Mardi Gras.BB / 29.11.2013, Stadthalle, Kleve
Klever Jazzfreunde e.V. Mardi Gras.BB
Stadthalle Kleve
29. November 2013
Stil: Jazz, Funk, Blues, Big Band
Konzertbericht

Artikel vom 05.12.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Mardi Gras.BBKaum zu glauben ... die Mardi Gras.BB (oder auch Mardi Gras.bb) gibt es schon seit zwanzig Jahren und man ist noch kein bisschen ausgepowert oder müde. Jedes Konzert wird zu einem unvergessenen Erlebnis. Jeder Tonträger der vielköpfigen Formation ist eine klangliche Offenbarung. Mardi Gras.BB sorgt generationenübergreifend für Begeisterung und Bewegung. Aus der Taufe gehoben wurde die Band vom ehemaligen Guru Guru-Bassisten Uli Krug. Aus Mannheim Goes New Orleans entstand später die Mardi Gras Brass Band und nach der Veröffentlichung von "Big Brass Bed" wurde der Bandname schließlich in Mardi Gras.BB geändert. Aus dem Nukleus der Combo entsprang auch das Trio The Mighty Three mit Uli Krug, Jochen Wenz sowie Erwin Ditzner im Line-up. Neben mittlerweile unzähligen Liveauftritten brachte man unter den bereits aufgeführten Namen auch sehr interessante Alben auf den Markt. "Movement" (1993) war das erste Zeichen. Es folgten unter anderem "Live im Capitol" (1994), "Zen Rodeo" (2002), "Pentalogy-The Very Best Of-1999-2004" (2007). Ganz weit oben in der Gunst des Musikfans stehen "Crime Story Tapes" (2012) und die Filmproduktion "A Silent Rockumentary" (2012).
Mardi Gras.BBDer Schmelztiegel New Orleans ist die Quelle der musikalischen, zum Teil halsbrecherischen und gewagten Exkursionen von Mardi Gras.BB. Die Gruppe zeigte, wie man die Zuschauer bei einem Konzert eben nicht nur zuhören ließ, sondern auch auf die Beine bekam. Links und rechts vor der Bühne befanden sich, wie Frontmann Jochen 'Doc' Wenz es nannte, zwei »Ekstasezonen «, die von sehr vielen Anwesenden zum Tanzen genutzt wurden. Am Ende des Konzerts verschmolzen die beiden Tanzflächen zu einer großen Bühne vor der Bühne. Kein Zuschauer riss sich die Kleider vom Leib, allerdings wurde in der Konzertpause ein einsames Paar Schuhe mit Socken drin gesichtet. Apropos Bühne ... man hörte Live-Musik, aber auf den Brettern war weit und breit kein einziger Musiker zu sehen. Man musste sich genau in die entgegengesetzte Richtung drehen, denn die Gruppe enterte den Saal vom Foyer aus und besonders Uli Krug durfte seinen ersten Diener machen, denn sein Sousafon brauchte Platz. Die ersten, schon zu Beginn infizierenden Minuten verbrachte Mardi Gras.BB vor der Bühne. So schloss sich der Aktionskreis am Ende des Auftritts wieder, denn den letzten Teil der Zugabe spielte man mit einem "When The Saints Go Marching In", quasi unplugged, abermals vor der Bühne.
Mardi Gras.BBDie Stimmung kochte, nein brodelte im Saal. Mardi Gras.BB verzauberte die Location zu einem Anziehungspunkt irgendwo in New Orleans. Die Menschen wollten sich begeistern und unterhalten lassen. Beides gelang der Gruppe und wenn man mit Musik den Charakterzug Vielfalt in Verbindung bringt, dann trifft diese Kombination definitiv auf diese Band zu. Unglaublich, welches Spektrum man dem Publikum bot. Funk, Soul, Jazz, Rock, Blues ... vielleicht sollte man bei Mardi Gras.BB viel besser von einer brillanten Rezeptur aus allen genannten Stilen reden. In vielen Phasen war die Mixtur geradezu explosiv und Jochen 'Doc' Wenz überzeugte durch eine phantastische Stimme, die auch von Crooner-Qualitäten gekrönt wurde. Außerdem war er zwischen den Liedern ein erquickender Entertainer, der neben erheiternden Äußerungen auch das eine oder andere kritische Wort anmerkte. Javier de la Poza und Florian Schlechtriemen kreierten einheizende Rhythmen zwischen Samba und Salsa Cubana. Dabei hatte die geografische Reise Ziele wie Südamerika oder die Karibik, wobei man auch urbane Versatzstücke servierte.
