tiefgang - auch der Gesang rückt stark in den Hintergrund. Und gerade die Stimme der Protagonistin ist es, die weitestgehend die Stimmung ihrer Musik beherrscht, wenn andere Töne angeschlagen werden. Zum Beispiel bei "Sinner Man", der Titel, bei dem sich Sophie etwas traut. Das Stück geht für mich eigentlich nur richtig in Zusammenhang mit der Version von Nina Simone und so bleibt es auch. Erstens ist der Song viel zu kurz geraten und für mich kommt die Botschaft nicht rüber. Zweitens ist hier der Gesang überintensiv und wirkt für mich nicht glaubhaft.
Erst Track drei lässt mich dann positiv aufhorchen. "The Land, The Sea And The Sky" ist eine sanfte Rockballade mit sehr einfühlsamem Gesang, der in der Intensität weder abhebt noch zurückbleibt. Hier wirkt die Stimme treffend, gestaltend und gibt dem Song Profil. Dieser richtet sich textlich gegen die Ölverschmutzung im Jahre 2011 im Golf von Mexiko. Eine gewisse Mischung zwischen Sympathy For The Devil und einem Schuss Soul, das ist "Georgia", das das Zeug zu einem griffigen Hit hat. Auch das gewisse Raue in der Stimme geht eine angenehme Allianz mit der Musik ein.
So wechseln sich die Stimmungen ab und von weiteren zarten Balladen mit relativ ruhigem Arrangement ("Missing") und verträumtem Trompeten- und Streichereinsatz sowie einer Gesangsleistung, die emotional im Song aufgeht, über weitere popverdächtige Titel wie "Heart & Soul Of A Woman" oder sphärisch bis anpackend gestaltete Stücke wie "I Don't Need You" hin zu Jazztiteln wie "Dream St & Chance" - womit Sophie Hawkins sich und uns bewiesen hat, dass sie sich noch immer ihre Vielseitigkeit bewahrt hat. Auf "A Child" wirft sie locker eine Sequenz - textlich wie musikalisch - aus dem Klassiker "Summertime" ein, auch ansonsten ein leichter und angenehmer Song mit zart-subtilem Arrangement, der zu bezaubern weiß.
Gut, manchmal habe ich den Eindruck, dass etwas überdreht wird, etwas weniger, gemessen an den entsprechenden Songs des Albums, wäre mehr gewesen. Doch finde ich persönlich viele gute Seiten, die mich nebenbei auch gut unterhalten, neben dem einen oder anderen Haar in der Suppe. Die erwähnte Vielseitigkeit bewirkt jedoch auch, dass inmitten eines Hördurchlaufs ein gewisser roter Faden fehlt, das mag aber jede/r anders empfinden. Mich stört das weniger. Was mich stört, sind zu viele gesangliche Ausgestaltungen, die jene für mich positiven Elemente durch teilweise zu starkes Schreien eliminieren, das mich eher nervt denn emotional packen kann.
Die drei letzten Titel sind Alternativfassungen früherer Songs und Demo-Versionen , irgendwie passen sie nicht in das Gesamtbild der Originalplatte. Na ja, 'Komplettisten' wird es freuen. Andererseits sind es feine heruntergefahrene Akustikversionen, die isoliert betrachtet, wirklich schön sind und bei mir den Ruf laut werden lassen, Sophie möge doch einmal eine ganze Platte mit solcher Musik aufnehmen!
Line-up:
Sophie B. Hawkins (vocals, piano, percussion, drums, strings)
Tim Young (guitars, all tracks except # 3)
Tim Pierce (guitars - #3,5,9,14)
Paul Pesco (guitars - #4,6)
Lee R. Thornburg (all horns and horn arrangements)
David Piltch (bass)
Kaveh Rastegar (bass - #1,11)
Graham Ward (drums)
Jimmy Paxson (drums - #11,12)
Ed Roth (piano - #15,17)
Tracklist
01:Betchya Got A Cure For Me
02:Sinner Man
03:The Land, The Sea And The Sky
04:Georgia
05:Missing
06:Heart & Soul Of A Woman
07:Life Is A River
08:Miles Away
09:I Don't Need You
10:Gone Baby
11:A Child
12:Dream St & Chance
13:Red Bird
14:Betchya Got A Cure For Me (Long)
15:Damn, I Wish I Was Your Lover (Acoustic)
16:Missing (Original Demo)
17:As I Lay Me Down (Acoustic)
(all songs written by Sophie B. Hawkins,
except # 10 by Mary Steenburgen and Sophie B. Hawkins,
and # 2 which is an old spiritual)
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