Hugh Laurie With The Copper Bottom Band
14.07.2012, Tempodrom, Berlin
Tempodrom
Hugh Laurie With The Copper Bottom Band
Tempodrom, Berlin
Konzertbericht
Stil: Rock'n'Blues
14. Juli 2012

Artikel vom 21.07.2012


Holger Ott
Im Wohnzimmer von Dr. House
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandHeute Abend bin ich, zusammen mit einem erlauchten Kreis von Menschen, in das Wohnzimmer des zur Zeit beliebtesten Fernseharztes eingeladen. Der erlauchte Kreis hat eine Größe von über sechstausend Personen aller Altersklassen, und das Wohnzimmer befindet sich im ausverkauften Tempodrom. Erlaucht deshalb, weil die begehrten Tickets bereits innerhalb kurzer Zeit vergriffen waren und ich auf dem Weg vom Parkplatz bis zum Eingang bestimmt zehnmal angesprochen werde, ob ich eine Karte zu viel habe. Ich kann nicht behaupten, dass die Mehrheit der Besucher aus Damen besteht, die den englischen Charmebolzen einmal hautnah sehen wollen. Als mein Blick im Saal durch die Reihen schweift, bleiben meine Augen nicht nur an sehr schönen Frauen kleben, sondern es finden sich Menschen aller Schichten, darunter Anzugträger und Biker.
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandGanz gediegen ist der Saal bestuhlt, deshalb ist das Fotografieren nur von der Seite oder von hinten gestattet. Die Sicht auf die Bühne ist, wie immer im Tempodrom, absolut perfekt und gibt ein sehr schönes Bild frei. Die Dekoration lässt mich sofort an die Zeit anfangs des vergangenen Jahrhunderts denken. Alles ist sehr stilvoll drapiert, vom Teppich bis zu den verschiedenen Stehlampen. Dazwischen stehen die Instrumente fast wie Einrichtungsgegenstände und fallen kaum auf. Der Hintergrund besteht aus einem wallenden Theatervorhang, der durch seine hervorragende Beleuchtung im Laufe des Konzertes sehr stimmungsvoll ins Gesamtbild passt.
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandDas mittig platzierte Schlagzeug erregt besonders meine Neugier. Es muss aus einem Museum geliehen sein, so altertümlich sieht es aus, und als es dann gespielt wird, kommt ein bombastischer Sound aus diesem vorsintflutlichen Teil.
Hugh Laurie und seine Copper Bottom Band betreten pünktlich die Bühne, und nachdem Hugh dreimal über ein imaginäres Zugseil einen ebenso imaginären Motor angeworfen hat, kommt die Fuhre, äh die Band, sofort in Bewegung. Seine Stimme hört sich sehr warm und ruhig an. Er spricht völlig akzentfreies Englisch, das klar und deutlich zu verstehen ist. So können auch nicht Geübte an seinen Späßen und Witzen teilhaben, die er immer wieder in den Songpausen zum Besten gibt. Manchmal, gibt er zu, muss er sich beherrschen, um nicht den ganzen Abend nur aus seinem Leben zu erzählen, er ist ja nun mal zum Musizieren hier. Das Publikum genießt trotzdem in vollen Zügen seine Anekdoten, und selbst bis in die hintersten Reihen kommen Dialoge mit den Zuschauern zustande. Dass sich alle dabei in seinem Wohnzimmer befinden wird schnell klar, als er der Band eine Runde schottischen Whiskey ausgibt.Hugh Laurie And The Copper Bottom Band Auch auf seinem Konzertflügel steht ein Gläschen des Hochprozentigen, mit dem er sich gerne selbst zuprostet und das in den Songpausen immer wieder aufgefüllt wird. All zu ernst wird die Einladung in sein Heim anscheinend von einer Dame genommen, die es, wie auch immer, geschafft hat, an den Ordnern vorbei die Bühne zu erklimmen. Nun steht sie da oben, mit der einen Hand am Mikrofon ihres Dr. House, und mit der anderen Hand an seinem Hemd. Beide schauen etwas verwirrt und wissen anscheinend nicht, was nun passieren soll. Sie raunt ihm noch schnell ihre Wehwehchen ins Ohr, bevor sie von einem Ordner hinter die Bühne komplimentiert wird. Natürlich wird sie beim Gang zurück auf ihren Platz zum Opfer des Doktors, der ihr noch ein paar nette Worte mit auf den Weg gibt.
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandDass Hugh Laurie seine Beliebtheit über das Fernsehen gewonnen hat, lässt er allerdings heute Abend völlig außen vor. Er ist heute nur der Musiker, der die Songs vertont, die er in seinem langen Leben lieb gewonnen hat. Darunter überwiegend Musik, die ebenfalls mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel hat, und schon von Vielen fast vergessen worden ist.
Sein Hauptaugenmerk liegt auf dem New Orleans Blues. Jedes seiner Stücke wird von ihm erklärt, dessen Herkunft, und wer es berühmt gemacht hat. Die Namen derer, deren Songs er heute zum Besten gibt, liest sich dabei wie die Litanei eines Museumsführers. So höre ich Stücke von Louis Armstrong, Mahailia Jackson, Dr. John, Professor Longhair, über Jimmi Rogers bis hin zu
Dr. Feelgood. Darunter auch einige Recken, die mir bislang noch nie etwas gesagt haben, wie Leadbelly oder Jelly Roll Morton.
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandHugh ist ein begnadeter Klavierspieler. Er streichelt die Tasten und entlockt ihnen ebenso geschmeidige Töne. Ab und zu greift er zu einer akustischen Gitarre, und spielt zum Beispiel im Trio, mit Bassist David Piltch und Gitarrist Kevin Breit, den Country-angehauchten Song "Waiting For The Train" von Jimmi Rogers. Der Szenenapplaus dafür ist den Dreien gewiss. Lauries Ausbildung als Schauspieler, und seine vielen Theaterrollen kommen ihm auch auf der Musikbühne zu Gute. Zwar prahlt er in keiner Minute damit, aber jeder kann sehen, dass er sich perfekt bewegen und gestikulieren kann. Seine Mimik in den Songpausen zu den Erklärungen über die Songs, bringen die Zuschauer oft zum Lachen.
Hugh Laurie And The Copper Bottom BandHerausragend ist die Copper Bottom Band, seine Begleitung. Jay Bellerose am Drumset spielt in gleicher Weise wie die alte Garde zur Zeit, als dieses Instrument, welches er spielt, gebaut wurde. Er verzichtet vollständig auf die High-Hat und bedient dafür mit dem linken Fuß ein Tambourine. Bei manchen Songs benutzt er sogar drei Sticks gleichzeitig, um damit völlig neue Klangvariationen zu produzieren. Auf jeden Fall ist er unter den Musikern mit Abstand der Beste an diesem Abend. Sein Drumsolo, während des Dr. John-Songs "Wild Honey" ist beispielhaft und reißt das Publikum zu Beifallsstürmen hin.Hugh Laurie And The Copper Bottom Band Versteckt hinter dem großen Klavier, sozusagen im Schatten von Hugh Laurie, singt Sister Jean McClain ihre Backing Vocals. Lediglich einmal gehört ihr die Bühne, und sie darf im Rampenlicht stehen. Ihre Stimme bei diesem Solo ist sehr kräftig und druckvoll, im Stil der Südstaaten-Bluessängerinnen. Selbstverständlich bekommen die anderen Musiker ebenfalls ihre kleinen Solo-Einlagen. Meist sehr kurz und dezent während der Stücke. Nur der Spot ist dann auf sie gerichtet, und für wenigen Minuten dürfen sie sich wie der Star des Abends fühlen. Die Band trägt es mit Gelassenheit, und lässt sich auch nicht beirren, als Hugh Laurie kleine Witze über die Einzelnen reißt. Selbst an seiner ehemaligen Klavierlehrerin im guten alten Oxford lässt er kein gutes Haar. Sie hat es ihm nicht erlaubt "Swanee River" zu spielen, dafür bringt er es jetzt um so intensiver, als Boogie und extrem schnell. "Unchain My Heart" lässt den Saal in kollektives Klatschen verfallen, und beim Gospel "Battle Of Jericho" wird die Bühne in ein tiefrotes Licht getaucht, sodass eine mystische Stimmung aufkommt.
Hugh Laurie And The Copper Bottom Band      Hugh Laurie And The Copper Bottom Band      Hugh Laurie And The Copper Bottom Band
Das Konzert ist einfach nur grandios. Die Songauswahl ist sehr gut, die wenigen Effekte eindrucksvoll. Kurz vor den Zugaben hält es die Zuschauer nicht mehr auf den Stühlen und alles drängt nach vorne an die nicht abgesperrte Bühne. Auch ich lasse mich mitreißen und dränge mich nach vorne. Die beiden Zugaben genieße ich somit aus nächster Nähe, und fühle mich von der Person Hugh Laurie und seinen Interpretationen von Welthits außerordentlich berührt.

Vielen Dank, nicht nur an ihn und seine tolle Band, sondern auch an das Concertbuero Zahlmann, das mir diesen wunderschönen Abend ermöglicht habt.
Line-up:
Hugh Laurie (vocals, piano, accustic guitar)
Sister Jean McClain (vocals)
David Piltch (bass)
Jay Bellerose (drums)
Kevin Breit (guitars)
Vincent Henry (saxofon, klarinett, flute,)
Patrick Warren (keyboards, harmonica)
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