Loving The Sun / Colourful
Colourful Spielzeit: 57:11
Medium: CD
Label: Nea Music Production, 2006
Stil: Ambient Rock

Review vom 02.11.2006


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Mit Dreaming Of More hatte die Formation Loving The Sun im vergangenen Jahr ihr Debüt veröffentlicht und positiv auf sich aufmerksam gemacht. Noch mal zur Erinnerung: Loving The Sun kommen aus Münster und bestehen aus der Sängerin Christina Pollmann sowie dem Multiinstrumentalisten Joe Weninghoff. Hinzu kommt für die Backing-Vocals Andrea Heukamp. Inzwischen ist Weninghoff noch aktiver geworden. Erst kürzlich konnten wir das Werk Stone Age von Zeitloop besprechen, wo er ebenfalls sehr ambitioniert die dicken Saiten zupft.
Wenn man das neue Album "Colourful" einlegt, wird es für einen Rock-Freak ungewohnt ruhig. Geradezu relaxt ertönen sphärische Klänge aus den Boxen. Und trotzdem greift man sofort zum Regler, um die Geschichte deutlicher ans Ohr heranzuführen. Das muss man auch, wenn man alle gezielt eingesetzten Effekte wahrnehmen möchte. Deswegen kann man schon im Groben sagen, dass sich "Colourful" sowohl zum dezenten Entspannen im Hintergrund eignet, aber auch die Möglichkeit bietet, sich auf eine musikalische Entdeckungsreise zu begeben. Ganz wie es beliebt.
Hier wird mit psychedelischen Tönen ein Ambiente geschaffen, das einem das Gefühl eines umwerfend schönen Raumklimas andeutet. Und doch lassen die Songs dem Hörer auch die Entscheidungsfreiheit, sein ganz eigenes Hintergrunddomizil aufzubauen. Natürlich sind unheimlich viele Tasten im Spiel, die die Grundstimmung erzeugen. Würde ich von 'floydigen' Tönen sprechen, könnte man annehmen, dass es sich hierbei um historisch wertvollen Prog handeln. Nein, das ist es irgendwie nicht. Zwar wird eine unheimlich dichte Atmosphäre aufgebaut, wie man direkt zu Anfang bei "Eunora (Autumn Leaves)" feststellen kann, jedoch gehen die Gesangslinien von Christina Pollmann in eine ganz andere Richtung. Diese wirken stellenweise beschwichtigend und passen sich dem Soundteppich an. Dabei entstehen kleine Wechselspielchen mit dezenten Flötentönen, die der Schweizer Sandro Friedrich beigesteuert hat.
Aber auch poppige Töne werden offenbart, die ganz locker und flockig vor sich gehen. Wurde bei "Dreaming Of More" noch bemängelt, dass der Gesang stellenweise zu weit im Vordergrund stehen würde, kann man das auf der neuen Scheibe nicht mehr feststellen. Die Mischung macht es aus und die scheint auf der ganzen Linie gelungen. Auch elektrische Gitarren wurden bei den Aufnahmen verwandt. Diese fallen mir so richtig bei "I'll Be Around" auf. Weninghoff spielt dabei keine grundsteinlegenden Riffs, sondern er baut die Sounds in das Gesamtschema mit ein.
Sandro Friedrich gibt übrigens im Track 4 "Marathon" nochmals sein Stelldichein. Dieses Stück würde ich von seinem Ablauf her noch als 'am progressivsten' bezeichnen. Das geht so ein bisschen in Richtung Artrock. Synthie-Sounds, wie sie Eloy in ihrer Spätphase auf dem Album "Performance" stellenweise verwandt haben. Klar wird hier endgültig, dass Loving The Sun keinen Deut von ihrem eingeschlagenen Weg abweichen. Da steckt also ein Konzept hinter, welches anscheinend unnachgiebig verfolgt wird. Das ist auch gut so, kennen wir doch nur allzu oft Bands, die sich einem anderen, erfolgreichen Klischee anpassen wollen. Das trifft hier einfach nicht zu. Vollkommen ohne Anspielungen auf jeglichen Kommerz wurde "Colourful" eingespielt und aufgenommen. Dafür gebührt den Akteuren Respekt.
Im weiteren Verlauf ergeben sich klare Gitarrensounds, hin und wieder meine ich, dass der Bottleneck ausgepackt wird, und interessanterweise werden auch mehr oder weniger authentische Percussionsounds geboten. Die Gesänge werden von Andrea Heukamp ergänzt, und das Ganze ergibt dann durchaus ein schlüssiges System. Was für mich noch nicht geklärt ist, ist die Frage, wer nun für die Grundidee dieser geschriebenen Kompositionen hauptverantwortlich ist. Joe Weninghoff spielte bekanntermaßen mit Christo Jota in der Münsteraner Psychedelic-Band Harmonica High, während sich aus Christina Pollmanns musikalischer Vita neben dem Space auch der Blues herauslesen lässt. Neu ist auf "Colourful" dann wohl doch noch die Erkenntnis, dass an manchen Stellen auch gejazzt wird.
Sei es drum, diese Platte ist außergewöhnlich, und obwohl ich den Vorgänger nicht kenne, nehme ich mal an, dass sich die Musiker auf dem einmal betretenen Terrain weiterbewegt haben. Mal sehen, wohin der Weg führt. "Colourful" ist für Leute geeignet, die wirklich mal etwas anderes wollen, die neugierig und vor allen Dingen offen für nicht alltägliche Klänge sind. Eine Bewertung nehme ich hier erst gar nicht vor, weil mir so gut wie kein Vergleichsmaterial vorliegt. Aber genau das kann dieses Album für so manchen interessant machen.
Line-up:
Joe Weninghoff (guitars, bass, keyboards, drum-looping)
Christina Pollmann (lead-vocals)
Andrea Heukamp (backing-vocals)
Sandro Friedrich (flutes -#1,4)
Tracklist
01:Eunora (Autumn Leaves) (5:07)
02:Warm Wind (5:39)
03:I'll Be Around (6:56)
04:Marathon (5:48)
05:Night Time (4:32)
06:Morning Dreams (8:52)
07:Cure Me (5:49)
08:Wish You Everything (4:18)
09:Go Away (4:42)
10:Day's Go Around (5:25)
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