Jethro Tull / Live At Madison Square Garden 1978
Live At Madison Square Garden 1978 Spielzeit: 78:00 (CD), 93:00 (DVD)
Medium: CD, DVD
Format: PAL
Sound: Dolby Digital 5.1, LPCM Stereo 2.0
Bildseitenformat: 4:3
Region: 0, DVD-9
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Label: EMI/Chrysalis Records, 2009
Stil: Rock, Classic Rock, Folk Rock


Review vom 21.12.2009


Jürgen Bauerochse
Mit dieser aktuellen Veröffentlichung gehen Ian Anderson und seine Kollegen von Jethro Tull wieder mal weit zurück in der Bandgeschichte, genauer gesagt bis ins Jahr 1978. Und doch war dieser Tag, der 9. Oktober, etwas ganz Besonderes in der History der Rockmusik, denn zum allerersten Mal wurde ein Konzert einer britischen Band live aus Amerika nach England übertragen und im englischen TV ausgestrahlt.
So wurde dieser Gig im New Yorker Madison Square Garden zu einem Meilenstein in Sachen der Globalisierung der Rockfans aus der Neuen und Alten Welt. Doch es war auch ein Haken bei der Sache, denn es wurde nicht die komplette Show übertragen, sondern es gab nur rund 50 Minuten zu sehen, die allerdings der Nachwelt zum Glück erhalten geblieben sind.
Und genau diese knappe Stunde bildet den Mittelpunkt der DVD "Live At Madison Square Garden 1978". Umrahmt werden die Bilder von den restlichen Songs des Konzertes, die als Audio-Parts im 5.1.-Sound beigefügt sind. So kommt der Hörer doch noch in den Genuss des kompletten Gigs von Jethro Tull, der in diesem kombinierten Set auch zusätzlich noch einmal als CD enthalten ist.
Natürlich war auch der Band die Bedeutung dieses Abends voll bewusst, und so lieferte sie einen Auftritt ab, der vor Kraft und Dynamik förmlich brannte. Einmal mehr bewies Ian Anderson, dass er der perfekte Entertainer ist, der alle Blicke des Publikums wie magisch auf sich ziehen kann. Allein schon sein Äußeres sorgte für Aufsehen, als er die Bühne betrat. Mit himmelblauem Barett auf dem Kopf und in einen karierten Umhang gehüllt trat er vor die Tull-Fans. Doch dieses Outfit wurde sehr schnell wieder abgelegt, denn bekanntermaßen braucht der Frontmann sehr viel Bewegungsfreiheit bei seinen Auftritten.
Mr. Anderson war sofort voll auf der Höhe und mischte das Publikum mit einer über zwölf Minuten langen Version von "Thick As A Brick" gleich mal nach allen Regeln der Kunst auf. Klasse, wie dieser Titel, der ja in der Studio-Version ein ganzes Album füllt, auch live rüber kommt. Für mich schon das Highlight der Show.
Die Menge in der ausverkauften Halle war nun bereit für "No Lullaby" vom damals gerade frisch erschienenen Album "Heavy Horses", bei dem Anderson gleich sein legendäres Flöten-Solo einbrachte. So kam dieser Titel auch fast spielend auf eine Laufzeit von zehn Minuten.
"Songs From The Wood" schließt sich an und wird in einer wesentlich härteren Gangart gebracht, als in der Studio-Version. Überhaupt kann man für diesen Gig festhalten, dass alle Songs in für Jethro Tull-Verhältnisse sehr druckvollen Fassungen gespielt wurden, wobei ich besonders die Gitarrenarbeit von Martin Barre hervorheben möchte. Aber natürlich steht die gesamte Band auf einem äußerst hohen musikalischen Niveau.
Es folgt eine ausführliche Vorstellung der Musiker, die dann nahtlos in "Aqualung" übergeht. Auch dabei geht es ganz schön heftig zur Sache, ohne dass die ruhigeren Parts unter den Tisch gekehrt werden.
Anderson tobte wie ein Derwisch über die Bühne. Es ist immer wieder großartig, wie er sich mit vollem Körpereinsatz bewegt und dabei trotzdem eine unglaubliche Eleganz an den Tag legt. Da passt einfach jede Bewegung bis aufs i-Tüpfelchen. Ganz zu schweigen von seinem perfekten Spiel auf Querflöte und akustischer Gitarre.
Der Madison Square Garden tobte und brodelte. Jetzt war fast der Höhepunkt der Show erreicht. Aber nur fast, denn es kam ja noch DER Song von Jethro Tull schlechthin. "Locomotive Breath" donnerte volles Rohr aus den Boxen. Wie Rübezahl vermaß Anderson die Auftrittsfläche, rollte mit den Augen und verzauberte die Fans von neuem mit seinem starken Flötenspiel. Als er begann, riesige Luftballons in die Menge zu treiben, hatte er endgültig gewonnen. So endete die Übertragung mit dem Instrumental "Dambusters March", bei dem Martin Barre ein weiteres Mal im Mittelpunkt stehen durfte.
Die DVD besticht durch perfekte Kameraführung, die das Geschehen auf der Bühne sehr gut einfängt, sich aber logischerweise auf den Bandleader und sein Treiben konzentriert. Dazu verfügt sie über einen hervorragenden Sound, der natürlich bei den restlichen Songs, die nur als Tondokument vorliegen, vorhanden ist.
Auch die CD ist vom Klang her ein richtiger Genuss. Glasklar kommen vor allem die Akustik-Teile rüber, sodass ein Anhören über Kopfhörer besonders zu empfehlen ist.
Mit etwas Wehmut habe ich mir diesen Konzertmitschnitt angesehen, denn damals waren die Auftritte von Jethro Tull noch wirkliche Rockkonzerte. Obwohl die Band auch heute noch eine musikalische Extraklasse besitzt, sind die aktuellen Shows aufgrund von durchgehenden Stuhlreihen quer durch die Hallen leider nicht mehr so stimmungsvoll wie vor gut dreißig Jahren. Na ja, auch ein Herr Anderson mag es inzwischen wahrscheinlich etwas ruhiger und gesitteter…!
Line-up:
Ian Anderson (vocals, flute, acoustic guitar)
Martin Barre (electric guitar)
John Evan (piano, organ, synthesizers)
Barriemore Barlow (drums, glockenspiel)
David Palmer (portative pipe organ, synthesisers)
Tony Williams (bass)
Tracklist
CD:
01:Sweet Dream
02:One Brown Mouse
03:Heavy Horses
04:Thick As A Brick
05:No Lullaby
06:Songs From The Wood
07:Quatrain
08:Aqualung
09:Locomotive Breath
10:Too Old To Rock'n'Roll Too Young To Die
11:My God/Cross-Eyed Mary
DVD:
Start Of Concert Recording (Audio Only)
01:Sweet Dream
02:One Brown Mouse
03:Heavy Horses

Start Of Broadcast-Video
04:Opening
05:Thick As A Brick
06:No Lullaby (incl. flute solo)
07:Songs From The Wood
08:Band Intro
09:Quatrain
10:Aqualung
11:Locomotive Breath (incl. Dambusters March)

End Of Broadcast-Video (during Locomotive Breath)
12:Too Old To Rock'n'Roll Too Young To Die
13:My God/Cross-Eyed Mary

Encore
14:Locomotive Breath (incl. Dambusters March)
Externe Links: