Nachruf / Zum Tod von Alvin Lee
R.I.P.
Nachruf vom 08.03.2013


Jürgen Bauerochse
Alvin Lee (19.12.1944 - 06.03.2013)

Er war einer der ganz großen Helden meiner Jugendzeit in Sachen Rockmusik.
Noch heute sehe ich mich mit meinem damaligen Freundeskreis zusammen im Kino sitzen. Jeder von uns mit einem Woodstock-Stirnband geschmückt, und verzückt den rasend schnell gespielten Gitarrenläufen folgend, die die englische Top-Band Ten Years After auf der Bühne in Bethel von sich gab. An vorderster Front stand natürlich der Gitarrist und Sänger, der neben dieser unglaublichen Geschwindigkeit am Sechssaiter auch vollkommen weggetreten in seinem Song aufzugehen schien. So wie dieses schwitzende, röhrende und vor sich hinfauchende Tier wollten wir auch sein. Das war ein wahrer Rockstar ganz nach unserem Geschmack. So wie Alvin Lee wollte wohl jeder Teenie sein, der auf harte Rockrhythmen stand.
Die beschriebene Szene im Film über die 'Mutter aller Festivals', bekannt unter dem Namen Woodstock aus dem Jahr 1969, kann man nachvollziehen. Und der Song war natürlich das legendäre "I'm Going Home", der wohl bekannteste Hit von Ten Years After und Alvin Lee.
Doch schon etliche Jahre früher begann die musikalische Karriere des Mannes aus Nottingham. Bereits im Alter von dreizehn Jahren war der junge Alvin fasziniert von den Gitarrenkünsten des Elvis Presley-Gitarristen Scotty Moore. Und ab dieser Zeit spielte der Junge, der aus einer sehr musikalischen Familie stammte, in diversen Bands wie The Atomics, Jaymen, Jaybirds sowie auch bei Ivan Jay and the Jaycats, aus denen später die Band Ten Years After hervorgehen sollte. Anfang der 1960er Jahre übernahm Lee auch deren Gesang. Zu dieser Zeit hatte er bereits ein längeres Engagement im Hamburger Star Club hinter sich.
Doch erst im Jahr 1967, dem Jahr der Bandgründung von Ten Years After, stieg Alvin Lee in die erste Liga der Rockmusik auf. Bis zu ihrem ersten Split im Jahr 1974 spielten Alvin Lee, Rick Lee, Chick Churchill und Leo Lyons zwölf Alben ein, die vor allem durch ihren harten Blues Rock-Sound hervorstachen und die Gruppe zu einer absoluten Attraktion auf allen großen und kleinen Bühnen der Welt werden ließ.
Fünfzehn Jahre später gab es noch einmal eine kurze Reunion der Originalbesetzung, aus der auch das sehr gute Album "About Time" entstand. Außerdem konnte man sich ein weiteres Mal von der großen Magie von Ten Years After als Live-Act überzeugen. Doch sehr schnell kam dann das Ende der Band, die sich schließlich, ohne Alvin Lee, im Jahr 2003 neu formierte und bis heute sehr erfolgreich durch die Lande zieht.
Für den Gitarristen war das Kapitel Ten Years After nun endgültig abgeschlossen. Bereits davor gab es mit Alvin Lee & Mylon LeFevre (1973), Ten Years Later (1978 - 1979) und Alvin Lee & Band (1980) Formationen, denen aber durchweg keine lange Lebensdauer beschieden war. Erfolgreicher war da schon die Solokarriere von Alvin Lee, die immerhin dreizehn Alben hervorbrachte (das letzte, Still On The Road To Freedom, erschien im Jahr 2012), ohne allerdings zu absoluten Topsellern zu werden, obwohl er unter anderem von Leuten wie
Steve Winwood, Tim Hinkley, Ron Wood, George Harrison und Mick Fleetwood unterstützt wurde.
Zuletzt lebte Alvin Lee in Südspanien und verstarb am Morgen des 6. März 2013 an »unvorhersehbaren Folgen eines chirurgischen Routineeingriffs«, wie auf seiner Homepage zu lesen ist.
Mit Alvin Lee ist ein weiterer ganz großer Gitarrist von uns gegangen, der aber mit seiner Musik unauslöschlich in unseren Herzen weiterleben wird.
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