Mit UDO LINDENBERG auf Tour - Deutschland
im März 2012
Ein Roadmovie von Hannes Rossacher
Mit Udo Lindenberg auf Tour Spielzeit: 120:00
Medium: DVD
Technik
Disc-Type: DVD-9
Bildformat: Pal, 16:9
Tonformat Roadmovie: DD Stereo, DD 5.1, DTS 5.1
Tonformat Bonusmaterial: DD Stereo
Regioncode: 2
Sprache: Deutsch
Label: Warner Music/Starwatch, 2012
Stil: Deutschrock


Review vom 01.02.2013


Steve Braun
Wow, sagt man sich nach dem gut 93-minütigen Hauptfilm! Wow, aber war da nicht noch was?? Man muss das filmische Meisterwerk des österreichischen Szenestars Hannes Rossacher schon zweimal schauen, um zu verstehen, dass es nicht einfach ein 'Making of... Ich mach mein Ding', also eine klassische Bonus-DVD zu einem Konzertfilm ist... und erst dann vermisst man eben diesen nicht mehr!
"Ich mach mein Ding" war fraglos ein ganz großes Ding!! Und RockTimes durfte bei der Premiere in Mannheim vor Ort sein. Es war fraglos DAS Konzert-Highlight des vergangenen Jahres: Tänzerinnen, Akrobaten, Vampire, Gaststars, irre Effekte und ein Zeppelin. Völlig klar, dass das ein 'Nachspiel' haben musste und dieses war von langer Hand geplant. Der besagte Hannes Rossacher, Macher der Kultserie "Weltberühmt in Österreich - 50 Jahre Austropop" (immer mal wieder auf unseren öffentlich-rechtlichen Digitalsendern zu sehen) drehte eine Tourdokumentation, die etwa ein halbes Jahr später mit großem Erfolg in die Lichtspielhäuser der Republik kam und nun für das Pantoffelkino wahlweise als DVD oder Blu-ray daherkommt.
Udo Lindenberg Rossacher tut sein Möglichstes, um hinter Lindenbergs riesige Sonnenbrille zu schauen. Es gelingt ihm nur bedingt, denn in diesen sensiblen Bereich dürfen offenbar nur ganz wenige Menschen blicken. Viel lieber gibt unser Udo den Kasper und hampelt vor der Kamera herum. Sehr viel aufschlussreicher wird es deshalb, wenn Udos langjährige Wegbegleiter zu Wort kommen. Wenn beispielsweise sein 'Johnny Controletti' Eddy Kante, Bodyguard oder besser persönlicher Assistent, in anrührender Weise von seinem 'Chef', der wohl eher ein ganz enger Freund ist, spricht. Oder wenn Steffi Stephan die 'deutsche Route 66' (die Rede ist von der B54) vorstellt: Gronau/Burgsteinfurth/Münster - die Geburtsorte von Lindenberg, Bertram Engel und ihm selbst. Ja, und natürlich wenn Schwester Inge vom Tod des Bruders Erich und der Bedeutung des Liedes Stark wie Zwei erzählt. In solchen Momenten kommt man dem Phänomen Udo Lindenberg sehr viel näher, als in den Clownerien des Hauptdarstellers.
Die Fotografin Tine Acke sorgt dann für eine Schlüsselszene des Films, wenn sie ihren Mann als Exzentriker beschreibt, den es deprimiert, wenn er im Ausland nicht erkannt wird. Soso, das wissen wir doch schon seit Wolf Maahn... dass der Clown manchmal den Blues hat. Aber nur, weil man nicht erkannt wird?? Tsts, das lässt tief blicken...
Udo Lindenberg Offenbar ins Detail verliebt lässt Rossacher keinen Aspekt dieses Megaprojektes außen vor. Es wird deutlich, was hier an Planungen und Vorbereitungen bis zur letztendlichen Realisation nötig war, welcher Aufwand betrieben wurde, wie zu keinem Zeitpunkt an den Kosten 'geknappst' wurde. Verwoben werden diese Geschichten in den 'Kapiteln', die den Hauptfilm durchstrukturierten: die Proben in Heidelberg sowie die Auftrittsorte Mannheim, Frankfurt/Main, Hamburg, Berlin, Leipzig und Köln. Man darf sich das jetzt nicht als eine Dokumentation mit konkretem Handlungsstrang vorstellen. Diese Szenen werden eher collagenhaft verflochten und verdeutlichen den künstlerischen Anspruch des Regisseurs. Das ist zwar manchmal nicht gerade 'einfach' für den Zuschauer, aber dafür kann man sich ja diese DVD auch mehrfach anschauen - kurzweilig genug ist sie allemal!!
