Manilla Road / Open The Gates
Open The Gates Spielzeit: 53:10 (Digi: 60:40)
Medium: LP/CD
Label: Black Dragon (LP: 1985, remastert als CD 1998) / Dragonheart (Digi-CD 2001)
Stil: Epic Metal


Review vom 18.12.2007


Andrea Groh
Manilla Road wurden 1977 von Mark Shelton gegründet. Die Musik der Anfangszeit ist eher als psychedelisch zu bezeichnen, auch auf ihrer ersten LP "Invasion", die auf dem bandeigenen Label Roadster Records erschien. Danach erfolgte mit der LP "Metal" eine Veränderung des Stils, weswegen die eigentlich zweite LP "Mark Of The Beast" damals verworfen wurde.
Ihren eigenen Stil fanden Manilla Road mit "Crystal Logik" (1983), das mit den beiden Nachfolgern "Open The Gates" (1985) und "The Deluge" (1986) heute zu den Klassikern des Epic-Metals gezählt wird. Damals aber wurde die Band gnadenlos verrissen, oft von den gleichen Magazinen, die sie heute als Kult hinstellen. Warum? Weil sie einen eigenen, einzigartigen Stil hatten, episch, melodisch, dann auch mal fast schon thrashig. Die Songstrukturen weichen vom normalen Strophe/Chorus-Muster ab und manche Melodien klingen ungewöhnlich. Dazu kommt der kauzige, nasale Gesang von Mark Shelton, der einige abschreckt, aber ganz klar ein Teil des Ganzen ist und die Band von anderen abhebt.
Welches dieser drei Werke das Beste ist, darüber mag man sich streiten. Ich habe mich für das zweite entschieden, da es die erste Veröffentlichung in Europa war und damit auch die erste LP, die ich von Manilla Road gekauft habe. Wobei es ja nicht nur eine LP war, sondern eine LP und eine Maxi, auf die die beiden überlangen Songs ("The Ninth Wave" und "Witches Brew") ausgelagert waren. Das alleine ist schon ungewöhnlich und zeigt, wie viel Idealismus das kleine französische Label Black Dragon bewiesen hat, handelte es sich hierbei doch um das Europa-Debüt einer bis dahin nur Insidern bekannten Band.
Wobei diese beiden Stücke die Sonderbehandlung auch verdient haben. Während "Witches Brew" meiner Meinung nach ein guter Song unter vielen anderen guten MR-Nummern ist, gehört "The Ninth Wave" zu meinen Lieblingsliedern aller Zeiten! Wellen von Emotionen, überirdische Klänge und Melodien aus anderen Ebenen tragen den Hörer fort über den See zur mystischen Insel Avalon. Wir werfen einen kurzen Blick durch die Nebel auf jenen legendären Ort und träumen davon, mit Artus zusammen auf der Barke dort hinüber zu fahren.
Wer jetzt eine Konzept-Platte zur Artus-Sage vermutet, liegt nicht ganz falsch, dies ist tatsächlich der Hauptinhalt. Jedoch wie bei allen Werken von Manilla Road werden auch hier verschiedene, europäische Mythen verknüpft, Artus, Merlin und die Herrin vom See bekommen Unterstützung von Einhereiern aus Valhalla. Dies ist nicht etwa ein Zeichen von Inkonsequenz oder Ahnungslosigkeit, Mark Shelton hat die Verbindungen in Interviews gerne und ausführlich erklärt, zeigte sich dabei sehr informiert und kenntnisreich, so dass den Fragestellern meistens nur Staunen blieb. Außerdem hat er im Booklet angegeben, welche Literatur ihn beim Schreiben der Lyrics inspiriert hat.
Ebenso außergewöhnlich wie die textliche Seite, ist auch die musikalische. Los geht es mit dem recht forschen Opener "Metalstrom" (ja, das heißt wirklich "Metalstrom"), gefolgt von dem sehr kurzen Titeltrack, der im ersten Moment recht schlicht wirkt, doch eine einprägsame Zeile enthält »Tonight we fight, the Norms decide our fate, fight well in hell, open the Gates«. Die Halbballade "Astronomica" danach erzählt von den Sternen und wie sie unser Schicksal bestimmen, basierend auf dem Werk des römischen Astrologen Marcus Manilius.
Jedes Lied ist einzigartig auf dieser Platte, erwähnen möchte ich dennoch nur noch zwei: "Road of Kings" mit seinem fast schon ekstatischen Subchorus im Schlussteil, in dem immer und immer wieder dasselbe wiederholt wird »Strong you'll be on the Road of Kings, for what glory it brings us«.
Ausserdem "Heavy Metal To The World", welches allgemein als der Schwachpunkt des Werkes bezeichnet wird: Ein aggressiver Metal-Track, der zu simpel daherkommt und nicht zum epischen Rest passen will, aber auch eine andere Seite von Manilla Road widerspiegelt.
Der optische Eindruck, sprich Cover und Design der LP /CD sollte natürlich zum Gesamtbild passen und es abrunden. Dem mittlerweile verstorbenen Comiczeichner Eric Larnoy, der des Öfteren mit Black Dragon zusammenarbeitete, wurde diese Aufgabe übertragen und er löste sie stilvoll. Insgesamt also ein wirklich gelungenes Werk, welches mittlerweile in drei Versionen existiert: die Original-LP + Maxi, die CD-Veröffentlichung von Black Dragon (1998) und die Digi-Version von Dragonheart (2003), die mit zwei Live-Bonus-Tracks versehen wurde.
»Was he now born or not?« - diese abschliessende Frage zum Mythos König Artus können auch Manilla Road nicht beantworten. Aber sie haben mit ihrem Werk zu diesem Thema einen Meilenstein des Epic Metal geschaffen und auch sie umgibt ein gewisser Mythos.
Line-up:
Mark W. Shelton (lead vocals, guitars)
Scott Park (bass)
Randy 'Thrasher' Foxe (drums)
Tracklist (CD):
01:Metalstrom (5:17)
02:Open The Gates (2:20)
03:Astromonica (4:59)
04:Weavers Of The Web (4:17)
05:The Ninth Wave (9:30)
06:Heavy Metal To The World (3:19)
07:The Fires Of Mars (6:13)
08:Road Of Kings (5:46)
09:Hour Of The Dragon (4:44)
10:Witches Brew (6:20)

Bonus auf der Digi-Version:
11:Open The Gates (live)
12:Witches Brew (live)
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