Lacson / 1234567Days
1234567Days Spielzeit: 41:53
Medium: CD
Label: Monster Artists, 2014
Stil: Singer/Songwriter, Rock

Review vom 18.04.2014


René Francke
Der Werdegang des gebürtigen Schweizers Raphael Krauss liest sich wie ein Abenteuer und ist doch gleichzeitig ein immer wiederkehrendes Muster unter Herzensmusikern, die allen Widrigkeiten trotzen auf dem steinigen Weg hin zum Berufsmucker: Junger Straßenmusiker mit Gitarre tingelt jahrelang durch die Lande; selbiger wähnt sich beim ersten Plattenvertrag bereits am Ziel seiner Träume, um recht bald aufgrund der strengen Vorgaben der Plattenfirma zur ernüchternden Erkenntnis zu gelangen, dass dem doch nicht so ist; daraufhin flieht der Gassenbarde frustriert in die USA, mischt sich unter die kritischen Ohren der Fremde und spielt in den Nächten in versifften Bars vor einer Handvoll Leuten, wovon er sich ebenso wenig entmutigen lässt, sondern vielmehr zu dem Entschluss kommt, dass DAS genau der richtige, weil eigene Weg ist und er seine Musik weiterhin unters Volk bringen möchte.
Besagter Raphael Krauss kehrte daraufhin in seine Heimat zurück, strudelte in einen weiteren enttäuschenden Künstlervertrag und lernte schließlich den Bassisten Beat Diesel kennen, mit dem er unter neuer musikalischer Ausrichtung 2009 die Band Lacson aus der Taufe hob und erneut - dieses Mal jedoch als Zwei-Mann-Projekt - in die Weiten des europäischen Kontinents hinauszog. Während dieser Tour wurde Dennis Poschwatta, seines Zeichens Schlagzeuger bei den Guano Apes und inzwischen selber Produzent, auf die Musik von Lacson aufmerksam und lud die beiden Schweizer kurzerhand in sein Studio ein. Und das Ende vom Lied: Poschwatta saß während der Aufnahmen zum Debütalbum "1234567Days" nicht nur hinter den Reglern, sondern auch hinter der Schießbude. Und weil vier Musiker eine rundere Sache sind als drei (nicht immer, aber oft), nahm sich der Studiotechniker Godi Hildmann einen zweiten Sechssaiter zur Hand, womit aus dem einstigen Ein-Mann-Projekt ein Quartett wurde.
In die heimische Musikanlage eingelegt, beginnt das Album "1234567Days" direktemang: Der Opener "Hold Me" startet ohne jegliches Vorgeplänkel wie Anzählen oder zusammengetüfteltem Intro; eine Popnummer, die sich durch eine markant wummernde Basslinie und einen nervig-eingängigen Refrain auszeichnet - U2 und Revolverheld lassen freundlich grüßen.
Beim ersten Hören des Folgestückes "Tell Me" übermannt mich ein Déjà-vu: Ist der Refrain ein Zwilling vom vorangegangenen "Hold Me"? Da laust mich doch der Affe! Die Stimmenmelodien der beiden ersten Stücke ähneln sich doch arg, frei nach dem Motto: Zu viel Variation ist was für Anfänger. Im direkten Vergleich ist "Tell Me" erträglicher als der Opener. Bis hierhin offeriert dieses Werk leicht verdauliche Popmelodien für die hausbackenen Pop-Hitparaden. Wenn das so weitergehen sollte, na dann Gute Nacht!
Doch Lied Numero drei "Cold Ocean" ist das erste auf diesem Album, das mit einem Schwung kantig-verzerrter Gitarren und dreckiger Gnatzbeats auffährt, ohne wirklich Schmutz oder verbrannte Erde zu hinterlassen, aber nichtsdestotrotz eine Art Wachküsser ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Dieses Stück gefällt (sogar) mir. "Hurt" schließt mit grimmig-marschierenden Tieftönern an diese Ausrichtung an, wenn auch der Refrain wieder in einer hitsüchtigen Austauschbarkeit mündet, in der auch die Power-Ballade "You" herumdümpelt.
Der Titeltrack "1234567Days" stolziert im folkloristischen Gewand (Klavier-, Akkordeon- und Xylophon-Klängen sei Dank!) und mit Foo Fighters-Akkorden à la "Next Year" daher. Will man einen Vergleich zu Poschwattas bisherigem Musikstil anstellen, wird man beim dynamisch-verqueren "Act The Innocent" noch am ehesten fündig: treibender Beat, ausbrechende Gitarrenmuster und der unbedingte Wille nach kreativer Individualität.
"Reason To Live" beginnt zwar mit verheißungsvollen Gitarrenfiguren, wird dann allerdings einwandfrei von der Band in einem trüben Tümpel namens Refrain versenkt - woraufhin nicht nur das besagte Gewässer umkippt. Auf ähnliche Weise verfährt Lacson hernach mit "This Is The End" - welch ein Jammer!
Dagegen offenbart "Little Town" in beeindruckender Manier, wie Krauss als klampfender Alleinunterhalter in seinen Anfangstagen geklungen haben mag. Und als Zugabe gibt es für alle schmachtsüchtigen Almdudler nochmal den Titeltrack - auf Schwyzerdütsch.
Ein auf Massentauglichkeit gepoltes, sauber produziertes Debüt, bei dem Frontmann Krauss stets in den Vordergrund gemischt ist und das aufgrund seiner unverfänglichen Art von den meisten Radiostationen mit Kusshand genommen werden dürfte. Sieht man mal vom reizenden "Jerusalem" mit jugendlicher Mehrstimmigkeit oder dem verwegenen "Newborn Hero" ab, sucht man klangliche Experimente auf "1234567Days" leider vergeblich. Hierauf wird zu wenig Neues oder Ausgefallenes, geschweige denn Verrücktes gewagt. Insgesamt ist "1234567Days" so radiokompatibel, wie der Papst katholisch ist - wie auch die Spielzeiten der 13 Songs belegen, die allesamt zwischen 2:43 und 3:43 Minuten liegen. Wer eingängigen, entgrateten Rock sucht und sich nicht schmutzig machen will, wird bei Lacson fündig.
Line-up:
Raphael Krauss (vocals, guitar)
Beat Diesel (bass)
Godi Hildmann (guitar)
Dennis Poschwatta (drums)

Tracklist
01:Hold Me
02:Tell Me
03:Cold Ocean
04:Hurt
05:You
06:Jerusalem
07:1234567Days
08:Act The Innocent
09:Newborn Hero
10:Reason To Live
11:This Is The End
12:Little Town
13:1234567Täg (Bonus)
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