Spielzeit: 63:55 Medium: CD Label: Embracy/Universal, 2010 Stil: Vocal Music Review vom 15.04.2010 Joachim 'Joe' Brookes

Die Ziffer Sieben hat nicht nur eine magische Bedeutung, sondern kann auch Glück bringen.
Sieben Jahre haben Bobby McFerrin sowie Komponist und Chorarrangeur Roger Treece damit verbracht, dieses einzigartige Album auf die Beine zu stellen. Bobbys Vater war der erste afroamerikanische Sänger an der Metropolitan Opera. Eine massive Vorlage, die McFerrin mittlerweile allerdings durch eigene Künste schon lange kompensiert hat. Der Körper, die Stimme als Klangelement schlechthin ist seine Stärke. Wenn Treece beziehungsweise McFerrin tausende von Stunden im Studio verbrachten, so hat die vorliegende Platte eine mindestens identische qualitative Entfernung zu "Don't Worry Be Happy".

Das aktuelle Album trägt den fantasievollen und sehr treffenden Titel "VOCAbLurieS".
Deutlich zu lesen, schält sich da der Begriff 'vocals' heraus und bei dieser CD fragt man sich wirklich, welchen Sinn Instrumente als Ausdrucksmittel für Gefühle und Empfindungen machen. Im wahrsten Sinn des Wortes ist McFerrins neuestes Werk ein Rundling mit fast ausschließlich Stimmen… Vocal Music. Hier und da gibt es eine nicht störende Verstärkung durch perkussive Instrumente oder in "Messages" ein Saxofon.

Roger Treece hat ebenfalls einige ältere McFerrin-Aufnahmen neu durchkomponiert. Den Sänger kann man mit allen möglichen Stilen in Verbindung bringen. Jazz, Gospel, Blues, Rock, Pop sind selbstverständlich und die Klassik ist ebenfalls kein Fremdwort für den mittlerweile Sechzigjährigen. Er hat am 11.03. Geburtstag und fast könnte man, ohne zu übertreiben, behaupten, er hat sich selber sein schönstes Geschenk zum runden Geburtstag gemacht.

Die Liste der mitwirkenden Sängerinnen und Sänger ist beeindruckend lang, allerdings nicht benannt.
Treece hat einzelne Stimmen oder Gruppen aufgenommen. Insgesamt sollen es fünfzig Personen gewesen sein, die 1.400 Tonspuren füllen. Daraus ist eine Begleitung entstanden, die als virtueller Chor bezeichnet wird. Wenn Treece die Songs durchkomponiert hat, dann muss es irgendwann eine fixierte Zusammenstellung aller Stimmen sowie deren Ordnung gegeben haben. Insofern ist ein Begriff wie Improvisation hier definitiv fehl am Platz.

Dennoch sind die sieben Songs (da ist die Ziffer wieder), mit zum Teil über zehn Minuten Spielzeit Nahrung für Kopf und Bauch. Diese beeindruckende und wohl einzigartige Platte kann man nicht so einfach nebenbei zu seinem eigenen Erlebnis machen. Da braucht der Hörer Zeit und nimmt sich diese gerne.

Die Vielfalt an stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten ist beeindruckend. Die in dieses Vokalalbum, nennen wir einmal so, eingeflossenen Stile sind an fünf Fingern nicht abzuzählen. Hier finden sich so viele Einflüsse wieder, dass es schon unnötig ist, diese zu benennen. Nicht einmal die einzelnen Lieder sind einem Genre zuzuordnen. Auch das erzeugt Spannung! Erstaunlich ist, wie die Stile in einander übergehen beziehungsweise sich überlagern. Viele Stimmen, viele Stile, viele Sprachen... "VOCAbuLurieS" ist kosmopolitisch und somit World Music.

Man ist geneigt zu schreiben, dass dieses Album zwar eine Strukturierung hat, aber an und für sich braucht es keine Songtitel. Das Werk ist eine gigantisch gelungene Inszenierung von gesanglichen Klängen und, zugegeben, man muss so etwas mögen. Es gibt ja Leute, die um Instrumentalalben einen möglichst großen Bogen machen. Bestimmt gibt es Musikanhänger, die mit dieser Produktion nichts anfangen können. Schade, denn ein offenes Ohr sollte man diesem Album gönnen, um es dann mit beiden Ohren aufzusaugen.

"VOCAbuLarieS" ist ein vokales Meisterwerk von noch nie da gewesener Schönheit. Musikalischer Katzenjammer klingt anders. Bobby McFerrin erweitert den Radius der musikalischen Vorstellungskraft deutlich. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Das Album ist einzigartig!