KISS
12.06.2013, Waldbühne, Berlin
Waldbühne KISS
Waldbühne, Berlin
12. Juni 2013
Konzertbericht
Stil: Hard Rock

Artikel vom 10.07.2013


Jochen v. Arnim
Es gibt Dinge im Leben eines Hard Rock-/Metal-Fans, die müssen einfach sein. Dazu gehört seit vielen Jahren das fast schon traditionelle Huldigen einiger Vertreter aus der Königsklasse der Unterhaltungsmusik. Sie nennen sich Starchild, Catman, Demon und Spaceman, sind als eben diese geschminkt und verkleidet und erfreuen seit exakt vierzig Jahren Heerscharen von pubertierenden Rock-Jüngern. Diesem Klischee mag man erliegen, wenn man sich der Thematik lediglich etwas oberflächlich nähert. Gene Simmons, Paul Stanley, Tommy Thayer und Eric Singer haben sich unbestritten einen Platz im Rock-Olymp erspielt und sind weltweit die absoluten Spitzenreiter in puncto Vermarktung ihrer Musik und aller Band-Devotionalien. Zugegeben, man mag ihrer Musik nicht unbedingt höchste Ansprüche zuschreiben können, aber dennoch macht es nach wie vor unheimlich Spaß, sich dem Bühnenprogramm der vier Jungs aus New York zu ergeben. Egal, ob es die
Sonic Boom Over Europe-, Alive 35-, oder Unmasked-Tour oder, oder, oder gewesen ist, da war Präsenzpflicht angesagt. Für die diesjährige Monster-Tour waren die Ziele allerdings recht hoch gesteckt, denn die Herren über Filmblut-Kapseln und Feuerwerk abschießende Gitarren hatten sich als einzige Spielstätte in unserem Land die Berliner Waldbühne ausgesucht. Der vollmundigen Aussage von vor vielen Monaten, selbstverständlich die schlappen 700 Kilometer auf mich zu nehmen, folgte eine lange Zeit des Schweigens. Bis meine Anwesenheit in Berlin quasi durch eine Fügung des Schicksals ohnehin notwendig wurde und somit meiner Premiere mit der Waldbühne nichts mehr im Wege stand.
'Volles Haus' war angesagt, der 'Lorenz' knallte noch vom Himmel und dem Rat meines geschätzten Kollegen Holger folgend, verweilte ich ein wenig auf der obersten Stufe des Amphitheaters, um diese schon recht beeindruckende Atmosphäre wirken zu lassen. Five Finger Death Punch als Support, nicht gerade mein Ding, aber das Set war kurz und knackig und es war auch schon vorbei, bevor ich es überhaupt so richtig habe wahrnehmen können. Schließlich galt es, die Versorgung mit flüssiger und fester Nahrung abzuchecken und einem der Merch-Stände einen Besuch abzustatten. Massig T-Shirts mit unterschiedlichsten Motiven waren im Angebot, aber der Eindruck bestätigte sich mal wieder, dass der VK diametral entgegengesetzt zum EK ist. Je billiger die Produktion (bei den Massen, die unsere Make-up-Artisten so umsetzen) desto mehr Geld wird den Fans aus der Tasche gezogen. Sei's drum, wird ja niemand gezwungen.
Ganz bewusst suchte ich mir ein Plätzchen im oberen Drittel, um die komplette Szenerie auch ordentlich aufsaugen zu können. Der obligatorische Vorhang mit den vier bekannten Lettern hing noch und um mich herum scharten sich hunderte von Fans gesetzten Alters - so viel zu pubertierenden Jüngern. Aber auch die nächste Generation war vertreten, zahlenmäßig zwar weit unterlegen, aber dennoch präsent - mit Schminke und allem Pipapo. Die ebenso obligatorische Ansage beendete dann das Harren: »You wanted the best, you got the best. The hottest band in the world, Kiss!« Der Vorhang fiel, Simmons, Thayer und Stanley standen vorn am Bühnenrand, während Trommler Singer sein Podest bereits in den Himmel gefahren hatte und man begann den fröhlichen Reigen mit "Psycho Circus". Neben dem Warmspielen der Instrumente wurde die ohnehin schon aufgeheizte Waldbühne zusätzlich temperiert, indem man direkt mal kräftig Feuer und Blitze aus den Kanonen schoss.
Spätestens beim darauffolgenden "Shout It Out Loud" sang die komplette Waldbühne mit und es gab im Verlauf des Abends nicht so richtig Zeit zum Verschnaufen. Das Berliner Publikum zollte Stanleys bedeutsamer Ansage, dass er ein Berliner sei, mächtig viel Applaus. Seine Mutter stamme schließlich aus dieser Stadt und deshalb dürfe er das sagen - es gab keinen Protest...
Ansonsten hämmerten die Vier einen Hit nach dem anderen raus, begleitet von der üblichen aber trotzdem immer wieder fein anzusehenden Licht- und Feuershow. Mit Wechseln zwischen neueren und älteren Stücken sorgte die Band dafür, dass keiner Altersgruppe im Publikum langweilig werden würde. Nicht, dass da auch nur ansatzweise die Gefahr bestanden hätte. Von "Hell Or Halleluja" über "War Machine" inkl. des feuerspuckenden Simmons bis hin zum alten Stampfer "Deuce" ging ungefähr die erste Hälfte der Show. Immer wieder gab es einige kleine Ansagen unserer Rampensau Stanley, untermalt von fleißigem Fratzenschneiden des Demon. Dessen Blutnummer zu "God Of Thunder" gab es natürlich mit genau der gleichen Vorhersehbarkeit wie Songs à la "Lick It Up" oder "Love Gun", die mit frenetischem Applaus abgefeiert wurden.
Paul Stanleys altes Spielchen, welche Hälfte des Publikums denn lauter jubeln konnte, schloss sich als fortwährender Dauerbrenner ebenfalls an, bevor "Rock And Roll All Nite" dann das Ende des Hauptsets einläutete. Klar, dass die Jungs dann noch einmal für eine ordentliche Zugabe zurück auf die Bühne kamen. Ein weiteres Set wurde uns beschert, bestehend aus natürlich "Detroit Rock City", "I Was Made For Loving You" und einem finalen "Black Diamond", das dann als "God Gave Rock'n'Roll To You II" endete und in das Abschlussfeuerwerk überging.
Außer zwei Plattformen, die an krakenähnlichen Auslegern über die ersten Reihen geschwenkt werden konnten, gab es keine weiteren artistischen Einlagen. Keine Spinne, keinen Simmons, der sich teleskopartig in den Himmel fahren lässt und auch keinen Stanley, der an der Seilbahn über das Publikum auf eine kleine Plattform schwebt. Die Vorrichtung war zwar da, jedoch schien es Bedenken gegeben zu haben. Trotzdem ist es immer wieder ein Erlebnis, sich mit schöner Regelmäßigkeit seine Jugend von diesen quasi 'unalterbaren' (zumindest unter der Schminke nicht erkennbar) Rockern wiederbringen zu lassen. Herzlichen Dank an das Concertbüro Zahlmann für die gute Zusammenarbeit - es war schön bei Euch in Berlin!
Aktuelles Line-up:
Paul Stanley (vocals, guitar)
Tommy Thayer (guitar, vocals)
Gene Simmons (bass, vocals)
Eric Singer (drums)
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