Stephen Davis / Hammer Of The Gods
Led Zeppelin - Die Saga
Hammer Of The Gods - Led Zeppelin, Die Saga Medium: Buch
Broschiert, 409 Seiten
Rockbuch Verlag Buhmann und Haeseler, 2008
ISBN-10: 3927638439
ISBN-13: 978-3927638433
Preis: 19,90 Euro

Review vom 07.12.2008


Norbert Neugebauer
Nun endlich liegt die deutsche Übersetzung der Led Zep-Bio von Stephen Davis vor, die 1985 im englischen Original erschienen ist. Der amerikanische Journalist gehört zu den bekanntesten Autoren von Rock-Biografien, so verdanken wir ihm auch tiefere Einblicke u.a. in die Werdegänge von Aerosmith, den Stones, Bob Marley, Mick Fleetwood, Guns N' Roses, The Band und von Jim Morrison.
Dass diese offiziell unautorisiert sind, ändert nichts an ihrem Status als jeweilige 'Standardwerke'. Zumindest behaupten das namhafte Kollegen in diversen einschlägigen Medien.
Ich will auch weder vorgeben, sie alle zu kennen, noch sämtliche maßgeblichen Veröffentlichungen über die Geschichte Led Zeppelins intus zu haben. Dass ich unter sicher befähigteren Koryphäen hier trotzdem als Rezensent dieses Buches im RockTimes-Laden auftauche, liegt allein daran, dass unser Die Hard-Led Zep-Oberfan Ilka vor lauter sonstiger Arbeit schlichtweg passen musste.
Was natürlich nicht bedeutet, dass ich mich unbelastet dieser Legende von Band nähern kann. Es wird hier also keineswegs um das letzte Quäntchen Wahrheit in der Biografie, noch um spektakuläre Neuenthüllungen gehen (Kollege Manni hat ja eh schon unterstellt, dass sich das Rudel der späteren Chronisten schamlos bei diesem Grundwerk bedient hat), sondern wie Davis sein großes Wissen um die Band an den interessierten Leser bringt. Der Untertitel "... Saga" deutet einerseits auf den enormen Ruhm und andererseits auch möglicherweise von einem etwas verklärten Blick auf die Geschichte dieser Supertruppe hin. Aber lassen wir uns mal überraschen, was da auf über 400 Seiten an echten Fakten und wohlkolportierter Propaganda zusammengetragen wird.
Ich darf selbst den jüngeren Lesern unseres Mags unterstellen, dass Sie über die Bedeutung von Led Zeppelin für die Rockmusik Bescheid wissen und mich gleich als Fan vor allem des Frühwerks des Quartetts outen. Die Band lebte den Rock'n'Roll-Mythos bis zum regelmäßigen Exzess aus und ist deshalb auch als Paradebeispiel für dieses wilde Leben so reizvoll. Dass das Buch noch relativ zeitnah nach dem Ende (dem Tod John Bonhams) veröffentlicht wurde und das erste ernstzunehmende dieses Genres ist, macht es doppelt interessant, auch noch im Abstand von über 20 Jahren.
Zweierlei wird deutlich: Davis hat im engen Umfeld der Band offensichtlich sehr ausgiebig recherchiert, eine offene Quelle war Richard Cole, der als fester Roadmanager Led Zeppelin von 1968 bis 1980 begleitete. Seine Rolle an der Seite von Manager Peter Grant schildert er sehr freizügig als oftmaliger Organisator und Hauptakteur der Exzesse und Orgien, die seither nachhaltig den Ruf der Band prägen. Später hat er selbst ein Buch über diese Zeit veröffentlicht. Allerdings äußern sich die verbliebenen Bandmitglieder sehr kritisch über den Wahrheitsgehalt diverser Aussagen, zumal er 1980, völlig von Drogen zerstört, gefeuert (aber immerhin zum Comeback-Konzert 2007 eingeladen) wurde. Inwieweit Cole insgesamt als 'Kronzeuge' glaubhaft und inhaltlich für das Buch maßgeblich ist, kann der Leser natürlich nur sehr beschränkt nachvollziehen. Als Zweites - der Autor ist doch sehr beeindruckt vom Mythos Led Zeppelin, an dem er mit diesem Buch selbst entscheidend mitstrickt.
Die Story startet mit Jimmy Page, dem kreativen Kopf und Motor bis heute über das Bandende hinaus. Seine Karriere als begehrter Studiomusiker begann noch weit vor seinem Eintritt bei den Yardbirds. Er wird als Mastermind in nahezu jeder Beziehung geschildert, kalkulierender Profi durch und durch, mit einer Vorliebe für sehr junge Verehrerinnen. John Paul Jones, ebenfalls bereits ein erfahrender Studiocrack, Multiinstrumentalist und verantwortlich für Arrangements diverser Hits vor Led Zep, ist danach der zweite Etablierte im Showgeschäft. Der sehr durstige und später regelmäßig randalierende John Bonham sowie Sexsymbol Robert Plant sind nach Davis' Buch jedoch lange die unbedarften 'Landeier'. Dahinter steht der allmächtige und gefürchtete Peter Grant, der den Jungs nicht nur den Rücken in jeder Beziehung freihält, sondern auch nachdrücklich dafür sorgt, dass die Band wohl als erste im Business den Hauptanteil der von ihr eingefahrenen Kohle erhält.