Mardi Gras.BBZeitweise brachte Jochen 'Doc' Wenz die Bluesharp zum Einsatz. Mit diesem kleinen Instrument konnte er besondere Ausrufezeichen setzen. Ein ganz exquisiter Genuss war das sehr unterschiedliche Zusammenspiel der Musiker. Aus der Spontanität heraus bildeten sich immer wieder neue Gruppierungen. So war das gemeinsame Treiben von Uli Krug am Sousafon sowie Baritonsaxofonist Hans Martin Eberhardt ein Happening der tiefen Töne. Robert Solomon (unter anderem auch The Busters) war mit seiner Posaune fast ständig unterwegs und freute sich über oft wechselnde Spielpartner. Die exotische Musik versetzt jedes Nervenende im Körper in Vibration. Die Formation war ein Spezialist im Bereich Entführungen, ohne dafür auf irgend einer Fahndungsliste aufzutauchen. Mardi Gras.BB reichte jedem Anwesenden die Hand zu einer musikalischen Vernissage der eigenen Kunstwerke und alle nahmen diese Einladung mit Freude an. Die verschlungenen Pfade der Musik waren wie ein Labyrinth und hinter jeder Ecke lauerte eine dicke Überraschung. "Dreamtime In Memphis" entpuppte sich als die ultimative Ballade des Konzerts. Oh, wie sinnlich konnten die Künstler ihre Gefühle äußern. Vorher gab es von Jochen 'Doc' Wenz noch einen Exkurs in Sachen Elvis Presley, dem Anti-Gourmet.
Mardi Gras.BBDie Frage nach Soli wurde von der Combo sehr ausführlich beantwortet. Unglaublich, wie ideenreich sich alle Bandmitglieder auch dabei in Szene setzten. Kurios-furios waren die Alleingänge und zu jeder Zeit sehr unterhaltsam. Einmal setzte Heiko Giering die Querflöte ein. Er lieferte die perfekte Einleitung zu "Kung Fu Fighting". Aber keine Sorge, dem Carl Douglas-Schmalz-Song gab man einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten und wurde so befreit von den Peinlichkeiten des Originals. "Bonanza", die Cartwright-Familie, Western. In der Zugabe gab es zu Ehren des chinesischen Kochs der Serie dann noch den "Hop Sing Song". Das Arrangement der Nummer war eine feurige Angelegenheit à la Mardi Gras.BB und hatte nichts mit einem Western-Bohneneintopf zu tun. Den Suppenkasper musste man woanders suchen. Hatte die Musik ganz allgemein auch eine heilende Wirkung? Auf der Tanzfläche waren jedenfalls solche Dinge wie 'Ich-habe-Rücken' oder die obligatorischen Schmerzen im Knie im wahrsten Sinn des Wortes wie weggeblasen. Die einheizenden Rhythmen dieser Band kamen einem vor, wie eine musikalische Urknalltheorie, die tatsächlich Realität, zum Greifen nahe war.
Mardi Gras.BBScherz beiseite, Ernst komm' rein. Die Bilder des Auftritts sind nur in Sekundenbruchteilen eingefangene Situationen, die das Treiben auf der Bühne in gewisser Weise antizyklisch dokumentieren. Mardi Gras.BB ist Kult für Ohren und Augen. Mit dieser Band kann man Mardi Gras auch an einem Freitag feiern. Mardi Gras.BB ... Magie aus feurigen Rhythmen und gespielten sowie gesungenen Emotionen. Hut ab! Einen Wehrmutstropfen, allerdings prospektiver Art, gab es dann doch noch. Jochen 'Doc' Wenz wird die Band verlassen.
Wir bedanken uns bei Christioph Frauenlob von den Klever Jazzfreunden e.V. für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Jochen 'Doc' Wenz (vocals, maracas)
Uli 'Reverend' Krug (sousaphone)
Florian Schlechtriemen (small drum, percussion)
Javier de la Poza (big drum, percussion)
Heiko Giering (saxophone, flute)
Hans Martin Eberhardt (baritone saxophone)
Chris Bishop (trumpet)
Janis Hug (trumpet)
Robert Solomon (trombone)
Bilder vom Konzert
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