Was nicht im Hauptfilm - wahrscheinlich um das 90-Minuten-Format nicht zu sprengen - verstaut wurde, kann man im wirklich bemerkenswert umfangreichen Bonusmaterial anschauen. Am Ende hat man wirklich den Eindruck, den immensen Aufwand hinter diesem Projekt verstanden zu haben. Der Respekt vor allen im Hintergrund Verantwortlichen, den Akteuren und natürlich vor der Leistung des 66-jährigen, immer noch jugendlichen Hauptdarstellers wächst ins nahezu Grenzenlose. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass Udo Lindenberg zwar nie ganz weg vom Fenster war, aber doch so etwas wie eine Durststrecke hatte. [8-tung Wortspiel: vor allem in Zeiten, als der Durst besonders groß war!] Aber im Alter von 60+ die ersten beiden Nummer-1-Alben...?? Da kann man nur den Schlapphut ziehen!
Udo Lindenberg Am Ende bleibt eigentlich nur diese eine Frage offen, die mich schon im März 2012 gewaltig gepiekst hatte: Was für eine ominöse Rolle spielte eigentlich Kai Dieckmann bei "Ich mach mein Ding"??? Man konnte ja durchaus den Eindruck haben, dass das Boulevardblatt mit den vier ganz großen Buchstaben und noch größeren Schlagzeilen ständig am Puls des Geschehens war und genüsslich einen riesigen medialen Zirkus inszenierte. Ob es pure Ironie ist, wenn Udo Lindenberg vor laufender Kamera seiner Entourage die neuesten Superlative vorliest? Ich befürchte mal, eher nicht...
Man muss eine kurze Rückblende setzen: Udo Lindenberg stand eigentlich seit ich ihn kenne mit BILD auf Kriegsfuß. Sämtliche Anbiederungsversuche von deren Seite im Verlauf des "Sonderzug nach Pankow"-Hypes perlten an dem Rock-gegen-Rechts-Rocker ab. Bertram Engel war sogar mit seinen Gebrüdern Engel auf dem Sampler "Gegen BILD-Lieder" mit dem Song "Klau, lies und kotz" vertreten. Initiator dieser höchst politischen Aktion waren - so ganz nebenbei bemerkt - der Schriftsteller Günther Wallraff und der Frankfurter Liedermacher Lerryn alias Dieter Dehm alias IM 'Willy' alias IM 'Dieter'.
Dreißig Jahre später nutzt man anscheinend gerne die mediale Infrastruktur eines allen Anstrengungen zum Trotz schmuddelig gebliebenen Massenblattes. Offenbar gehört auch dies zum Erfolg eines solch großen Megaprojektes wie "Ich mach mein Ding". Kopfschüttelnd quittiert es der leicht irritierte Rezensent... oder, um es im O-Ton mitzusummen:
»Was hat die Zeit mit uns gemacht? Was ist denn bloß aus uns geworden?«
Fazit: "Mit Udo Lindenberg auf Tour - Deutschland im März 2012" ist KEIN Konzertfilm. Wer das erwartet, muss enttäuscht werden, was natürlich nicht heißen muss, dass da nichts Entsprechendes in der Planung wäre. Nein, man darf sich da durchaus sicher sein...
Bei der vorliegenden DVD handelt es sich erstmal um einen künstlerisch hochwertigen Roadmovie getreu eines Satzes, der das Lebensmotto Udo Lindenbergs sein könnte:
»Mein Herz bleibt hier - die Füße gehen weiter...«
Tracklist
Ein Roadmovie- Director's Cut
01:Das Leben
02:Mein Ding
03:Strassenfieber
04:Odyssee
05:Die Bühne ist angerichtet
06:Candy Jane
07:Johnny Controletti
08:Goodbye Sailor
09:Honky Tonky Show
10:Der Greis ist heiss
11:Bis ans Ende der Welt
12:Sonderzug nach Pankow
13:Alles klar auf der Andrea Doria
14:Ganz anders
15:Stark wie zwei
16:Leider nur ein Vakuum
17:Horizont
18:Cello
19:Gegen die Strömung
20:Mädchen aus Ost-Berlin
21:Sie brauchen keinen Führer
22:Wozu sind Kriege da
23:Ich schwöre
24:Höllenfahrt
25:Meine erste Liebe
26:Was hat die Zeit aus uns gemacht
27:0-Rhesus negativ
28:Boogie Woogie Mädchen

Bonusmaterial:
01:Durchlaufprobe
02:Heimleiter
03:Lightshow
04:Zeppelintechniker
05:Tänzerinnen
06:Aufbau der Bühne
07:Vampir
08:Kugel-Artistin
09:Bühnenpremiere
10:B-Bühne
11:Inge Lindenberg
Externe Links: