The Living / The Sin
The Sin Spielzeit: 26:39
Medium: EP
Label: Eigenproduktion, 2007
Stil: Progressive Rock

Review vom 05.05.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Nachdem die EP Bedd Tracks nur sechzehn Minuten tollen Hörspaß bot, kann man auf der Vorgänger-Platte ganze zehn Minuten mehr The Living genießen. Die Band startete ja im kanadischen Vancouver und ist mittlerweile in Berlin ansässig. »Exotic Symphonic Rock« nennt die Gruppe selber ihre Musik. Die klassischen Anteile sind auf "The Sin" etwas deutlicher vertreten. Dennoch ist die Fusion aus zum Teil krachenden Gitarren, Gesang und furioser Rhythmik verdammt anregend. Elyse Jacobsen ist eine famose Violinistin und die Stimme von Meg Todd steht dem in nichts nach. Die Mixtur der allesamt selbst geschriebenen Tracks ist hinreißend gelungen. Parallelen zur zweiten CD zieht man da gerne.
Instrumente wie eine Querflöte sowie Sitar bringen noch einen weiteren Zugewinn in Sachen Freude vor den Lautsprechern und gar ein Didgeridoo kommt zum Einsatz. Der The Living-Rock ist wie ein Expander mit fünf Gummiseilen. Zwischen entspannten Phasen mit verträumtem Charakter kann die Combo im nächsten Moment abrocken, als wäre der Teufel hinter der armen Seele her. Immer wieder findet die Gruppe eine musikalische Lösung, die aus zum Teil dramatischen Songsituationen herausführt. Die Kombination mit dem Einklang der Gitarren sowie Violine und dem Groove der Rhythmusabteilung ist beeindruckend und manche abrupten Wechsel zu einer anderen Instrumentierung machen richtig Spaß. Die einzelnen, von Mike Bell geschriebenen Songs sind vorzüglich arrangiert.
Was mit den Instrumenten prächtig funktioniert, geht ebenfalls voll beim Gesang auf, denn Meg Todd ist da nicht alleine auf weiter Flur. Im Verbund mit den männlichen Stimmen geht es ebenfalls hin und her. Locker überbietet The Living ein Chamäleon, was das Wechseln der Stimmungen angeht. Da braucht es auch einen versierten Schlagzeuger sowie Bassisten. Beide setzen in der treibenden Musik ebenfalls Akzente. Was als Ballade beginnt, endet in einem Kuriositätenkabinett der Klänge. Jedes einzelne Element ist ein sinnvolles Puzzleteil des gesamten Sounds und so fügt sich eines zum anderen. Die fünf Tracks sind fernab von Langweile angesiedelt, denn der Band scheinen tatsächlich nie die Ideen auszugehen. Immer wieder vermag die Geigerin in den Songs gewandt Anteile aus der Klassik unterzubringen und auch das Kontingent an verschiedenen Rhythmen ist beeindruckend.
Im Gegensatz zu "Bedd Tracks" setzt The Living mehr auf die Sechssaiter. Keyboards sind gar nicht enthalten und spielen somit keine Rolle im "The Sin"-Konzept. Ausnahmen bestätigen die Regel: "Matakat" befindet sich in eher arabesken Gefilden. Die Violine und Bells Sitar sind da die führenden Klangkörper. Wieder schafft es die Gruppe, dem Song, gerade am Ende, einen ganz eigenwilligen Dreh zu geben.
The Living lässt die Puppen tanzen.
Bell ist in "Marionette" gesanglich mehr involviert und mit der Dramatik des Tracks scheint er mit Todd eine stimmliche Auseinandersetzung zu haben. Dennoch findet man sich auf einem gemeinsamen Pfad wieder und bei den Instrumenten sorgt die Jacobson für schlichtende Elemente.
Selbst eine Komposition wie "Mirror Face" kann das Sextett zu einem Stück mit mehreren Aufzügen gestalten. Gerade mal etwas über drei Minuten lang, scheint sie kein Ende zu finden. Die anderen Spielzeiten befinden sich zwischen fünf und sechs Minuten. Somit ist die Szenerie gespickt mit Aussagekraft und nachdem man nun alle zwei Veröffentlichungen kennt, kommt der Hörer zu der Überzeugung, dass der Name The Living für eine Band mit sehr eigenständiger Musik steht.
Die EP "The Sin" war die erste The Living-Veröffentlichung und schon wieder bin ich begeistert. Hoffentlich begibt sich die Band bald für ein komplettes Album ins Studio. Zu wünschen wäre es und live möchte ich die Gruppe auch irgendwann einmal sehen. Da ist sicherlich für beste Unterhaltung gesorgt.
Line-up:
Mike Bell (vocals, drums, sitar - #4)
Meg Todd (vocals)
Elyse Jacobson (violin)
Jason Nett (guitars, bass)
Alyssa Stevenson (flute - #1,3,5)
Kyle Shepard (vocal effects - #1,3,4,5, didjeridoo - #1, percussion - #1,3,4,5)
Tracklist
01:Tongue & Toxins (5:22)
02:Marionette (5:06)
03:Mirror Face (3:13)
04:Matakat (6:04)
05:Water Child (7:05)
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