Aaron Lewis / The Road
The Road Spielzeit: 41:40
Medium: CD
Label: Blaster Records, Warner Music Nashville 2013
Stil: Country

Review vom 20.01.2013


Daniel Daus
Eines der wenigen guten Dinge, die ich unserem bisherigen Forum abgewinnen kann, ist die damit verbundene Entdeckung von Aaron Lewis. Da hatte sich ein Leser über ein Review meines Kollegen Mike Kempf zu einem Live-Album der Post-Grunge Band Staind (mir bis dahin ebenso unbekannt wie ihm) doch böse beschwert, weil der gute Mike Lewis' Gesang doch ziemlich negativ bedacht hatte.
Ein weiterer Leser hatte dann einen sehr angenehmen Country-Clip des im Fokus stehenden Sängers als weiteren Beitrag zu diesem Thema hinzugefügt (danke dafür) und mich angesichts der tadellosen vokalen Leistung neugierig gemacht. Dieser Song, "Forever", stammt, wie die Recherche ergab, aus Aarons im letzten Jahr veröffentlichten Solo-Album "The Road". Glücklicherweise hat Bärchen Records die Scheibe auch noch in seinem Programm, sodass die Motivation zu einem Review noch weiter angefeuert war.
Jetzt liegt mir sein Werk vor und ich bin von diesem bis an den Hals tätowierten Redneck-Typen (so einen möchte man bei Handgreiflichkeiten sicher nicht auf der Gegenseite haben…) ziemlich positiv überrascht. Ich habe mir parallel natürlich auch diverse Beispielsongs von Staind mal angehört und kann zumindest in Ansätzen nachvollziehen, was der Kollege Kempf ausdrücken wollte.
Bei normalem Gesang finde ich die Stimme für die Art von Musik durchaus okay und würde sie irgendwo zwischen Metallicas James Hetfield und Nickelbacks Chad Kroeger ansiedeln (also alles andere als schlechte Referenzen), das zwischenzeitliche Gebrülle gehört zum Genre und Stil der Band vermutlich mit dazu, empfinde ich auch als weniger gelungen. Auf dem Country-Album meint man dann tatsächlich, ein ganz anderer Mensch stünde da hinterm Mikro. Als stimmliche Vergleichsgrößen fallen einem hier spontan eher Leute wie Charlie Daniels, Billy Ray Cyrus, Bobby Pinson oder Bill McCorvey (Pirates Of The Mississippi) ein.
Lediglich einmal, ganz kurz bei der schönen, ansonsten sehr melancholisch gehaltenen Ballade "Anywhere But Here", geht er im Staind-Stil (allerdings viel gemäßigter) aus sich heraus und lässt, so hat man den Eindruck, den im Text beschriebenen Frust lauthals heraus. Wirkt hier sogar richtig authentisch. Widersprechen muss ich dem Kollegen in meinem Gesamtfazit auf jeden Fall, dass dieser Mann eine stimmliche Fortbildung benötigt. All das bisher Formulierte weist eher auf eine recht hohe vokale Variabilität hin, und gerade für's Country-Parkett ist der Mann fast wie geschaffen.
Die Songs von "The Road" sind alle bis auf einen (nur das patriotische "Red White & Blue" stammt nicht von ihm - ist aber nicht der Skynyrd-Song) von Ihm selbst komponiert (übrigens ist Lewis als Songwriter auch schon Grammy-nominiert gewesen) und überwiegend sehr traditionell angesiedelt. Im Vergleich zum Rest ist lediglich die Single "Endless Summer" fast überschwänglich fröhlich gestaltet. Sie hat aufgrund ihrer eingängigen Art und dem schönen Refrain das Zeug zu einem New Country-Hit oder zumindest für gesteigerte Radio-Präsenz.
Ansonsten behandelt Aaron die typischen Country-Themen, wie die Straße, Erlebnisse aus dem Musikerleben, Einsamkeit, Trinken, verlorene Chancen, Probleme mit Frauen und sich selber, etc. Die Texte sind im eingesteckten Booklet des DigiPaks mitgeliefert. Und bei "Granddaddy's Gun" outet er sich beileibe nicht als potenzieller Unterstützer von Obamas Plänen, die Macht der Waffenlobby einzuschränken. So sind'se halt, die Amis - scheint irgendwie genetisch bei ihnen verankert zu sein - einfach unbelehrbar und bekloppt, was dieses Thema betrifft!
Ich bin zwar im Prinzip nicht der traditionelle Country-Typ, aber hier stimmt einfach das Gesamtpaket. Vor allem die beteiligten, durchgehend exzellenten Musiker, u. a. besonders zu erwähnen, Brent Mason an der Bariton-E-Gitarre, Ben Kitterman an der Dobro und Paul Franklin an der Steel-Gitarre zeigen bei glasklarer, moderner Produktion von Lewis und Veteran James Stroud (in den Achtzigern mal Mitglied der Marshall Tucker Band) ihr außergewöhnliches Können. Gerade Masons famoses Gitarrenspiel hat so etwas wie Lehrbuchcharakter. Wahnsinn, was der an Soli und Fill-Arbeit im Zusammenwirken mit Sol Littlefield leistet. Nicht zu vergessen nochmals Lewis' perfekt zu den Songs passende Stimme zu erwähnen - 1a!
Was seine Qualitäten im Country-Genre angeht, muss ich Aaron Lewis für "The Road" somit eine Meisterleistung attestieren. Nachschlag hier in jedem Fall erwünscht, weiter rumgegrowlt darf dann ruhig bei seinem Staind-Projekt werden - und alle sind glücklich…!
Tracklist
01:75
02:The Road
03:Endless Summer
04:Red, White & Blue
05:Lessons Learned
06:Forever
07:Granddaddy's Gun
08:State Lines
09:Anywhere But Here
10:Party In Hell
Externe Links: