Meat Loaf / Hang Cool Teddy Bear
Hang Cool Teddy Bear Spielzeit: 65:01
Medium: CD
Label: Mercury Records Ltd., 2010
Stil: Bombast Rock

Review vom 16.05.2010


Jürgen Hauß
Meat Loaf - das ist für mich zu allererst "Bat Out Of Hell" (das Original; natürlich ohne Ordnungszahl, denn bei Erscheinen des Albums im Jahr 1977 war das Stichwort 'Trilogie' überhaupt kein Thema). Dieser Prototyp des 'Bombast-Rock' hat mich seit meiner Jugend begleitet und in seiner Faszination stets begeistert.

Meat Loaf, das ist natürlich auch die kongeniale Partnerschaft Singer/Songwriter mit Jim Steinman, der ihm die Lieder auf den - über viele Jahre hinweg überdimensionierten - Leib schrieb, die nur er mit seiner seinerzeit vier Oktaven umfassenden Stimmgewalt interpretieren konnte.
Und nach "Bat Out Of Hell" kommt lange nichts, was mich ähnlich begeistert hätte; erst "Bat Out Of Hell II" im Jahr 1993 war es würdig, als legitimer Nachfolger angesehen zu werden. Allein schon das einleitende "I'd Do Anything For Love" (im Duett mit einer ominösen Mrs. Loud) griff die Erfolgsstory des Erstlings wieder auf. Dennoch kam bereits damals ein 'Geschmäckle' auf, dass der Titel aus rein kommerziellen Gründen gewählt wurde, um an den seinerzeitigen Erfolg anzuknüpfen, was allerdings - nur bedingt - gelang: Wurde der erste Teil (lt. Wikipedia) über 43 Millionen mal verkauft, erreichte der Nachfolger `'lediglich' eine Größenordnung von immer noch sensationellen 20 Millionen Exemplaren. Auch hier hatte sich die Partnerschaft mit Jim Steinman wieder bezahlt gemacht.
Das 'Geschmäckle' wurde zum bitteren Beigeschmack, als im Jahr 2006 "Bat Out Of Hell III" veröffentlicht wurde. Nur noch sechs (von insgesamt 14) Songs stammten aus der Feder von Jim Steinman, der offenbar eine weitere Zusammenarbeit verweigerte; der Rest stammte von durchaus namhaften Komponisten, allen voran Desmond Child, der auch für die Produktion verantwortlich zeichnete. Und schließlich war mit "It's All Coming Back To Me Now" wiederum ein veritabler Single-Hit aus der Feder von Jim Steinman dabei, bei dem es sich aber - wie auch bei den anderen Steinman-Songs - um eine 'Wiederverwertung' alten Materials handelte. Ich denke allerdings nicht zuerst an die Schnulze von Celine Dion, sondern an die Interpretation eines weiteren Jim Steinman-Projekts Pandoras Box mit vier ausgezeichneten Frauenstimmen, einschließlich derjenigen von Ellen Foley die auch seinerzeit das grandiose Duett "Paradise By The Dashboard Light" gemeinsam mit Meat Loaf eingesungen hat.
Und zwischen diesen drei Alben? Die Partnerschaft zwischen Meat Loaf und Jim Steinman war mehrfach unterbrochen, sei es aus gesanglichen Unpässlichkeiten des Protagonisten (was zu der Eigeninterpretation "Bad For Good" durch Jim Steinman führte), oder aber aufgrund der Tatsache, dass Jim Steinman nicht nur überlange Titel komponiert, sondern auch eine überlange Zeit dafür benötigt, so dass Meat Loaf lieber auf Fremdkomponisten zurückgriff. Jedoch blieb der Erfolg - insbesondere bei der Interpretation 'fremder' Songs - regelmäßig aus, und auch der "Bat Out Of Hell"-Nachfolger "Dead Ringer" aus der Feder von Jim Steinman wurde seinerzeit - trotz des saustarken Duetts mit Cher ("Dead Ringer For Love") - man betrachte nur das Video! - 'lediglich' 5 Millionen Mal verkauft. Aber insbesondere die Scheiben, die ohne die Zusammenarbeit mit Jim Steinman auskommen mussten, scheiterten mehr oder weniger (Ausnahme allenfalls "Welcome To The Neighbourhood"). Und auch das dritte "Bat"-Album, mit dem die wohl endgültige Trennung von Jim Steinman vollzogen wurde, verkaufte sich bislang nur 2,5 Millionen Mal.
Das vorliegende "Hang Cool Teddy Bear" stellt lediglich insoweit eine Fortsetzung von "Bat III" dar, als Desmond Child immerhin noch für die Komposition des Schlusssongs "Elvis In Vegas" verantwortlich zeichnet (gemeinsam mit Jon Bon Jovi). Heftig spekulieren kann man hingegen darüber, ob der Aufdruck "IV" auf dem Booklet und der Rückseite der CD-Hülle eine vermeintliche Fortsetzung von "Bat Out Of Hell" vorgaukeln soll - die es letztendlich nicht ist - oder einfach nur ein Gimmick ist.
Die Scheibe wird in vier unterschiedlichen Versionen angeboten: Als normale CD mit Booklet, das sämtliche Songtexte enthält, als "Deluxe-Edition", die eine weitere CD mit jüngeren Live-Aufnahmen (leider keine DVD!) enthält, sowie eine Vinyl-Ausgabe. Außerdem bietet Amazon exklusiv eine "Super Deluxe-Edition" an, zusätzlich mit Schlüsselanhänger, einem Meat Loaf-T-Shirt sowie einer DVD mit ergänzenden Informationen - wer's braucht!
Inhaltlich scheint den Hörer harter Stoff zu erwarten: Die CD wird mit dem Aufkleber »Parental advisory - explicit content« ausgeliefert, mit dem Tonträgerunternehmen in den Vereinigten Staaten Musik-Veröffentlichungen kennzeichnen, die aufgrund anstößiger Texte als ungeeignet für Minderjährige empfunden werden.
Es beginnt ouvertürenhaft: Die Streicher stimmen sich ein, bevor harte Gitarrenriffs sowie Drums einen ebensolchen Rocksong intonieren: "Peace On Earth" singt von einem im Krieg sterbenden Mann, der mit seinem Leben abschließt. Und was singt er bzw. Meat Loaf? »I don't want peace on earth«. Ist das derselbe Meat Loaf, der früher oftmals die Credits zu seinen Alben mit dem Satz »May peace prevail on earth« abschloss? Nun, zum Schluss hin kommen dem Sterbenden doch noch Zweifel, so dass er sich doch noch Frieden auf Erden wünscht, auf dass er nach Hause gehen könne - wenn auch vergeblich. Ist das jetzt jugendgefährdend?
Hieraus entwickelt sich ein Album mit den unterschiedlichsten Facetten, im Wesentlichen daraus resultierend, dass sehr unterschiedliche Komponisten Hand angelegt haben. Dennoch klingen die meisten Songs nach dem klassischen Meat Loaf, hart, doch gleichzeitig orchestral, mit kräftiger Stimme gesungen.
Schlüsselsong ist offenbar "Los Angeloser", das vorab als Video veröffentlicht wurde, und in dem das Sterben dargestellt wird, während sich bei dem Protagonisten der Story das Leben und insbesondere eine mögliche Zukunft vor seinen Augen abspielen. Das ganze basiert auf einer weithin nicht bekannten Kurzgeschichte des Drehbuchautors Killian Kerwin, die erst mit der vorliegenden musikalischen Umsetzung den Titel, der auch das Album ziert, bekommen hat.
Der zweite Song, "If I Can't Have You", ist ein typisches Meat Loaf-Duett mit weiblichem Gesang, dieses Mal mit Kara DioGuardi, die zwar als Komponistin für bekannte Sänger durchaus einen Namen, nicht aber als Sängerin hat. Zudem sieht sie aus und klingt ähnlich wie - auch das sicher kein Zufall - Marion Raven auf "Bat III" und damit austauschbar.
