John Kay / Heretics & Privateers
Heretics & Privateers
Steppenwolfs Stimme mit einem Solo-Album, nicht mehr ganz so frisch, aber allemal wert ins Gedächtnis zurück gerufen zu werden.
John Kay, der Mann wandelt auf Blues-Pfaden und das mit Erfolg…
Richtig heftig bluesrockendes ist auf "Heretics & Privateers" nicht zu finden. Dennoch gehen manche Songs gut nach vorne ab.
So z.B. "Ain't That A Shame" mit Steve Cropper an der Gitarre - eine saustarke Nummer, die da abgeliefert wird.
Kay selbst spielt sowohl akustische als auch elektrische Gitarren oder die Resonatorgitarre auf allen Songs.
"Dodging Bullets" spielt John Kay zusammen mit Glenn Worf (upright bass) und Jimmy Hall (ex-Wet Willie) an der Harp. Ein akustischer Delta-Blues, der jede Menge Feeling transportiert. Auch hier zeigt sich, dass Kays Stimme perfekt ins Bluesschema passt.
Da schließt sich gleich mal "The Back Page", Kay solo an.
Inhaltlich werden die Personen geehrt, die ihre Herzlichkeit und Selbstlosigkeit in ihrem täglichen Handeln zeigen.
Michael Wilk bedient auf "Sleep With One Eye Open" einen bundlosen Bass und verzaubert den Track mit einem Tieftönersound der besonderen Art. Ab und an rasselt ein taktgebendes Tamburin und Kay bedient wieder mal die akustische Gitarre.
Emontionaler Kay-Gesang umreißt das Thema der sozialen Ungerechtigkeit mit manchmal gewalttätigen Dimensionen.
Mit "For The Woman In My Life" komme ich zu einer Ausnahme auf "Heretics & Privateers".
Dieser Song ist mir dann doch zu pop-lastig. Überzuckerte Gitarren, ein Refrain weit entfernt von etwas Rootsigem, kommen, obwohl textlich wieder auf den Punkt gebracht, mit einigen Verdauungsbeschwerden daher.
Weil dieser Track die musikalische Ausnahme auf der Disc bleibt, gibt es dafür keinen Punktabzug in der künstlerischen Note.
Einer der Stücke, wieder mit nachdenklich machendem Text, der mit der Band The Bluebloods eingespielt wurde, ist "Endless Commercials". Ein tighter Song, der Medienmanipulation und Konsumhaltung beinhaltet, mit feiner Slidegitarre von Mike Henderson.
Unter den Musikern finden sich auch einige aus dem Steppenwolf-Zirkel:
Auf "I Will Not Be Denied" spielt Larry Byrom, von 1968 bis 1972 bei Steppenwolf, Gitarre. Aus Byroms Feder stammt Steppenwolfs "Hey Lawdy Mama" und er ist u.a. verantwortlich für "Monster".
Darüber hinaus auch Danny Johnson (guitar auf vier Tracks), bereits genannter Michael Wilk und Ron Hurst (drums), der "Don't Waste My Time" mit einem originellen Rhythmus unterlegt. John Kays Text ist hier eher geprägt von bissigem Humor, wenn es darum geht aufzulisten, wie viel Zeit man mit Warten verbringt. Ha, habe ich auch mal für 3 Wochen oder so gemacht…frustrierend.
Und am Ende stellt Kay fest, wie lange man noch auf ehrliche Antworten von Politikern und der Justiz warten muss.
Michael Wilk und George Massenburg (Littel Feat / Etta James / Linda Ronstadt) haben produziert und dem Album einen kompakten und (wo nötig) glasklaren Sound verpasst.
Die Aussagen, die John Kay auf "Heretics & Privateers" trifft, sind weit entfernt von Statements eines verwöhnten Rockstars. Mitnichten, hier beobachtet jemand messerscharf und bringt es (auch musikalisch) zu Gehör.
So ist es die CD wert, entweder ins Gedächtnis zurück gerufen zu werden oder für die, die "Heretics & Privateers" noch nicht besitzen, neugierig auf einen Steppenwolf der etwas anderen Art gemacht zu haben.


Spielzeit: 49:44, Medium: CD, Crosscut Records, 2000
1:Heretics & Privateers (4:46) 2:Don't Waste My Time (3:16) 3:Ain't That A Shame (4:05) 4:Dodhing Bullets (4:48) 5:She's Got The Goods (4:17) 6:For The Woman In My Life (4:30) 7:To Be Alive (4:39) 8:I Will Not Be Denied (3:46) 9:Endless Commercial (3:33) 10:The Ice Age (4:09) 11:Sleep With One Eye Open (4:20) 12:The Back Page (3:25)
Joachim P. Brookes, 30.04.2006