Maiden UniteD / Across The Seventh Sea
Across The Seventh Sea Spielzeit: 51:01
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2012
Stil: Akustik Rock

Review vom 26.10.2012


Boris Theobald
Das konnte ja noch nicht alles gewesen sein! War es auch nicht. Auf ihrem 2010er Premierenwerk Mind The Acoustic Pieces hatten sich die vom Projekt zur Band erwachsenen Jungfrauen-Nachmacher von Maiden UniteD auf ein einziges Maiden-Album beschränkt, "Piece Of Mind". Für mich war das etwas unverständlich. Zum Glück gibt es jetzt mit "Across The Seventh Seas" einen Nachfolger, der sich eines bunten Querschnitts (früherer Tage) angenommen hat, Songs von 1980 (auf "Iron Maiden") bis 1988 ("Seventh Son ..."). Die Methode ist dieselbe. Eine Handvoll Musiker spielen Maiden-Songs in Akustikversionen, komplett gestrippt und umarrangiert. Die bekanntesten sind wohl Gitarrist Ruud Jolie von Within Temptation und Sänger Damian Wilson (Threshold, Headspace). Eine Gastsängerin wie beim Debüt (Anneke van Giersbergen) gibt es dieses Mal nicht, dafür auf zwei Tracks das Cello von Apocalyptica-Mann Perttu Kivilaasko.
Das Strickmuster von Maiden UniteD ist schnell durchschaut und wird nur selten variiert: Nach ruhigem Einstieg baut sich ein dynamischer Drive auf Akustikgitarre und Flügel auf. Das Tempo der Vorlagen bleibt (meist!) unangetastet - aber es fühlt sich oft gedrosselter an, denn manchmal ändert sich die Gangart. Bei "2 Minutes To Midnight", zum Beispiel. Das ist einer der ganz starken Songs auf diesem Tribute-Album, weil er seine eigenen Wege geht. Ganz elegisch und nur mit Pianobegleitung intoniert Damian Wilson als Intro den Refrain mit ganz viel Seelenschmerz und Wehmut. Dann geht es minutenlang ähnlich melancholisch-balladenhaft durch die Strophen, ehe in dieser Version erst nach dreieinhalb Minuten der erste (reguläre) Chorus seine Aufwartung macht. Ab da wird ein Schalter umgeknipst und die Band macht richtig Dampf und schraubt auch die Lautstärke hoch. Das geht schließlich auch im akustischen Gewand!
Ganz ähnlich verhält es sich mit "22 Acacia Avenue" mit seinem nachdenklichen Mandolinen-Start Stimmung. Nach drei Minuten geht die Post ab. Und auch, wenn andere Songs näher am Original bleiben - irgendeinen Überraschungseffekt gibt es immer, beispielsweise wie sich der Charakter eines Songs wie "The Evil That Men Do" verändern kann, wenn daraus eine introvertierte Ballade wird. Persönlich freue ich mich sehr über zwei meiner aboluten Maiden-Favoriten, "Infinite Dreams" und "Wasted Years". Bei Letzterem ist zwar klar, dass sich die großen Melodien hier wunderbar interpretieren lassen, dennoch ist das Stück keines der stärkeren, weil es so nah am Original bleibt. Das gilt zwar auch für das komplexe "Infinite Dreams", dafür taucht hier das Cello als Ersatz für die zweite Lead Gitarre auf; und im Tempo-Instrumentalpart klingt die Akustiktruppe kurzzeitig wie bei der Eröffnungsparty eines Folk Rock-Festivals.
Richtig stark sind dann noch zwei Stücke, die man auch als Maiden-Fan nicht automatisch auf dem Schirm und die es erfreulicherweise auch auf das Album geschafft haben. "Prowler" (im Original auf dem Debütalbum) und "Flash Of The Blade" (im Original auf "Powerslave"). Die markanten und treibenden Lead-Gitarren-Motive beider Stücke wurden für die Akustikversionen regelrecht 'zerlegt' und die Wahnsinns-Melodien lyrisch und handzahm serviert. Vor allem "Flash Of The Blade" ist extrem gut gelungen mit seinem ganz nachdenklichen und verlangsamten Beginn und nahezu dramatischem Finale - dazwischen denkt manch ein Hörer vermutlich kurz, er hätte sich in eine Latin-Bar verirrt. Das sind die kleinen Überraschungen ... Keine Überraschung ist die überragende Leistung Damian Wilsons. Er ist der Star der Veranstaltung, steht sehr markant im Vordergrund und zelebriert elegisch bis ekstatisch die unmenschlichsten Tonlagen. Zwischen Genie und Wahnsinn! Klasse - Höhepunkt: "Children Of The Damned".
So, wo auf der Skala bewertet man nun eine Scheibe von Maiden UniteD - wo zwischen Einmal-hören-und-nie-wieder und Pflichtkauf sortiere ich "Across The Seventh Sea" ein? Das ist wirklich nicht einfach. Fakt ist: Die Scheibe ist gute Unterhaltung. Handwerklich ist das ganz große Klasse. Und als kleiner Nebeneffekt lassen mich diese Versionen auch immer wieder schmunzeln, wenn die Arrangements stellenweise so gar nicht zur Aussage der Lyrics passen - so wie gedrückte Stimmung zu Beginn von "22 Acacia Avenue". Oder wenn Damian Wilson bei "2 Minutes To Midnight" mit fragilem Pathos dazu aufruft, die ungeborene Kreatur zu töten, bevor sie an Mitternacht den Mutterleib verlässt. Das ist fast, wie wenn Metallica "Alle meine Entchen" spielen würden - wunderbar skurril! Und ein Hinhörer, um Metal-Freunde beim nächsten Hausbesuch zu überraschen, ist dieses Album allemal!
Line-up:
Mike Coolen (drums)
Ruud Jolie (acoustic guitars, mandolin, backing vocals)
Marco Kuypers (grand piano)
Damian Wilson (vocals)
Joey Bruers (bass)

Guest musician:
Perttu Kivilaakso (cello - #6,8)
Tracklist
01:Only The Good Die Young (5:19)
02:2 Minutes To Midnight (6:54)
03:Prowler (4:22)
04:Flash Of The Blade (4:13)
05:Children Of The Damned (4:53)
06:Infinite Dreams (5:54)
07:22 Acacia Avenue (9:00)
08:The Evil That Men Do (4:36)
09:Wasted Years (5:49)
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