Kottarashky / Opa Hey!
Opa Hey! Spielzeit: 46:01
Medium: CD
Label: Asphalt Tango Records, 2009
Stil: Balkan, Electro, Ethno


Review vom 31.12.2009


Tom Machoy
"Opa Hey!" ist 'ne wirklich klasse Scheibe - wenn Ihr auf Ethno steht, auf Weltmusik, auf Klezmer, auf ein wenig Bass'n'Beat, auf Dub, auf Samples vom Rechner. Ich mag das, wusste zwar nicht genau, was mich bzgl. "Opa Hey!" erwartet, hab es aber nicht bereut!
Solche Musik aus Osteuropa gibt es unterdessen ja glücklicherweise des Öfteren zu hören, sei es z.B. aus Ungarn von Korai Oröm, aus Russland von Ole Lukkoye oder Volga, mal ganz abgesehen von anderen Musikrichtungen, die von Bands wie Seven That Spells (Kroatien), Bosch's Toboi (Bosch's With You, Russland), Omega (immer noch, Ungarn) bedient werden. Aber Bulgarien? Da fällt mir rein gar nichts ein. Folklore, Trachten, Volkstanz. Und umso mehr habe ich mich zu dieser CD gefreut.
Kottarashky hat Musik gesammelt, alles was sich im Lande abspielt, jede Richtung, die es hergibt. Und da kommen eine Menge verschiedenster Einflüsse zusammen, die er auf dem PC zusammengemixt hat und die diese feine Mischung großartig widerspiegeln. Mit dieser 'Sammlung' ist jedoch auch eine Art von Angst verbunden, Angst, dass all die Musikrichtungen, -stile, Traditionen der Balkanregion verloren gehen könnten. Vergessen im Zuge 'europäischer Globalisierung', die Bulgarien und besonders Sofia erfährt.
Kottarashky bedient sich beim digitalen Soundpuzzlen an Teilen aus Titeln mehr oder weniger uns bekannter Musiker, Boris Kovac, Les Yeux Noir, Fanfare Ciocarlia, Mitsou. Viele der zwölf Titel würden, ohne dass man weiß, woher sie kommen, sicher auch in Richtung Buena Vista Social Club eingeordnet werden können. Schon in "Chetiri" spüre ich das südländische Feeling, das sich größtenteils über die gesamte CD streckt - Violine, Akkordeon, Trompete. Bass und Gitarre haben einen unveränderlichen Grundrhythmus.
Er arbeitet mit vielen Soundschleifen und lässt zwischen den Titeln selten dieses mitschwingende, mitstampfende Gefühl abklingen. Hinzu kommen Sequenzen, die für mich nach Klezmermusik klingen, viel Klarinette, die an Zigeuner (Gypsy-)musik denken lassen, an eine Unbeschwertheit im Leben, die wir uns meistens schon nicht mal mehr vorstellen können. Diese Musiker sind uns damit weit voraus. (Erinnert mich an die Unbeschwertheit des Feierns im Kinofilm mit Prahl, "Du bist nicht allein".)
"Teoe" klingt sehr nach Orient, Percussion, Flöten, Tröten wie auf einem Basar. Ist ja auch von der Geographie her nicht von der Hand zu weisen - Balkanregion, dort, wo die Kontinente fast aufeinander stoßen, treffen sich natürlich Kulturen, Religionen, vermischen sich mehr oder weniger. Musikalisch ganz sicherlich, wie es hier zu hören ist. Wieder diese sich unterschwellig heranschleichenden Trompeten (südländisch), Gesänge unterschiedlichster Art, leicht einfließendes Klavier, Querflöte, Gitarre - "Mandra" hat all das zu bieten. Es klingt jazzig, es klingt schon verzaubernd, ich will nicht psychedelisch sagen, der Titel geht aber schon fast in Richtung Trance (wäre er denn länger). Diese Elemente schließen sich in "Long Song" ansatzlos an. Das dominierende Instrument ist hier auf dem Percussionteppich die Klarinette, die am Schluss von der Querflöte abgelöst wird.
In "Lele" bekomme ich das Gefühl, auf einem Fest zu sein, zu dem diese Kapelle spielt; Bläser jeder Art, dumpfe große Trommel, feierlich, anmutig, lustig, verspielt, traurig. Da finde sich noch einer zurecht. Durch diese akzentuierten Bläser- und Querflöteneinsätze denke ich an Jazz, die durch den oftmals verspielten Rhythmus dann mehr der Musik der Roma ähneln. Vielschichtiger eine Musikregion darzustellen, geht fast nicht.
Mein unbestrittenes Lieblingsstück ist "September": ruhig, verträumt, traurig - das könnte in einer Endlosschleife laufen. Schon fast bassig und beatig ist "Myanmar". Das schrabt nur so lang, vollgestopft mit Sequenzen. Und dabei wiederholt das Akkordeon den immer gleichen Takt, das Gleiche passiert mit den Stimmen. Gespickt mit Bläsereinsätzen, kurz und spritzig, gut gemischt. Wieder klingt die Gitarre südländisch oder nach Balkanregion, wer kann das noch unterscheiden? Es klingt aber immer besser: treibender Rhythmus, die Klarinette bestimmt die Musik, gestreuter Gesang, englischer Text (!) - "I Want You To Sleep". Percussion, Violine, die ziemlich kratzt, orientalischer Gesangs- und Instrumenteneinfluss; in "Bell" gibt Kottarashky nochmals das komplette Programm, gedubbt und zusammengewürfelt schnürt er ein Paket, in dem 'fetter' Sound steckt.
Hoffentlich gibt es aus dieser Region der Erde - Bulgarien - bald noch mehr zu hören. Diese Musik braucht sich nicht zu verstecken. Die Musik bringt ein Gefühl mit, das aus einer langen Tradition gewachsen ist. Und deshalb von mir: volle Punktzahl!
P.S.: Die Homepage lohnt sich anzusehen!!
Line-up:
Nikola Gruev (all sounds, samples)
Tracklist
01:Chetiri
02:Opa Hey!
03:Tempe
04:Teoe
05:Mandra
06:Long Song
07:Lele
08:Blatoto
09:September
10:Myanmar
11:I Want You To Sleep
12:Bell
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