Led Zeppelin / In Through The Out Door
In Through The Out Door Spielzeit: 42:33
Medium: CD
Remastered Original Recording
Label: Atlantic, 1994 (Swan Song, 1979)
Stil: Rock


Review vom 14.12.2007


Ilka Heiser
Eine lange Zeit war zwischen der Erstveröffentlichung von "Presence" am 31.03.1976 und "In Through The Out Door" am 15.08.1979 vergangen, ohne dass ein neues Lebenszeichen der größten Rock'n'Roll-Band der Welt zu vernehmen war: Es gab weder eine neue Platte, noch machten Led Zeppelin mit ihren gewohnt bombastischen Live-Auftritten Schlagzeilen. Die Band war praktisch von der Bildfläche verschwunden. Immer mehr Auflösungsgerüchte machten die Runde. Was war geschehen?
Die letzte große 77er-Tour stand ohnehin unter keinem guten Stern, war geprägt von Gewalt (man erinnere sich an die Prügelaffäre, in der ein Angestellter des Veranstalters Bill Graham krankenhausreif geschlagen wurde) und zügellosem Alkohol- und Drogenmissbrauch im gesamten Zep-Lager. Als dann die komplette Entourage in New Orleans ins Royal Orleans Hotel eincheckte, erreichte Robert Plant die Nachricht vom Tode seines geliebten Sohnes Karac. Mit einem schweren Schock flog er zusammen mit John Bonham, der seinen besten Freund in dieser schweren Stunde nicht allein lassen wollte, nach Birmingham zurück.
Plant brauchte also erst einmal genügend Auszeit, um sich von diesem Schicksalsschlag erholen zu können und die Bandmitglieder zeigten genug Einsicht, um ihm diesen Freiraum zuzugestehen, bis er wieder Geschmack am Musikmachen fand.
Page war auf Grund seines Drogenkonsums immer mehr neben der Spur und Bonzo brach sich bei einem Verkehrsunfall drei Rippen. Das alles trug nicht gerade zur Hebung der Allgemeinstimmung bei.
Sollten sich die Unterstellungen der Medien - der Fluch eines bösen Karmas würde über der Band liegen, weil sich Jimmy Page angeblich mit schwarzer Magie befasst - tatsächlich bewahrheitet haben?
Doch irgendwann heilen alle Wunden. Im November 1978 trafen sich die Zep-Mitglieder in London, um ihre Fülle an neuen Melodien und Riffs zu verarbeiten.
Im Dezember begab man sich dann aus Steuergründen nach Schweden und richtete sich in ABBAs modernen Polar Studios in Stockholm häuslich ein. Das Album wurde diesmal unter der Aufsicht von John Paul Jones in nur drei Wochen fertiggestellt. Jones war zum ersten Mal auch der Hauptkomponist. Aus seiner Feder stammen bis auf "Hot Dog" sämtliche auf "In Through The Out Door" enthaltenen Stücke.
J. P. Jones' Einfluss macht sich auf dem Album, das übrigens mit sechs verschiedenen Plattencovern in die Läden kam, bemerkbar. Denn im Gegensatz zu allen bisherigen Zep-Veröffentlichungen, die im Wesentlichen gitarrenorientiert waren, haben hier Synthesizer und Keyboards das Ruder übernommen. Die Band selbst bezeichnete es als »Neuorientierung«, was nicht weiter verwunderlich ist, denn experimentierfreudig waren Zeppelin ja schon immer. Und wenn man die Ohren genauer spitzte, konnte man feststellen, dass sich diese Entwicklung im Grunde schon mit dem Erscheinen von "Houses Of The Holy" andeutete.
Wenn man mit Otto-Normalverbraucher über Led Zeppelin spricht, wird die Band auf das von Jimmy Page mit dem Geigenbogen aufgepeppte "Dazed And Confused", das unvermeidliche "Stairway To Heaven" sowie auf "Kashmir" reduziert. Letzerer Song erfuhr noch einmal einen Bekanntheitsschub gerade unter den Jugendlichen, als dieser unter Mithilfe Jimmy Pages von Puff Daddy für den Film "Godzilla" mit dem Titel "Come With Me" neu aufgelegt (Zep-Fans sagen: vergewaltigt) wurde.
"In The Evening" oder auch "Carouselambra" sind dagegen nur den Hardcore-Fans ein Begriff. Und gerade das mit einem düsteren Intro beginnende "In The Evening" zeigt, dass die Band zeitgemäßer geworden ist und sich nicht mehr in den alten Erfolgsrezepten suhlen wollte, ohne jedoch die Trademarks aus kantigem Rock und Blues dabei völlig aufzugeben. Der Sound kommt fett und dennoch wird keiner der Musiker 'unterdrückt'; jeder hat seinen angestammten Platz und füllt diesen souverän aus. Auch die unvermeidlichen Gitarrensoli von Jimmy Page fehlen hier nicht.
Ungemein fröhlich wirken das mit locker dahingeworfenen Klavierakkorden versehene "South Bound Saurez", das gegen Ende mit Chorgesang aller vier Bandmitglieder brilliert und auch das sich in leichten Country-Gefilden tummelnde "Hot Dog" verbreitet gute Laune mit Langzeitwirkung.
"Fool In The Rain" ist mein absolutes Highlight auf der Scheibe. Jimmys Gitarre ist hier wieder nicht das alles dominierende Instrument, sondern ein hervorragend abgemischtes Klavier hat die Zügel übernommen. Aber ein kurzes Gitarrensolo durfte dennoch nicht fehlen. Das Stück lebt von geschickt eingewebten Synkopen, die, mit einer Trillerpfeife eingeleitet, gegen Songende in einer Lebensfreude versprühenden Latin Rock-Einlage mündet. "Fool In The Rain" ist im Grunde eine typische Zeppelin-Nummer.
Gut gemacht finde ich "Carouselambra", das nicht bei jedermann auf Gegenliebe stößt. Interessante Rhythmuswechsel bestimmen den über zehnminütigen Song, der von John Paul Jones' Synthesizer vorwärts getrieben, aber auch zusammengehalten wird. Robert Plants Stimme wurde leicht zurückgemischt, so dass man das Gefühl hat, sein Gesang käme direkt aus dem Nebenzimmer. Ein kleines Prog-Meisterwerk.
Das folgende, melancholische "All My Love" hat Robert seinem verstorbenen Sohn gewidmet. Hier lässt er all seinen Schmerz in seine Stimme fließen.
Den Schluss bildet "I'm Gonna Crawl", welches für mich ebenfalls zu einem der herausragenden Stücke auf "In Through The Out Door" zählt. Keyboard und Gitarre arbeiten mit- und nicht gegeneinander. Wohldosiert gesetzte Gitarrensoli sind schmückendes Beiwerk und Bonham klopft, je nach Erfordernis, mal kraftvoll aber auch locker-leise und gefühlvoll auf die Felle. Dazu stöhnt, juchzt, kreischt und jammert sich Robert Plant die Seele aus dem Leib. Hammer!
"In Through The Out Door" verkaufte sich, wen wundert's, zwischenzeitlich millionenfach. Es gehört für mich nach wie vor zu den innovativsten Scheiben Led Zeppelins, auch wenn es nicht die Ecken und Kanten ihrer früheren Veröffentlichungen hat. Natürlich muss man etwas über den musikalischen Tellerrand schauen, und sich dem Album ganz öffnen. Aber wenn man genauer hinhört und weiß, dass die Band sowieso nicht auf ein bestimmtes Genre festzunageln ist, waren Led Zeppelin im Grunde mal wieder ihrer Zeit weit voraus. Denn genau das, was hier geboten wird, nämlich Shynthesizer-Sound ohne Ende, war das typische Markenzeichen der 80er Jahre. Ein Zeichen, dass diese Band - wäre ihnen die Chance vergönnt gewesen - in ihrer Entwicklung niemals im Stillstand verharrt, sondern in Sachen Arrangement und Stilvielfalt auch weiterhin ihrer Experimentierfreude gefrönt hätte.
Line-up:
Jimmy Page (guitar)
Robert Plant (guitar, vocals)
John Paul Jones (bass, keyboards)
John Bonham (drums)
Tracklist
01:In The Evening
02:South Bound Saurez
03:Fool In The Rain
04:Hot Dog
05:Carouselambra
06:All My Love
07:I'm Gonna Crawl
Externe Links: