Manowar / Hell On Earth IV
Hell On Earth
"Manowar, Manowar, living on the road. When we're in town speakers explode."
Manowar werden geliebt, Manowar werden gehasst. Sie polarisieren, sie wüten, sie spalten, sie malträtieren, sie betäuben, sie vereinen. Alles auf einmal! Ihre archaischen Attitüden, ihr chauvinistisches Image, ihre heroischen Texte, ihre kompromisslose Musik, ihre brachiale Phongewalt. All das wird seit mehr als 20 Jahren wahrgenommen, verspottet, gefeiert, verklärt und missverstanden.
"By moonlight we ride, ten thousands side by side."
Sie geben sich als altweltliche Heldengestalten. In ihren Verkleidungen als mit Lederutensilien behangene, muskelbepackte Wahnsinnige fegen sie über die Bühnen der Welt, durch ihre Videoclips und den seltenen TV-Interviews.
Sie glorifizieren die Weltordnung einer Conan - Geschichte. In allen Belangen. Spärlich bekleidete Damen, kreiert nach Russ Meyer'schem Design, gehören ebenso zu ihrer Coverart wie Flaggen, Barbaren, Schwerter, Beile und abgeschlachtete Feinde!
"Ride like the wind, fight proud my son. You're the defender, god has send."
Sozialkritisches Gejammer über die Leiden einer 13-Jährigen Halbwaise, die ganz alleine ihre Vierlinge aufziehen muss, weil der Lehrer in der Hauptschule den Aufklärungsunterricht während ihrer "monatlichen Auszeit" durchgezogen hat, sind die Sache Manowars nicht. Deren Texte handeln vom Stolz, von Schlachten, von Armeen, Regimentern und Schwadronen, vom Heldentum und vom Sieg. Sie erzählen von sich, ihren Fans und vom Heavy Metal. Wirkliche innere Konflikte der Protagonisten im klassischen Sinne findet man selten. Wozu auch? Die Strukturen der Lyrics ähneln eher denen der Sword- and Sorcery Storys von beispielsweise John Norman oder Robert E. Howard.
"Battle hymnes did sound the call. You came to our side. You heard True Metal - into glory ride!"
Manowar spielen Heavy Metal. Sie wollten nie was anderes. Sie sind stolz darauf. Irgendwann in den 90'er Jahren wurde der Begriff True Metal zum Namen eines Subgenres. Manowar haben die Bezeichnung bereits 1984 vorweggenommen, denn aus diesem Jahr stammt der zitierte Songtext. Die Band stürmt mit ihren Hymnen, Up-Tempo Turbolenzen und Low-Tempo Erdbeben durch die Szene. Nicht mehr, aber auch niemals weniger. Obwohl es interessant wäre zu erfahren, was Manowar unter der Antithese 'False-Metal' verstehen.
"All men play on ten, never gonna turn down again."
Manowar bekennen sich offen zur Teilnahme an der World-Champion Chip um den Titel der "Lautesten Band der Welt". Immerhin feuern sie 190.000 Watt in den Himmel. Eine Zeit lang begründeten sie sogar die spärliche Zeitdauer ihrer Shows mit dem gewaltigen Dezibel-Tsunami, der durch die Hallen brandet. Angeblich würde den niemand länger als ungefähr 80 bis 90 Minuten durchstehen. Es gibt keine Kompromisse, kein Mitleid, keine Rücksichtname - nur Power. Ob sie den Title dauerhaft erobern, vielleicht sogar mal ganz mit Heim nehmen können, wird nur die Zukunft zeigen. Verdient hätten sie es ja schon.
"Other Bands play, Manowar kill!"
Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann jeder nachprüfen, indem er sich an den 4. Teil der "Hell On Earth" DVD-Reihe herantraut. Auf 2 Datenscheiben feiern Manowar sich selbst, die Fans, irgendwo auch Europa und natürlich das Testosteron. Die Livemitschnitte deuten an, was es bedeutet, wenn Manowar in die Schlacht ziehen. Die Energie ist greifbar, die Performance maskulin (How, How, Grunz) und der Sound nicht immer überzeugend. Insbesondere wird es wie meistens recht merkwürdig, sobald Dolby 5.1 den Hörer mit Soundperspektiven überfrachtet.
Viele Gimmicks und Kuriositäten sind in das Dokument eingebaut. Die Crewmitglieder kommen ebenso zu Wort wie Vertreter aus dem Business.
"We don't attract wimps 'cause we're to loud. Just true metal people that's Monowar's crowd!"
Einen ganz besonderen Stellenwert nehmen auf "Hell On Earth IV" die Fans ein. Impressionen von 'Manowarniacs' aus ganz Europa bilden sozusagen den roten Faden der Produktion. Gefüllte Säle, Pre Show- und After Show Bilder von Rekruten der 'Army of The Immortals' sind zu genießen. Wobei es auch manchmal ein bisschen 'seltsam' wird. Nämlich dann, wenn die Kameras Fanscharen einfangen, die einem Herdentrieb folgend, alle ihre Arme zum Manowar-Zeichen in den Himmel recken. Gut, dass der Zuschauer keine Minute an Manowars Hang zur Selbstironie zu zweifeln braucht. Eine große Stärke der Truppe ist das schelmische Augenzwinkern, während sie sich wie rohes Fleisch verzehrende Morgensternschläger an Odins Tafel gebaren.
"Three sons have I, and they ride by my side!"
Als Generalstab der 'Army Of The Immortals' machen die Bandmitglieder eine gute Figur. Der Feldmarschall heißt eindeutig Joey De Maio. Der Basser ist die Hauptidentifikationsfigur und unumstrittener Anführer des Platoons. Sein Solo "The Demon's Revenge" ist krass. Er lässt den Tieffrequenzer heulen wie eine E-Gitarre. Dazu wirbelt er mit rasanten Fingerchen über das Griffbrett. Wer zur Hölle braucht da noch Level 42? Generaloberst Eric Adams gilt seit langen als einer der besten Metal-Shouter in The Bizz. Und das absolut zurecht. Er ruft alle Facetten seines Könnens ab. Um seine Leistung richtig würdigen zu können, sollte man sich die insgesamt leider viel zu kitschige und auf "Wetten, dass..." - Galashow Niveau arrangierte Episode von der PopKomm Gala in Köln reinziehen. Eric singt dort "Dixie" aus "An American Trilogy" wie ein junger Held. Ich schwöre!
Generalmajor Scott Columbus sorgt für den richtigen Marschrhythmus. Powerdrumming ist befohlen. Einmal macht er während einer TV-Show gar den Westerwelle, von wegen beklebten Schuhsohlen. (Und Eric Adams setzt gleich noch einen drauf) Lasst euch überraschen.
Mit der melodiösen Streitaxt armiert ist Generalleutnant Karl Logan. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern könnte er noch ein wenig Proteine vertragen. Das würde das Gesamtbild der Band abrunden. Aber ein fähiger Gitarrist ist er. Als Aperitif für das hoffentlich bald erscheinende neue Album ist auf einer Bonus CD der neue Song "King Of Kings" beigefügt. Wie für eine typische Manowar Hymne normal, enthält er alles, was ein Heldenepos so benötigt. Fanfaren, Dramatik, Härte und ein Gitarrensolo. Karl Logan rasselt die Triolen so beschwingt herunter, dass dieses Solo wie die gelungene Vertonung einer "Leichten Reiterei" klingt.
"Wheels of fire burn the night, ride across the sky!"
Der Feldzug wird auf der zweiten heißen Scheibe fortgesetzt. Jedem der Kompaniemitglieder wird ein Kapitel unter dem Banner "Four stand as One" gewidmet. Daneben gewährt die Crew Einblicke in ihren Arbeitsalltag und in die Anforderungen an die Logistik. Eben "Behind the scenes"! Solche Dokumentationen auf einer DVD sind zwar nicht besonders innovativ, aber immer wieder gerne gesehen. Übrigens sondert auch das eine oder andere bekannte Gesicht aus der Metal-Szene seinen Senf zu Manowar ab. Natürlich kommen auch wieder Fans zu Wort und ins Bild.
Für alle TV - Puristen sind verschiedene Auftritte der Kampfgruppe in TV-Shows nachzugucken. Viel Sekundärstoff also und damit genau das Richtige für den wahren 'Manowarniac'
"Here once again is a battle to fight. Gathered together for the sound and the might!"
"Hell On Earth IV" gehört in das Kampfgepäck jedes Manowar-Soldaten und wenn auch nur aus Gründen der Vollständigkeit. Ja, irgendwie steht der Fan im Mittelpunkt und die FanIn natürlich auch und zwar auf ganz besondere Art und Weise. Absolut inkorrektes, herzerfrischendes Machogehabe auf zwei prallen DVDs. Herrlich, dass sich heutzutage noch jemand so etwas traut.
Für Musikfans, die erst einmal an einem Manöver teilnehmen möchten, bevor sie sich zur 'Army Of The Immortals' dienstverpflichten, ist diese Collage nur bedingt geeignet. Denen seien weiterhin erst mal die Tondokumente der Band empfohlen.
"Brothers everywhere, raise your hands into the air. We're warriors - Warriors of the World "
Zum Abschluss noch zwei persönliche und wahre Begebenheiten mit und über Manowar.
1. Ein Kollege wurde mal von seiner Freundin gezwungen, sie zu einer Manowar-Show zu begleiten. Er kannte die Band nur dem Namen nach und wusste also nicht wirklich, was ihn so erwartet. Noch heute erzählt er beeindruckt: "Da war ich also zwischen den ganzen Hünen im Publikum. Einer der Größten von ihnen stand die ganze Zeit regungslos und stoisch neben mir. Er würdigte niemanden auch nur eines Blickes. Als das Licht ausging, zückte der Irre plötzlich ein Schwert und präsentierte es die ganze Show über in Kopfhöhe in Richtung Bühne. Ich meine, der hat es nicht einmal abgesetzt"
2. Bei uns in Frimmersdorf gibt es keinen ordentlichen Bahnhof, sondern nur einen sogenannten Haltepunkt. 1996 wartete ich im Morgengrauen auf meinen Zug. Neben mir unterhielten sich ein paar Halbstarke über neue CDs. Da kam die Sprache auf Manowars "Louder Than Hell". Allen Ernstes reihten die Jugendlichen diese Scheibe in ihrem Ranking auf Platz 2 ein - zwischen den neuen 'Werken' von Blümlein und D.J. Bodo. Sachen gibt's.
Übrigens: "If you' re not into Metal, you are not my friend"
Bei Thors magischem Hammer, so sei es!
Und wer den ganzen Krempel ernst nimmt, ist selber schuld


Spielzeit: ca. 4:30 Stunden, Medium: DVD, SPV, 2005
DVD1: 01: Condom Heat 02: Kings of Metal 03: The Album 04: Assaulting the Airwaves 05: Brothers of Metal 06: Crazy Fans 07: Freedom Fighters 08: In Store 09: Roskilde Festival 10: Zlin 11: Pilsen 12: Summer Rocks 13: Lorca Festival 14: Gods of Metal 15: Warriors of the World united 16: Popkomm Gala 17: An American Trilogy 18: Warriors of the World Tour 19: Tour Moments 20: Call To Arms 21: Femal Fans 22: I Believe 23: The Pink One 24 :Spirit Horse of Cherokee 25 :Show your colours 26: Swords in the wind 27: Master of the wind 28: Courage 29: Screams 30: House of Death 31: Outlaw 32: Party until we die 33: Credits 34: Guitar Solo 35: Warriors of the World united live 36: Bass Solo 37: Army of the Immortals 38:Warriors of the World united - Alternate Video 39: In Believe Video
DVD 2: 01: The March 02: The Band 03: Sound Advice 04: Alexander The Great II 05: Fans and Friends 06: Louder Than Hell 07: Heavy Metal Marriage 08: The Setup 09: Employee of the Month 10: Sex in the City 11: Heavy Metal Helicopters 12: Cutting Room Floor 13: Hell on Earth III Release Party 14: TV Total Behind the Scenes 15: TV Total 16: Viva Comet Awards 17: Alles Pocher 1 18: Alles Pocher 2 19: Alles Pocher 3 20: Touch my tits CD: King of Kings
Olli "Wahn" Wirtz, 02.08.2005