Volker Lechtenbrink / Leben so wie ich es mag (Die Singles, plus…)
Leben so wie ich es mag (Die Singles, plus…) Spielzeit: 84:45
Medium: CD
Label: Bear Family Records, 2010
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 23.05.2010


Markus Kerren
Der Hamburger Volker Lechtenbrink hat genau betrachtet sein ganzes Leben im Showbusiness verbracht, wobei seine größte Liebe eigentlich schon immer das Schauspielern in jeglicher Form (Theater, Film & Fernsehen) war. Die Karriere als Sänger ergab sich dagegen eher aus Zufall, wenn sich unser Protagonist auch hier mit Haut und Haaren rein warf. Ausgelöst wurde das Ganze, als er Anfang der Siebziger in einer für ihn schwierigen Zeit die Musik des amerikanischen Singer/Songwriters und Schauspielers Kris Kristofferson für sich entdeckte. Er steigerte sich geradezu in einen Kristofferson-Wahn, sprach von nichts mehr anderem und fing an, dessen Texte ins Deutsche zu übersetzen.
Ein paar Jahre später brachte er diese dann zusammen mit Knut Kiesewetter in Songform und das Duo versuchte, geneigte Interpreten dafür zu finden. Aber im Prinzip war allen Beteiligten schon vor den vielen freundlichen Absagen klar, dass Lechtenbrink selbst am besten dafür geeignet war, diese Nummern aufzunehmen. Bereits das erste Album traf auf sehr viel Wohlwollen bei den deutschen Musikinteressierten und auch die erste Single, "Der Macher", die im April 1976 veröffentlicht wurde, entwickelte sich zu einem Hit. 13 Jahre lang, bis schließlich 1989 die letzte Scheibe "Herzschlag" erschien, nahm Lechtenbrink um die zehn Alben auf und konnte immer mal wieder einen Hit in den Charts platzieren.
Auf der nun von der Bear Family veröffentlichten Compilation "Leben so wie ich es mag" finden wir sowohl die A- wie auch B-Seiten von neun Singles aus den Jahren 1976 - 1981. Wenn man es nicht wusste, bzw. die Vorlagen nicht kannte, bemerkte man wahrscheinlich gar nicht, wie groß der Einfluss Kristoffersons (aber auch der anderer amerikanischer Helden wie z.B. Johnny Cash) tatsächlich war. Selbst die musikalische Ausrichtung - speziell der ersten Alben - hielt sich doch deutlich in Country-Gefilden auf. Aber der Fokus von Lechtenbrinks Liedern liegt vor allem auf dem Gesang und natürlich auch den Texten.
Und die sind aus heutiger Sicht sehr interessant und gut ausgefallen. Wenn die Songs ab und zu (eher die Ausnahme) mal gefährlich nahe am Schlager kratzen, so sind es gerade die Lyrics, die diese Nummern dann doch noch retten. Behandelt werden kleine Alltagsgeschichten, Nachdenkliches über den eigenen Gemütszustand oder den ein oder anderen Mitbürger, scharf beobachtet mit den observierenden Augen des zufälligen Beistehers. Nun hat(te) der Hamburger ja nicht unbedingt den größten Tonumfang, aber die Art, wie er seine Geschichten erzählerisch rüberbringt, die hat was. Allein deshalb schon macht es Spaß, sich diese CD anzuhören.
Auch an eingedeutschte Coversongs wie zum Beispiel "Der Spieler" ("The Gambler" von
Kenny Rogers), "Der Macher" ("The Taker" von Kris Kristofferson) oder "Die Geschichte vom Indianer Ira Hayes" ("The Ballad Of Ira Hayes" von Johnny Cash, geschrieben von Peter LaForge) hat er sich rangewagt. Um ehrlich zu sein muss man zwar sagen, dass er dabei nie die Originale übertreffen konnte, aber es macht trotzdem mächtig Laune, diese Songs mal in deutscher Sprache zu hören. Bei manchen dieser Covers (z.B. bei "…Ira Hayes") werden zwar essentielle Textpassagen des Originals außen vorgelassen, aber diese mögen eventuell zu 'amerikanisch' für den deutschen Plattenmarkt gewesen sein. Vor allem Kristoffersons "Sunday Morning Coming Down" (heißt bei Volker schlicht "Sonntag Morgen") und "Komm und hilf mir durch die Nacht" ("Help Me Make It Through The Night") sind sehr gut gelungen.
Aber Lechtenbrink hat auch einen feinen Humor, was sich herrlich an Tracks wie etwa "Harry Lehmann", "Erst drüben die Dame" oder auch "Zugbekanntschaft" erkennen lässt. Und selbstverständlich darf auch sein größter Hit, "Leben so wie ich es mag" (bei dem ihm Peter Maffay kräftig zur Hand ging), nicht fehlen. Dieses Stück hatte auch ich mir damals im Jahr 1980 als Single gekauft, hatte kräftig mitgerockt und auch an dem individualanarchistischen Text konnte ich mich in jungen Jahren kaum satt hören. Heute noch mal ins CD-Fach geschoben schießt mir umgehend Claptons "Tulsa Time" als Vorlage durch den Kopf. Macht aber gar nichts, da die Nummer richtig schön Feuer und von ihrem Charme nach wie vor nichts verloren hat.
Mir macht diese Compilation sehr großen Spaß. Sogar so sehr, dass ich es sehr begrüßen würde, wenn hier noch ein Nachfolger hinterher geschoben würde, der die Jahre von 1982 - 1989 behandelt. Warum Volker Lechtenbrink damals die Plattenaufnahmen an den Nagel hing, wird im gewohnt großzügigen Booklet der Bear Family leider nicht erwähnt. Zu erfahren sein wird dies sicher in der Autobiographie "Gib die Dinge der Jugend mit Grazie auf", die seit März diesen Jahres in Buch- und CD-Form auf dem Markt ist und auf die wir gerne hinweisen möchten. Der Verdacht liegt nahe, dass wir dort einen hochinteressanten Einblick in die Künstlerwelt des Deutschlands der letzten 40 Jahre bekommen werden.
Tracklist
01:Der Macher
02:Der Engelszungenteufel
03:Junge, lass' die Flasche steh'n (Aus den Augen, aus dem Sinn)
04:Volker und das Kind
05:Harry Lehmann
06:Ein Stück Holz
07:Du siehst zu gut aus
08:Ich bin pleite
09:Erst drüben die Dame
10:Wir beide suchen die Sonne
11:Hitch-Hike Baby
12:Der Saenger
13:Der Spieler
14:Die Geschichte vom Indianer Ira Hayes
15:Leben so wie ich es mag
16:Wir sind zusammen und allein
17:Ein Indianer kennt keinen Schmerz
18:Zugbekanntschaft
19:Sonntag Morgen
20:Hilf mir durch die Nacht
21:Alles schien viel leichter
22:Der Träumer
23:Keiner gewinnt
24:Pop Band Nummer Eins aus Hamburg 13
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