Brian Kramer & The Nights Of Blue-topia
Live At Club Stampen
Live At Club Stampen Spielzeit: 64:37
Medium: CD
Label: BKB Music, 2008
Stil: Blues

Review vom 03.01.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Ein Amerikaner in Schweden.
Der Gitarrist und Sänger Brian Kramer, aus Brooklyn stammend, hat schon seit einigen Jahren in Schwedens Hauptstadt eine zweite Heimat gefunden.
Viele Blueser begegneten ihm bereits auf seinem Karriere-Weg. Besonders intensiv gestaltete sich über die Jahre die Zusammenarbeit mit Eric Bibb.
Auch als Produzent machte sich Kramer einen Namen und saß nicht nur bei Eric's Bluesband an den Reglern.
Seit mehr als zehn Jahren tritt er einmal wöchentlich im angesagten Stockholmer Club Stampen auf und was liegt da näher, als in seinem musikalischen Wohnzimmer eine Live-CD aufzunehmen.
Zu diesem Vergnügen gehören dann natürlich auch einige Gäste, die neben seiner Begleitband, den Couch Lizards, in die Saiten greifen, diese mit einem Bogen in Schwingungen versetzen oder diverse perkussive Instrumente bedienen.
Aus Amerika kamen der Mandolinen-Spieler Bert Deivert und der angesagte Williams Cumberbache (percussion). Landsmann Chuck Anthony (Gitarre) lebt mittlerweile seit 1988 in Schweden.
Warum nicht: Kramer hat für jeden Track einen kleinen Kommentar parat, die auch zitierenswert sind: Zu "Just Sittin' Here Thinkin'" schreibt er im Booklet: »Lightnin' Hopkins, who I got to shake hands with and hear live 1981 is one of my earliest inspirations. This is my tribute…«
Mit einer richtig selbstbewußten Adaption des Hopkins-Originals geht es schon einmal sehr gut los. Die Hintermannschaft, für die erste Hälfte des Track zunächst vertreten durch den Bassisten, spielt einen tighten und dennoch lockeren Groove und dem ersten Gast lässt der Protagonist direkt den Freiraum für ein Solo. Dieser Deivert ist ein verdammt Guter an seinem Instrument und schon durch die ersten Töne aus der Harp darf man gespannt darauf sein, was Mats Qwarfordt noch so drauf hat. Auch der Piano-Mann schürt die Hoffnung auf weitere klasse Beiträge.
Schwups, ist der Track bereits vorbei und durch die Ausblendung wird deutlich, dass wir keinen Gig-Mitschnitt am Stück hören werden. Dennoch bringt der Opener das Blues-Adrenalin bestens ans Köcheln.
»From my first recording in 1989, still with me after all these years«.
Die Rede ist von "Win Or Lose" aus seinem gleichnamigen Album, das er mit Junior Wells einspielte. Kramers Komposition bringt Chuck Anthony sowie Williams Cumberbache auf den Plan. Zunächst bestätigen sich die anfänglichen 'Befürchtungen', dass Mike Haglund ein wirklich versierter Mann an den Tasten ist. Seine Beiträge gefallen im Gemenge der vielen Musiker auf der Bühne und mit seinem Piano-Solo meldet sich auch der Perkussionist zu Wort. Das kontrapunktierende Anthony-Gitarren-Spiel, vom Wah Wah-Pedal verschärft, zu Kramers Akustischen ist ein Hinhörer und sorgt für Spannung.
Mann, Kramer ist ja ein echter Team-Player und nicht der im Zentrum stehende Musiker, wie man hätte annehmen können. "Pause" erhitzt das Blues-Adrenalin weiter, nicht, weil es unbedingt eine der flotteren Nummern ist, sondern weil Qwarfordt und danach abermals Haglund sehr gut auftrumpfen und der Anthony ein leicht jazzig angehauchtes Solo auf einer Halbakustischen hinlegt, das zum Zunge schnalzen ist. Kramer hat den Anteil von Rauch in seiner Stimme, der nötig ist, um sie zu einer richtig bluesigen werden zu lassen.
