John 5 / Requiem
Requiem Spielzeit: 43:00
Medium: CD
Label: Mascot Records, 2008
Stil: Rock, Metal, Alternative, Instrumental, Experimental

Review vom 05.07.2008


Moritz Alves
Vielen dürfte der Gitarrist John 5 noch aus seiner Zeit bei Skandalrocker Marilyn Manson bekannt sein, wo er von 1998 bis 2004 die sechs Saiten quälte. Aber auch mit anderen großen Namen hat sich der Virtuose schon blicken lassen:
Rob Halford, Paul Stanley, David Lee Roth und Rob Zombie griffen alle auf seine Fähigkeiten zurück. In der jüngeren Vergangenheit hat der Mann außerdem mit den Scorpions, Meat Loaf und Lynyrd Skynyrd gearbeitet.
Bei einer solch illustren Karriere verwundert es, dass John 5 offenbar noch genügend Zeit findet, ausgiebig auf Solopfaden zu wandeln. Denn dass der Amerikaner offenbar mit seiner Gitarre verheiratet ist, zeigt sein neuestes Opus "Requiem" - bereits die fünfte Veröffentlichung unter eigenem Namen. Genau diese Scheibe ist es auch, die mir nun zum Review vorliegt.
Nach mehrmaligem Hören stelle ich erleichtert fest, dass "Requiem" einerseits natürlich ein reines Gitarrenalbum ist, aber andererseits weit davon entfernt, in irgendwelche seelenlos-technischen Frickelsphären abzudriften. Bei aller technischen Finesse scheint John 5 nämlich niemals so etwas wie Songstrukturen zu vernachlässigen, was ihm hoch angerechnet werden muss. Denn weil mir Feeling immer schon sehr viel wichtiger war als Technik, bin ich eigentlich kein großer Freund von Instrumentalalben irgendwelcher Gitarrenhelden. "Requiem" stellt da aber glücklicherweise eine Ausnahme dar, auch wenn mich die Scheibe nicht total vom Hocker haut - dafür fehlt mir dann doch zu sehr der Gesang und dafür ist es mir auf lange Sicht doch etwas zu viel Gegniedel.
Es sind also die vorhandenen Songstrukturen, die diese Scheibe zu einem Hörgenuss auch für Leute wie mich machen. Die Stücke ufern nicht aus, sind nicht mit immer neuen Thematiken und Arrangements überladen, sondern prinzipiell recht kompakt gehalten. Das Frickeln hält sich im überschaubaren Rahmen. Größtenteils werden einfach schöne Melodien über die Gitarrenriffs gelegt, die den Songs schon fast Hymnencharakter verleihen.
Unterm Strich ist "Requiem" ein Metal-Album geworden. Bei der musikalischen Vergangenheit des Protagonisten aber irgendwie auch kein Wunder, oder? Soll heißen, fette Gitarrenriffs finden sich zuhauf, genau wie furioses Solo-Spiel und ausdrucksstarkes Trommeln. Erfreulich ist dabei, dass einige Songs, z.B. der Titeltrack, gänzlich ohne echte Leadgitarren auskommen. Außerdem wartet das Album mit verschiedenen Stimmungen auf, die über die gesamte Spielzeit verteilt sind, so dass einem beim Hören nicht langweilig wird. 'Schuld' daran sind natürlich wieder einmal die vorhandenen Songs und die organische Struktur. Teilweise erinnern die Stücke natürlich an gnadenloses Metal-Geschrubbe. Daran kommt man auch bei John 5 nicht vorbei. An anderen Stellen driftet John 5 in sphärische Gefilde, was die Musik sogar als PC-Spiel-Soundtrack tauglich macht. Zwischendrin gibt es immer mal wieder kleine Passagen, die von klassischen Gitarrenklängen bestritten werden.
Um noch mal auf das Schlagzeugspiel zurück zu kommen: Daran zeigt sich, dass andere Instrumente auf "Requiem" gottlob nicht einfach in den Hintergrund treten, wie das leider nur allzu häufig bei Soloalben von Gitarrenhelden der Fall ist. Ganz im Gegenteil: Mit Tommy Clufetos hat John 5 ein Drum-Tier engagiert, das den Songs genau das gibt, was sie brauchen. Energie pur! Hier werden Felle gegerbt, dass es eine echte Freude ist! Die Drums werden deshalb keineswegs zum schnöden Begleitinstrument degradiert, was in diesem Fall wirklich schade gewesen wäre.
Fazit: Wer bisher immer einen großen Bogen um Instrumentalalben von Gitarrenvirtuosen gemacht hat, der sollte sich überlegen, mit John 5s "Requiem" vielleicht noch mal einen zaghaften Versuch zu starten - es könnte sich auszahlen. Tracks wie das eröffnende Trio "Sounds Of Impalement", "Heretic's Fork" und "Noisemaker's Fife" sind nämlich kleine Meisterwerke der modernen Gitarrenkunst, die man sich ruhig mal zu Gemüte führen darf. Wer mit harter Rockgitarre aber rein gar nichts anfangen kann, bleibt, was Instrumentalalben angeht, besser bei Al Di Meola, Paco De Lucia und Konsorten.
Line-up:
John 5 (all guitars, bass, banjo)
Tommy Clufetos (drums)
Tracklist
01:Sounds Of Impalement (4:17)
02:Heretic's Fork (3:51)
03:Noisemaker's Fife (5:23)
04:Pity Belt (1:36)
05:Cleansing The Soul (5:40)
06:The Judas Cradle (4:25)
07:Pear Of Anquish (1:01)
08:The Lead Sprinkler (5:35)
09:Scavenger's Daughter (6:46)
10:Requiem (4:26)
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