Der Ruhm von Led Zep beginnt in den USA mit regelmäßigen Tourneen, die der Band bald Superstar-Status einbringen. Einher gehen die sexuellen und sonstigen Eskapaden, Page & Co. lassen in den Staaten die sprichwörtliche Sau raus. Daheim in England dauert es jedoch sehr lange, bis sich Anerkennung und kommerzieller Erfolg einstellen. Auch zu den Medien ist das Verhältnis sehr gespannt bis feindlich.
Die steile Karriere, die auch finanziell alle Rahmen sprengt, wird ausführlich bis zum Ende erzählt. Gewalttätigkeiten und enormer Drogenkonsum überschatteten mehr und mehr die Tourneen; Steuerprobleme, Unfälle und Todesfälle naher Angehöriger laugten die Band zunehmend aus, der schließlich - auch wegen Pages Beschäftigung mit okkulten Dingen - ein 'schlechtes Karma' nachgesagt wird.
Die deutsche Ausgabe von "Hammer Of The Gods" endet mit einem Nachtrag, bei dem die letzten Aktivitäten der Ex-Zeps bis 2003 kurz beleuchtet werden. Warum dann die Lücke bis zum Veröffentlichungsjahr nicht gefüllt wurde und warum es solange gedauert hat, bis die deutsche Übersetzung auf den Markt kam, wird aus den Verlagsveröffentlichungen nicht ersichtlich.
Davis hat emsig Informationen zusammengetragen und verwendet diese auch breitgestreut, um einen ausgiebigen Blick auf die Band und ihr Umfeld zu gewähren. Details en masse und ausgewalzt, die vielleicht für echte Zep-Freaks ihre Bedeutung haben mögen, aber in der Fülle eher oft banal erscheinen und erschlagen. Es hätte dem Lesefluss und Informationsgehalt gut getan, wenn Autor und Lektorat auch hier etwas selbstkritischer gesiebt hätten. Es mag vielleicht daran liegen, dass Davis mit diesem Buch weitgehend Neuland betreten hat und sich das Genre ernstzunehmender Rockliteratur noch weitgehend in den Kinderschuhen befand. So 'nah ran' kam wohl vorher noch kein Portraitist und die Band bot ja auch genügend Stoff für eine üppige Darstellung.
Nein, Davis hat sicher kein Skandalbuch geschrieben, noch war er auf voyeuristische Effekthascherei aus. "Hammer Of The Gods" ist insgesamt ordentlicher und guter Journalismus, alles andere als unvoreingenommen. Es beschreibt zwar einerseits sehr genau das Geschehen, liefert viele Informationen auch über die Auftritte, Aufnahmesessions und die Songs, von kritischer Distanz kann allerdings nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Davis schreibt tendenziös und betreibt in der ganzen Ausrichtung des Buchs sowie Sprachgestaltung zielstrebig Heldenverehrung samt Legendenbildung.
»Ganz egal, welchen Charme das englische Landleben auf der sentimentalen Ebene auch immer hatte, nichts kam dem Kick eines Stadions voller verzückter junger Kiffer bei der Kommunion mit Zeppelins unheiliger Bluesmesse gleich. Besonders Robert und Jimmy brauchten diese reine, unverwässerte Ekstase, die Erfüllung des Rockgöttertraums von ungezügelter Leidenschaft und Omnipotenz, die über sie hinwegschwappten wie eine Springflut aus Anbetung und romantischer Energie. Das ließ sich mit nichts auf der Welt vergleichen.«
Sicher ein gutes Stück Rockliteratur und trotz aller Schwülstigkeit lesenswert nicht nur für Led Zep-Fans, sondern auch sehr aussagekräftig über die Zeit des wilden Rock-Lebens der damaligen Superstars, die unter ihren jungen Anhängern wahrhaft 'göttlichen' Status erlangten. Was allerdings dann doch etwas nervt, ist die zunehmende Darstellung der Gruppe als ein »Geheimbund«, umgeben von »jungen, vorwiegenden männlichen Hörern«, die, verachtet von der Rockpresse, nie die ihr zustehende Achtung als »größte Band der Welt« erhielt.
Auch aus heutiger Sicht des damaligen Fans und 'Zeitgenossen' ist die Wahrnehmung, nach dem Ende der zuletzt doch sehr entmystifizierten Band, ausgesprochen reizvoll. Ergänzt wird die Biografie durch einen Fototeil, Quellenverzeichnis und Auswahlbibliografie.
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