»… Well, we all do sometimes…«
Ohne Gäste geht es mit "I Get It Wrong", anfänglich in flüchtigem, dann verschärfem Reggae-Rhythmus weiter. Haglund wechselt zu den Keyboards und… immer noch kein ausgiebiges Solo des Protagonisten, dafür vom Tastenmann.
In "Everything Is Headed Somewhere" geht es auf den Feldweg ins Country und nun fingerpickt Kramer den Auftakt zu gut viereinhalb Minuten weiterer sehr guter Unterhaltung. Die Violine von Julius Kramer passt hier natürlich wie die Forke zum Heu. Cumberbaches Percussions beschränken sich nicht ausschließlich auf die Handtrommeln. Er hat allerlei andere Klein-Instrumente, um die Tracks, in denen er beteiligt ist, zu ergänzen.
Chuck Anthony ist ein echter Experte in der Wah Wah-Klasse und abermals passt die Instrumentierung mit Violine sowie Mandoline zu dem rockenden Track in Singer/Songwriter-Manier, der den Titel "Spirit Of Washington Square" trägt.
Das 12-Takter-Adrenalin wird ganz heiß, wenn "Cypress Grove" vom Delta-Blueser Skip James dran ist. Bis auf Julius Kramer haben alle anderen für diesen Track eine Fahrkarte eingelöst und sehr gut ist, dass Brian gar nicht erst versucht in die Höhen der James-Falsettstimme zu kommen. Und jetzt slidet der in Schweden wohnende Amerikaner, so als hätte er nur auf diesen Song gewartet. Ganz stark, sein Bottleneck-Einsatz. Und mit fast dreizehn Minuten ist hier mächtig viel los. Die Nummer ist nicht nur Kernstück der CD, sondern auch ein Aushängeschild der Platte.
Genauso geht es mit "Say Goodbye To B'klyn" weiter. Blues mit Gil Scott-Heron-Flair… Ein nicht enden wollender Groove und eine Hommage an den Ort, wo der Protagonist aufwuchs.
Brain Kramer in der Rolle des Kosmopoliten: Mit seinem ruhig shuffelnden "Cross Boundaries" tritt er dafür ein, dass es über die emotionalen Musik-Empfindungen hinaus keine Grenzen in der Welt gibt.
Da ja so einige Musiker auf der Club Stampen-Bühne stehen, dauert die Vorstellung schon so seine eineinhalb Minuten, mit improvisierendem Gespiele unterlegt und nach eine paar Sekunden Pause weiß man schon bei den ersten Riffs… "Should I Stay Or Should I Go" von den Clash. Klasse!
Nicht nur dazu klatschen wir Beifall. Die gesamte CD ist toll und darf als Kaufempfehlung an die RockTimes-Leser weiter gegeben werden.
Line-up:
Brian Kramer (vocals, acoustic guitar, slide guitar, tremolo guitar)
Mats Qwarfordt (harmonica, kalimba, vocals)
'Iron Hand' Mike Haglundt (piano, keyboards)
Marcelo Nunez (drums)
Peter Freij (acoustic bass, electric bass)

Special Guests:
Chuck Anthony (electric guitar)
Bert Deivert (mandolins)
Julius Kramer (violin)
Williams Cumberbache (percussion)
Tracklist
01:Just Sittin' Here Thinkin' (7:17)
02:Win Or Lose (5:53)
03:Pause (5:39)
04:I Got It Wrong (4:40)
05:Everything Is Headed Somewhere (4:36)
06:Spirit Of Washington Square (5:17)
07:Cypress Grove (12:53)
08:Say Goodbye To B'klyn (8:22)
09:Cross Bounderies (6:47)
10:Introducing The Nights Of Blue-topia (2:13)
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