Junior Wells / Live In Boston 1966
Live In Boston 1966 Spielzeit: 65:42
Medium: CD
Label: Delmark Records, 2010
Stil: Blues


Review vom 12.04.2011


Jürgen Bauerochse
Nachdem ich meinen Beitrag zum Adventskalender 2010 abgeschlossen hatte, der in diesem Jahr aus dem Klassiker Live At Theresa's von Junior Wells bestand, da flatterte mir bereits Nachschub von Delmark Records aus Chicago auf den Tisch, der ideal dazu passte. Diesmal war es eine Live-Scheibe aus dem Jahr 1966, die der 1998 verstorbene Bluesmann im Cambridge Club 47 mit seiner Band mitgeschnitten hatte. Das Konzert fand am 16. September statt und läuft unter dem Namen "Live In Boston 1966". Keine Ahnung, ob Boston und Cambridge irgendetwas miteinander zu tun haben, aber das ist auch gar nicht so wichtig für dieses Review.
Viel wichtiger ist die Tatsache, dass Junior Wells hier tatsächlich mit den Brüdern Myers und Fred Below, also den Original Aces, zusammen auf der Bühne stand, mit denen er im Jahr 1950 seine eigentliche Karriere begann. Jene Band also, die nach Juniors Wechsel zu Muddy Waters komplett zu Little Walter Jacobs wechselte und mit ihm weitere Erfolge verbuchen konnte.
Und dass diese vier Musiker perfekt harmonierten, das ist bei jedem einzelnen Titel heraus zu hören. Allein die unglaublich innovative Schlagzeugarbeit von Fred Below bei "Junior's Whoop", gepaart mit dem starken Gitarrensolo Louis Myers' belegen das fast blinde Verständnis der Gruppe untereinander. Fast acht Minuten lang wird hier der Blues voller Leben zelebriert, dass es eine Freude ist.
Ein weiteres Highlight des Albums ist der Jimmy Rodgers-Song "That's All Right", der in einer extrem verschleppten Version zu hören ist und dabei deutlich macht, wie viel Feeling für den 12-Takter in diesen vier Musikern steckt.
Die einzige Überschneidung zu dem Livemitschnitt im Theresa's ist "Messin' With The Kid" aus der Feder von Mel London, das auch hier kurz und knackig in gut zwei Minuten abgehandelt wird. Ganz anders läuft es dann wieder bei dem Instrumentaltitel "Hideaway", wo jedem Bandmitglied reichlich Zeit zum Improvisieren eingeräumt wird. Ein weiterer Hinhörer dieses Albums!
Genau wie "Got My Mojo Workin'", den für mich stärksten Song dieses Auftritts. Die ersten drei Minuten vergehen noch ohne Vocals, dafür aber mit einem wahren Feuerwerk an der Schießbude und einer ganz starken Gitarre. Dieses Zusammenspiel könnte ich mir stundenlang anhören. Nach dem sich ja bekannterweise oftmals wiederholenden Refrain gesellt sich schließlich die Harmonika dazu und beendet dieses Stück mit voller Power.
Ansonsten bleibt festzustellen, dass Junior Wells seine Gigs auch in den sechziger Jahren immer mit extrem hohem Kontakt zum Publikum absolvierte. Auch auf diesem Mitschnitt sind wieder Teile der Kommunikation zwischen den Zuhörern und der Labertasche auf der Bühne enthalten, die die herzliche Atmosphäre bei diesem Gig sehr gut rüber zu bringen.
Einige Abstriche muss der Hörer beim Sound des Silberlings machen, der bei einigen Passagen doch etwas verzerrt klingt, aber dennoch im Großen und Ganzen okay ist. Trotz dieses kleinen Makels sind die inzwischen fünfundvierzig Jahre alten Aufnahmen ein wichtiger Baustein in der Geschichte der Bluesmusik und zeigen das ganze Können dieser vier Musiker, die vor über sechzig Jahren ihre Karriere begannen und über mehrere Jahrzehnte zur Crème de la Crème unter den Künstlern dieser Musikrichtung zählten.
Line-up:
Junior Wells (vocals, harmonica)
Louis Myers (guitar)
Dave Myers (bass)
Fred Below (drums)
Tracklist
01:Feelin' Good (4:24)
02:Man Downstairs (3:08)
03:Talk
04:Worried Life Blues (4:57)
05:Talk
06:Junior's Whoop (7:40)
07:That's All Right (3:18)
08:Talk
09:Look On Yonder's Wall (2:50)
10:Talk
11:Messin' With The Kid (2:24)
12:Talk
13:Hideaway (7:05)
14:If You Gonna Leave Me (4:25)
15:Talk
16:I Don't Know (5:05)
17:Talk
18:Got My Mojo Workin' (6:51)
19:Theme
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