Erja Lyytinen / Voracious Love
Voracious Love Spielzeit: 43:44
Medium: CD
Label: Ruf Records, 2007
Stil: Blues Rock, Singer/Songwriter

Review vom 27.05.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Vorweg sei geschrieben, dass die CD wieder im LP-Look daherkommt. Beim Label Ruf Records ein schon länger praktiziertes Design, das aber immer wieder schön anzusehen ist. Das gilt selbstredend auch für die finnische Protagonistin. Auf vorliegendem Album nagelt sie dreizehn Thesen der 'unersättlichen Liebe' an die Eingangstür. Fast hätte ich geschrieben: der Blues-Tür. Allerdings ist "Voracious Love" kein lupenreines 12-Takteralbum geworden.
Dafür mögen alleine schon die Gäste Marco Hietala (Nightwish) und Paavo Lötjönen (Apocalyptica) stehen. In "Bed Of Roses" wirft sie die komplette DNA des Blues über Bord und keiner wirft dem Genre einen Rettungsring hinterher. Lyytinen singt ein herzzerreißendes Duett mit Hietala. Unterlegt sind die Vocals mit vier echten Streichern und einem der beiden Cellos gehört ein kurzes Solo. Gut, dass man sich nicht auf künstlich erzeugte Streichersounds eingelassen hat. Wie ein solcher Song allerdings dann, wenn überhaupt, auf der Bühne arrangiert wird, steht in den Sternen. Vorstellbar wäre eine akustische Version des Titels, denn die Gitarristin spielt eine akustische Gitarre und verzichtet hier auf eines ihrer Markenzeichen: das Bottleneck.
Unmittelbare Nachbarn des strittigen Tracks sind zwei unterschiedliche Bluesnummern. Einerseits ist da mit "Crowes At Your Door" ein weiterer Slowsong mit Kontrabass, Akustischer, dieses Mal von Davide Floreno gespielt, sowie einer im Hintergrund schmachtenden Harp. Lyytinen setzt im Kontrast dazu auf ihre vom Bottleneck getriebene Gitarre. Der Track verfügt über verdammt viel emotionale Atmosphäre, ist aber kalkulierbar. Auf ein Überraschungsmoment wartet der Hörer hier vergeblich.
Nach dem Duettsong folgt "Bird", ein Blues, der das Baumwollfeld auf angenehme Weise in Bewegung bringt. Dass die hübsche Finnin das Bottleneck aus dem Effeff beherrscht, ist nicht unbekannt. Aus den Wurzeln des 12-Takters entschwindet die Nummer im Verlauf immer mehr aus der Stilrichtung und wandelt sich zu einer mächtig eingängigen Komposition, die am Ende anders rockt. Waren es in "Bed Of Roses" vier Streicher, ist für "Gilmore" ein kleiner Sparkurs angesagt. Es sind nur noch ein Cello und zwei Violinen. Nichtsdestotrotz stehen diese Instrumente und Harri Taittonens Hammond mit im Vordergrund. Auch hier ist der Blues selbst mit Fernglas nicht in Sichtweite. Der Track verbreitet Singer/Songwriter-Flair. Lyytinen fesselt den Hörer durch ihrer Stimme und eingängige Musik mit Feeling.
Aus welchem Holz der bereits erwähnte Tastenmann Taittonen geschnitzt ist, offenbart er in "I Think Of You". Abermals lotet man ein weiteres Genre aus. Besonders durch die feinen Hammond/Keyboards-Klänge bekommt dieser Track eine jazzige Komponente verpasst. Da mischt auch eine Gitarre kräftig mit. Der Song groovt und gehört für mich zu den sanften Highlights der Platte.
"Oil On Water" ist nicht so gefährlich, wie es der Titel vermuten lässt. Zu einer verzerrt riffenden Gitarre findet die Band zurück zu den Helixsträngen des Blues. Diese Stück macht richtig Laune und das Miteinander der Gitarren ist himmlisch gut. Diese Nummer hat ebenfalls den Groove gepachtet. Locker setzt man durch kleine Rhythmuswechsel auf Vielfalt. Zum Ende hin nimmt das Stück richtig Fahrt auf. Statt den Track auszublenden, wäre da noch eine Minute nicht schlecht gewesen.
"Can't Fall In Love" ist eine weitere Ballade. In Ansätzen kann man den Blues durchhören. Glasklar ist es im Gitarrensolo der Fall. Sollte dieses Stück ausreichend Airplay erhalten, könnten Nachrichten über Erja Lyytinen interessant werden. Funkig wird es mit "One Thing I Won't Change", das einen verträumten Part enthält. Die Gitarre ist mit dem Wah Wah-Pedal verbunden und es rockt mit Hooks. Klasse!
Die drei letzten Songs haben alle eine Spielzeit von unter zwei Minuten. "Soul Of A Man" ist die einzige Fremdkomposition und hat hypermodernes Deltafeeling, weil ein Cello in diesem Zusammenhang echt selten ist. Noch weniger Musiker spielen in dem Instrumental "The Road Leading Home". In aller Kürze ein weiteres Highlight. Blueslicks treffen auf Keyboardteppich, so kann man diesen Track überschreiben. Ganz alleine bestreitet Erja den Abschluss der Platte. Mit der akustischen Gitarre begleitet sie ihren Gesang und das Ende der CD steht im völligen Kontrast zum Beginn. Der Titelsong des Albums rockt mit tonnenschwerem Rhythmus und steht in keiner Weise stellvertretend für die folgenden zwölf Nummern.
Erja Lyytinen öffnet mit "Voracious Love" andere Türen für ihre Musik. Da rankt sich nicht immer alles um den Blues und gefällt insgesamt gesehen trotzdem.
Line-up:
Erja Lyytinen (slide guitar, Dobro, acoustic guitar, lead guitar, rhythm guitar, supro 1952, effect guitars, vocals)
Davide Floreno (rhythm guitar, lead guitar, acoustic guitar, percussion)
Harri Taittonen (Hammond, keyboards, Rhodes, piano)
Juki Välipakka (armonica, backing vocals)
Paavo Lötjönen (cello)
Riikka Lampinen (cello)
Maija Linkola (violin)
Laura Airola (violin)
Matti Vallius (bass, double bass)
Rami Eskelinen (drums, big blue drum, percussion)
Zarkus Poussa (drums, percussion)
Marco Hietala (vocals)
Tracklist
01:Voracious Love (4:19)
02:Don't Let A Good Woman Down (3:35)
03:Crowes At Your Door (3:04)
04:Bed Of Roses (4:06)
05:Bird (4:00)
06:Gilmore (3:58)
07:I Think Of You (4:17)
08:Oil On Water (4:00)
09:Can't Fall In Love (4:08)
10:One Thing I Won't Change (3:22)
11:Soul Of A Man (1:52)
12:The Road Leading Home (1:36)
13:No Place Like Home (1:29)
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