Kansas / Leftoverture
Leftoverture Spielzeit: 20:56 (Seite A), 23:21 (Seite B)
Medium: LP
Label: Music On Vinyl (Sony), 2014 (1976)
Stil: Progressive Rock


Review vom 16.12.2014


Steve Braun
Nicht wenige Stimmen erheben Kansas' viertes Studioalbum "Leftoverture" zum besten Output der Band - völlig unrecht haben sie nicht, "Belexes" und "Lamplight Symphony" hin - "Icarus" oder "Closet Chronicles" her. Kommerziell bedeutete es den Durchbruch für Kansas, was in erster Linie am ersten Superhit ("Carry On Wayward Son") lag und wurde nur noch von "Point Of Know Return" übertroffen, was wiederum ein weiterer Herzensbrecher verursachte: "Dust In the Wind".
"Leftoverture" setzt nahtlos am Vorgänger "Masque" an, denn das eröffnende "Carry On Wayward Son" schrieb Kerry Livgren als Fortsetzung des dort abschließenden "The Pinnacle". Die treibend-eingängige Nummer wurde - in leicht gekürzter Form - Kansas' erster großer Hit, gipfelte auf Platz elf der Billboard Hot 100 und wurde dahingehend - bis dato - nur noch vom Evergreen "Dust In The Wind" überflügelt. Die zweite ausgekoppelte Single, das eher blasse "What's On My Mind", trat dagegen in die Fußstapfen von "Song For America" und floppte gnadenlos, ohne allerdings das Qualitätsniveau des letztgenannten auch nur annähernd zu touchieren. Für mich die schwächste Nummer von "Leftoverture", aber was will das angesichts dieses Klassikers schon heißen? Die meisten Bands dürften sich glücklich schätzen, wenn sie einmal in ihrer Karriere einen Song von diesem Format abgeliefert hätten.
Aber abgesehen von Hit oder Flop, Kansas' Stärken manifestieren sich wieder einmal in den episch-sinfonischen Werken. "Miracles Of Nowhere" drängt sich hier in den Fokus, nicht nur wegen des bärenstarken Duettgesangs zwischen Walsh und Steinhardt, sondern vor allem wegen der 'Verfolgungsjagd' sämtlicher Keyboards (zweimal Hammond, Piano, Clavinet und Synthesizer) in einem aberwitzigen Mittelteil. "Cheyenne Anthem" ist das zweite Stück dieser sinfonischen Kategorie, einem Stamm der vielen Ureinwohner der Great Plains gewidmet. Hier streifen vor allem die Themen von Livgrens Synthesizern und Steinhardts Violine mehrmals die Grenzen zur Klassischen Musik. Für meinen Geschmack sind dies die beiden besten Kompositionen aus Kerry Livgrens alleiniger Feder!
Lupenreinen Progressive Rock der 24-Karat-Kategorie stellt die sechsteilige Suite "Magnum Opus" dar. Abwechselnd besinnlich-anrührend und halsbrecherisch wild, langsam aufgebaute Spannung, die sich in manchem abgedreht-schrägen Gewitter entlädt - die fünf Musiker ziehen hier alle Register ihrer außergewöhnlich virtuosen Musikalität.
Über all dieser Extraklasse thront majestätisch "The Wall" - hochdramatische, vom Schicksal bedeutungsvoll geschwängerte Melodien auf verspielt gewebten Teppichen aus Orgel-, Vibraphon- und Pianoläufen. Eine vielleicht etwas unter Wert gehandelte Nummer, die wohl kaum jemanden spontan einfällt, wenn man nach den größten Kansas-Nummern befragt wird, leider...
Das mit schönen Satzgesängen gekrönte "Opus Insert" und das tollkühn-verwegene "Questions Of My Childhood" (das für meinen Geschmack wegen der eingängigeren Hooks besser als zweite Single geeignet gewesen wäre) runden einen wahren Klassiker der Musikhistorie mustergültig ab.
Diese neue Vinyl-Edition kommt in der üblichen, klanglich hochwertigen 180g-Gewichtsklasse daher, allerdings ohne Gimmicks wie farbigem Vinyl. Das Cover zählt für mich zu den schönsten der Rockhistorie und präsentiert sich im Großformat natürlich ungleich eindrucksvoller als ein CD-Artwork.
"Leftoverture", "Point Of Know Return", "Song For America" - so sieht mein 'Stockerl' von Kansas aus, außer Konkurrenz: "Two For The Show". Jede für sich eine Götterscheibe, die jeder Rockliebhaber unbedingt sein Eigen nennen MUSS!! Auf Vinyl natürlich, aber CD geht zur Not auch...
Line-up:
Steve Walsh (lead vocals, organ, piano, additional synthesizers, vibraphones)
Robby Steinhardt (violin, viola, backing vocals, lead vocals - #A4,B3)
Kerry Livgren (electric guitars, Moog-, Oberheim-, ARP synthesizers, piano, clavinet)
Rich Williams (electric and acoustic guitars)
Dave Hope (bass)
Phil Ehart (drums and percussion)
Tracklist
Seite A:
01:Carry On Wayward Son (5:13)
02:The Wall (4:47)
03:What's On My Mind (4:27)
04:Miracles Out Of Nowhere (6:29)

Seite B:
01:Opus Insert (4:26)
02:Questions Of My Childhood (3:38)
03:Cheyenne Anthem (6:50)
04:Magnum Opus (8:27)
 A:Father Padilla Meets The Perfect Gnat
 B:Howling At The Moon
 C:Man Overboard
 D:Industry On Parade
 E:Release The Beavers
 F:Gnat Attack
Externe Links: