Joachim Kühn / I'm Not Dreaming & Dynamics
Collectors Premium Serie
I'm Not Dreaming & Dynamics Spielzeit: 44:42 (CD 1), 55:45 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: MiG Music (CMP), 2014 (1983, 1990)
Stil: Avantgarde/Jazz


Review vom 08.02.2015


Wolfgang Giese
Der am 15. März 1944 in Leipzig geborene Pianist Joachim Kühn gilt als einer der einflussreichsten deutschen Jazzmusiker. Ausgebildet als klassischer Pianist, begann er zusammen mit seinem älteren Bruder, Rolf Kühn, verstärkt in den Jazz einzusteigen. 1966 erfolgte seinerzeit die Übersiedelung in die BRD. Aufenthalte in Paris und Kalifornien, Berührungen mit dem Free Jazz prägten seine weitere Laufbahn, bis dann die Phase des Jazz Rocks startete.
So habe ich seine Musik eigentlich erst 1975 kennengelernt, als er auf dem MPS-Label die hervorragende Platte "Hip Elegy" veröffentlichte, eingespielt mit Terumasa Hino, Philip Catherine, John Lee, Naná Vasconcelos und Alphonse Mouzon. Später wechselte er das Label und auf CMP erschienen die hier versammelten beiden Platten, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Walter Quintus. Remastert und mit neuen Liner Notes sind diese zwei Alben des deutschen Jazzpianisten wiederveröffentlicht worden. Die Platte "I'm Not Dreaming" stammt aus dem Jahr 1983 und das völlig solo auf dem Piano eingespielte "Dynamics" aus dem Jahr 1990.
Beides sind keine typischen Jazzplatten. Das perlende Piano paart sich auf "I'm Not Dreaming" mit den Klängen von Cello, Posaune und Saxofon. Doch nicht in üblicher Manier, sondern zum die Atmosphäre jeweils bestimmenden Piano werden immer wieder ungewöhnliche, teils recht schräg klingende Strukturen hinzugefügt, die zum Beispiel bei "Happy Birthday" für Klänge aus dem Bereich der Avantgarde stehen. Jazz ist es eigentlich hier nicht unbedingt... ja, es dürfte in der Tat schon recht schräg für einige Ohren klingen.
Mit rasend schnellen Pianoläufen brilliert Joachim Kuehn beim Opener der ersten Platte, "Bechstein", und das avantgardistisch anmutende "Hands" öffnet wiederum andere Türen. Und so treffen hier die mannigfaltigen Einflüsse aus Jazz (auch jenem der freieren Spielart) aufeinander, Elemente der Kammermusik, Avantgarde, zusammengemengt zu einer teils unruhigen Atmosphäre mit atonalen Anklängen. Diese Musik ist insofern nicht so einfach zu konsumieren und erfordert konzentriertes Zuhören.
Wesentlich komprimierter wird es auf der zweiten Platte, wenn das Hauptaugenmerk auf allein das Piano gelenkt wird. Der Name des Musikers und der Titel der Platte sind hier Programm, denn kühn und dynamisch schreitet es voran, wenngleich mit dem Eröffnungstitel von Eric Dolphy eher süße und zarte Klänge angeschlagen werden. Einen der Höhepunkte wahrer Klangkaskaden finden wir beim Titelsong und auch auf "Prince Of Whales". Hier schwellen die Klangfolgen ekstatisch an, werden zurückgenommen und scheinen zu explodieren.
Auf diesen beiden Platten wird demonstriert, wie weit Kühn jeweils über den Tellerrand geschaut hat, präsentiert der Künstler doch einen reichen Kosmos eigenständiger Kreationen.
Line-up:
Joachim Kühn (piano)
Ottomar Borwitzky (cello - CD1)
George Lewis (trombone - CD1)
Mark Nauseef (piccolo & tenor, drums & percussion - CD 1)
Herbert Försch (drums & percussion, organ pipes, tri-cello - CD 1)
Tracklist
CD 1:
01:Bechstein [Kühn] (2:27)
02:Heavy Birthday [Kühn] (10:14)
03:Hands [Kühn] (4:01)
04:I'm Not Dreaming [Kühn] (5.58)
05:Dark [Kühn] (1:50)
06:Expect Anything [Kühn] (7:37)
07:Schloss Bredeneek [Kühn] (12:15)
CD 2:
01:Something Sweet, Something Tender [Dolphy] (4:21)
02:Bank Of Memory [Kühn] (15:08)
03:Chemin de la Source [Kühn] (4:54)
04:Dynamics [Kühn] (10:08)
05:Prince Of Whales [Kühn] (6:11)
06:Tender Mercies [Liebman] (4:52)
07:I Don't Want To Know [Kühn] (10:11)
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