Mad Max / Night Of White Rock
Night Of White Rock
Allen Unkenrufen zum Trotz scheint die Old-School-Hard-Rock Institution der Gattung 'Homo Teutonicus' noch lange nicht dem Aussterben preisgegeben zu sein.
Einer dieser Vertreter hat sich jetzt, nach 16 Jahren, wieder zusammengefunden, um mit ihrem neuen Stückwerk den rückenmarksgesteuerten Achtziger-Jahre-AOR-Metal die nötige Gegenwarts-Kompatibilität zu verleihen.
Die Münsteraner Mad Max versuchen in der wiederbelebten Originalbesetzungs-Konstellation mit Multitalent, Sangeswunder, Gitarrist und Hauptsongschreiber Michael Voss, Bassist Roland Bergmann, Gitarrist Jürgen Breforth und Schlagzeuger Axel Kruse, der bis heute erfolgreich mit Jaded Heart seinen Weg gegangen ist, die musikalischen Glanztaten ihrer Anfangstage etwas aufzupolieren.
Sicherlich hat Kreativkopf Michael Voss wohl den Hauptanteil für dieses Unterfangen zu tragen. Besagter hat sich seit Anfang der 90er mit seiner Hauscombo Casanova als ernsthafte Konkurrenz zur amerikanischen AOR-Bandszene etabliert, und genießen Kultstatus auf dem weltweiten Melodic-Rock Sektor. Von Labelproblemen und sonstigen Ausfällen gebeutelt wurde dieses Bandbaby für den Japanischen Markt reanimiert, und veröffentlichte postum Ende 2004 mit "All Beauty Must Die" ein sensationelles Comeback-Album.
Ansonsten tanzt Herr Voss gern auf mehreren Bandhochzeiten. So hob er unter anderem mit Ausnahmesänger Gary Barden die Melodic-Combo Silver aus der Taufe,und machte sich als Produzent einen Namen. Als mittlerweile meistbeschäftigter Mann in der nationalen und internationalen Hardrockszene, würde es diesen Rahmen sprengen, alle Projekte aufzuzählen, die unter seinen begnadeten Händen mitgeformt wurden.
Mad Max dagegen starteten 1984 mit dem vielgepriesenen Debüt "Rollin Thunder", das weltweit vom niederländischen 'Roadrunner' Label veröffentlicht wurde und sie damals als legitime Scorpions Nachfolger hochstilisierte, ihren Werdegang.
Leider konnte das grauenhafte Nachfolgewerk "Stormchild"(1985) nicht daran anknüpfen. Sie gaben bis dato als deutsche Hoffnungsträger dennoch nicht auf,und konnten unter Mithilfe vom Topproduzenten Dirk Steffens (u.a. Accept) mit "Night Of Passion"(1987) noch einmal bei den Medien und dem Zielpublikum punkten.
Nach reger Tourarbeit verließ Michael die Gruppe um sich der Europakonzertreise von Bonfire anzuschließen, und danach die schon genannten Casanova zu formieren.
1999/2000 flammte das Unterfangen noch einmal kurz beim 'Point Music' Label für ein weiteres Album "Never Say Never" auf, das aber sang und klanglos in der Versenkung verschwand.
Desto überraschender ist es, dass die Herren es jetzt noch einmal wissen wollen, zumal jene ja arbeitstechnisch gut ausgelastet sein dürften. Während sie in den 80ern mit ihren Texten vordefinierte 'Harte Jungens' Klischees bedienten, zeigen Voss & Co. den hartgesottenen Fans jetzt die positive, christliche Kehrseite der Medaille. Hardrockalben die zur Abwechslung mal von Liebe und Erlösung, dem Bekenntnis zu Gott, sprachen, verkauften sich damals wie warme Semmeln. Nun liebäugeln die Münsteraner in diesen unchristlichen Zeiten mit dem Genrehörer, der wieder optimistisch und besinnlich in die Welt schauen möchte.
Sie predigen auf "Night Of White Rock" ihre Botschaften, die von Glaube, Liebe, Hoffnung und Respekt füreinander künden.
Die Texte wurden allesamt von Rhythmusgitarrist Jürgen verfasst, Michael hat dazu die Musik geschrieben und das Album produziert.
Mad Max wenden sich musikalisch nicht neuen Sounds zu, sondern zelebrieren das, was sie schon immer am besten konnten: melodischen Hardrock der Extraklasse.
Die 'westfälischen Eidgenossen' setzten ihren Neustart konsequent fort, verzichten auf Trendanbiederei und bauen wieder auf die bekannten Trademarks: glattpollierte Gitarrenriffs mit Melodie, Adult Oriented Rock - irgendwo in der Schnittmenge zwischen den alten Dokken, Def Leppard und den Christenrockern Stryper.
Keine Frage, die Protagonisten beweisen hierbei Schneid auf ihren Instrumenten. Es ist auch sonst alles vorhanden:metallische Nackenbrecher wie der Opener "To Hell And Back Again", "Losin It" oder "Upon My Soul", charakteristische Midtemponummern, eine zuckersüße Schnulze ("Hope To See You") und ein noch erträglicher Balladeanteil.
Kleine ausgeklügelte Details, wie die beachtliche Orgelintonierung und gehörstreichelnde Backingchöre ("Bad Day In Heaven", "Night Of White Rock") fahren technisch auf allerhöchster Schiene.
Ein gehöriger Anteil der Kompositionen strotzt geradezu mit Ohrwurmqualitäten und sind mit viel 80er Pathos ausgestattet, liefern aber musikalisch nicht wirklich etwas Neues. So ist es nicht vermeidbar, dass sich an vielen Stellen Reminiszenzen an die 'großen' Vorbilder der letzten 30 Jahre wieder finden, wie bei "Homeless" etwa, dass die Anhängerschaft von Blue Öyster Cult aufhorchen lassen dürfte, oder den Wiederbelebungsversuch eines poplastigen Def Leppard Klons ("Hope To See You").
Um so mehr stellen Mad Max damit unter Beweis, dass traditionelle und moderne Melodic-Hardrock-Attitüden sehr gefällig miteinander harmonieren können. Spaß und gute Laune sind hier aus meiner bescheidenen Sicht geradewegs vorprogrammiert.
Sänger und Gitarrero Michael Voss liefert wieder mal, wie nicht anders zu erwarten, eine überragend professionelle Leistung ab, denn so aggressiv wie er sich in den kraftgeladenen Momenten zeigt, so gefühlvoll agiert er in den kleinen Melodic-Hymnen ("Bad Day In Heaven") und Balladen.
Diese Platte braucht mit Sicherheit einige Durchläufe, um den Hörer mit den Songs so richtig warm werden zu lassen, da es eigentlich keine wirklichen Höhepunkte gibt.
Die exzellente und druckvolle Produktion, die bei den Melodic-Rock-Freaks der alten Schule kaum Wünsche offen lassen dürfte, wird es leider trotzdem schwierig haben, bei der Fülle der letzten Genreveröffentlichungen, den Konsumenten von der Qualität der Musik zu überzeugen.


Spielzeit: 43:44, Medium: CD, AOR Heaven, 2006
1:To Hell And Back Again (3:20) 2:Losin It (3:33)3:Hope To See You (4:13) 4:Unbelievable (4:24) 5:Sun (4:51) 6:Homeless (4:52) 7:Raise Your Voice (3:13) 8:Upon My Soul (3:47) 9:Bad Day In Heaven (4:38) 10:Night Of White Rock (5:25) 11:(Just A) Melody (1:28)
Ingolf Schmock, 17.01.2006