Corky Laing And The Perfect Child / Playing God
Playing God Spielzeit: 62:05
Medium: CD
Label: Gonzo Multimedia, 2013
Stil: Rockoper

Review vom 07.10.2013


Steve Braun
Was würde das Ergebnis sein, wenn man einen nordamerikanischen Musikgenius mit zwei finnischen Philosophen über einen längeren Zeitraum in einen Proberaum einsperren würde? Und was, wenn diese beiden angesehenen Wissenschaftler zudem ebenfalls Musiker wären? Ein anspruchsvolles musikalisches Projekt mit explorativem Anspruch? Die Antworten könnten in der vorliegenden Rockoper "Playing God" zu finden sein...
Der Mountain-Drummer Corky Laing hat sich mit den beiden finnischen Professoren für Bioethik und Philosophie, Dr. Matti Häyry und Dr. Tuija Takala kritisch mit dem Thema 'Gentechnik' auseinandergesetzt und ein Musical geschaffen, das in diesem Sommer als "Test: The Rock Opera" bei zwei Fachkongressen in Paris und Basel aufgeführt und von der dort versammelten Fachwelt begeistert aufgenommen wurde. Dass die beiden Wissenschaftler neben den Texten zudem Gitarren-, Keyboard- und Gesangsparts einbringen konnten, ist ein durchaus bemerkenswerter Nebenaspekt. Der alte Fuchs Corky Laing stand dem Projekt als musikalischer Chef vor. Konzept, musikalische und visuelle Umsetzung haben die drei gemeinsam entwickelt.
Eine junge Rocktruppe, die sich vorwiegend aus den beiden Heimatländern der Protagonisten zusammensetzt, war relativ schnell zusammengestellt, darunter die junge Bassistin Bonnie Parker, ansonsten in Corky Laings Band tätig, und der talentierte Hard Rock- und Metalgitarrist Denny Colt. Die weiblichen Hauptcharaktere werden von den finnischen Sängerinnen Mikaela Mansikkala und Maya Paakkari, der diesjährigen 'Voice of Finland', gesungen. Auch Corky versucht sich dahingehend, zwar nicht immer mit restlos überzeugendem Ergebnis, aber seinen Charakter 'Luke'
- einen 110 Jahre alten Bluesman - auf einer sehr emotionalen Ebene spielend. Manchmal erinnert er mich hierbei - auch in der Glaubwürdigkeit - an Tom Waits.
Musikalisch bedient man sich tief in der Trickkiste der Siebziger und so verwundert es kaum, wenn man sich gelegentlich an die "Rocky Horror Picture Show" erinnert fühlt. Vorwiegend ist es klassischer Rock, der sich mit Elementen aus den Sparten Hard'n'Heavy, Country und nordamerikanische wie skandinavische oder gar spanische Folklore (gelegentlich auch orientalischen Einflüssen) speist. Aber die jungen Beteiligten haben natürlich ebenfalls ihre Spuren hinterlassen können und - Finnland ist bekanntlich eine Hochburg - auch Schwermetallisches ("Vital Stream") oder wütenden Alternative Rock ("Crying Shame") einfließen lassen.
Den glänzend agierenden 'Spindoktor' Eric Schenkman darf man keineswegs vergessen, der als musikalischer Gast "Jupiter" und "Father's Lament" seinen Stempel aufdrückt und zu zwei der bemerkenswerten Songs von "Playing God" wachsen lässt.
Der Plot ist relativ zügig veranschaulicht und erklärt sich prinzipiell bereits im Titel dieser Rockoper: "Playing God". Es geht um die Problematik der Gentechnik und die Befürchtungen, der Mensch könne sich versucht fühlen, Gott zu spielen. Corky Laing und seine Mitstreiter entführen den Hörer in die nahe Zukunft, in das kleine Städtchen 'Happyville' - die schöne neue Welt von revolutionären Behandlungstechniken, der Perfektionierung von 'Designer-Babys', dem Jungbrunnen ewiger Jugend und Schönheit. Die Sorglosigkeit und Unbedarftheit seiner Einwohner, dem scheinbaren Nutzen und den Marionettenspielern im Hintergrund blind vertrauend, hat schon Orwell'sche Züge angenommen. Unterfüttert wird dies mit den normalen menschlichen Regungen wie Rivalität, Liebe und Eifersucht. Mal wird die intellektuelle Ebene mit soziologischen und philosophischen Fragen angerissen - mal agieren die Akteure hochemotional oder schlichtweg albern. Gut, der erhobene Zeigefinger ist allgegenwärtig, aber bei einer solch engagiert vorgetragenen Thematik wohl kaum vermeidlich. Na, Interesse geweckt??
Es wäre diesem Projekt nicht angemessen, es nun an dieser Stelle Stück für Stück zu sezieren. Mehr noch als bei vielen anderen Konzeptalben sollte hier gelten: CD in den Player schieben, das Booklet mit den komplett abgedruckten Texten samt erläuternden Anmerkungen zur Hand nehmen und in "Playing God" eintauchen.
Hochspannend dürfte hier eine Veröffentlichung der Bühnenumsetzung auf DVD/Blu-ray werden, die hoffentlich bereits in den Planungen der Herren Laing, Dr. Häyry und Dr. Takala gereift ist. Vielleicht kommt es in naher Zukunft auch zu weiteren Liveaufführungen. Ich persönlich bin dahingehend gespannt wie der berüchtigte Flitzebogen!
Line-up:
Corky Laing (drums, vocals, percussion, guitar, musical director)
Bonnie Parker (bass, vocals)
Denny Colt (guitar, vocals)
Lasse Väyrynen (guitars, guitalele, bass, keyboards, backing vocals)
Matti Häyry (guitars, guitalele, keyboards, vocals)
Tuija Takala (guitar, vocals)
Mikaela Mansikkala (vocals)
Maya Paakkari (vocals)
Harri Väyrynen (guitar, bass, vocals)
Eric Schenkman (guitar - #11,14)
Hanna Paatero (backing vocals)
Tracklist
01:Gods March (1:26)
02:Luke's Blues (2:20)
03:Terrace Of The Gods (3:57)
04:Perfect Boy (2:34)
05:Tony's Return (0:53)
06:College Girls (2:33)
07:Silent Dream (1:47)
08:My Brother's Gonna Die (1:20)
09:Open Up Your Imagination (2:40)
10:Here Is Our Blood (2:36)
11:Jupiter (3:13)
12:Tim's Requiem (1:30)
13:Not Good Enough (2:56)
14:Father's Lament (4:11)
15:Crying Shame (2:15)
16:Journey (3:49)
17:Sisterhood (1:15)
18:Vital Stream (2:24)
19:Revelations I (0:55)
20:Meltdown (3:45)
21:Revelations II (0:58)
22:Eyes In The Mirror (3:03)
23:Revelations III (0:36)
24:Mr. C's Demise (4:26)
25:In This World (4:41)
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