Es folgt die Doppelnummer "Love Is Not Real/Next Time You Stab Me In The Back"; sie wirkt härter, Gitarren-lastiger, nicht zuletzt wegen der Gastmusiker Brian May und Steve Vai, verbunden zudem mit einem falsettartigen Background-Gesang im zweiten Teil, wie man ihn von Queen her kennt.
Eingeleitet und anfangs begleitet durch akustische Gitarre, legt Meat Loaf beim folgenden "Like A Rose" einen Rap-Gesang hin, vergleichbar seinem "Do It" auf "Couldn't Have Said It Better". Auch "Song Of Madness" klingt nicht neu, sondern erinnert fatal an eine der letzten Jim Steinman-Kompositionen für Meat Loaf, nämlich das "In The Land Of The Pig, The Butcher Is King" von "Bat III".
Die beiden folgenden Songs "Did You Ever Love Somebody" und "Calfonia Isn't Big Enough" sind nicht weiter erwähnenswert; während der erste noch eine nette Ballade darstellt, setzt sich der zweite aus sehr unterschiedlichen Songschnipseln zusammen. Ähnliches muss ich leider auch über "Running Away From Me" sagen.
Doch dann wieder eine dieser typischen, triefenden Meat Loaf-Balladen: "Let's Be In Love", bei der zudem das Duett mit DER Patti Russo angekündigt ist, die den Protagonisten über viele Jahre hinweg begleitet hat. Doch man muss fast zweieinhalb Minuten warten, bis sie einen rockigen - und leider nur sehr kurzen - Gegenpart setzen darf, bevor beide im Schlussteil vereint singen, wie man es von ihnen kennt!
Das folgende "If It Rains" wartet mit solchen Allgemeinplätzen auf wie 'Wenn es regnet, dann regnet es', und auch musikalisch sind keine spektakulären Neuigkeiten zu erwarten. Das abschließende "Elvis In Vegas" mag vermeintlich autobiographisch beschreiben, dass Meat Loaf von Elvis Presley beeinflusst worden ist (auch wenn die Zeitangaben nicht zur Realität passen), musikalisch kommt dies in diesem Song leider nicht zum Ausdruck.
Fazit: Ein typisches Meat Loaf-Album, was die Grundkonzeption betrifft. Erstaunlich, was Marvin Lee Aday im Alter von 62 Jahren stimmlich noch so drauf hat (auch wenn man das bei einer Studioproduktion nicht wirklich authentisch beurteilen kann). Die Songs, naja: Er hat schon bessere Alben veröffentlicht, aber sicherlich auch schon schlechtere. Wer - wie ich - Meat Loaf liebt und sammelt, wird auch an diesem Album nicht vorbeikommen. Dennoch sei es erlaubt, kritisch zu sein. Zumal es auch kommerziell nicht allzu erfolgreich erscheint: So verramscht Amazon das Album aktuell (zwei Wochen nach seinem Erscheinen) in der Standardversion für unter 10 €!
Gerade habe ich das vorliegend besprochene Album in meinem Media-Player abgespielt. Die Systematik wollte es so, dass im Anschluss hieran "Bat Out Of Hell" (das Original; natürlich ohne Ordnungszahl!) angespielt wurde. Klanglich nicht so brillant wie neuere Alben, die Songs dafür aber umso gewaltiger. Für mich bleibt Meat Loaf wohl auf ewig mit diesem Opus sowie mit Kompositionen von Jim Steinman verbunden.
Line-up:
Meat Loaf (vocals)
Rob Cavallo (additional guitars)
Chris Chaney (bass)
Paul Crook (guitar)
Randy Flowers (guitar, vocals)
John Miceli (drums)
Jamie Muhoberac (keyboards)
Tim Pierce (guitar)
Patti Russo (vocals)
Kasim Sultan (bass, vocals)
Justin Hawkins (guitar, vocals)
C.C. Coletti (vocals)
James Michael (guitar, vocals)
Rick Brantley (guitar, vocals)
Tracklist
01:Peace On Earth (6:37)
02:Living On The Outside (5:04)
03:Los Angeloser (4:09)
04:If I Can't Have You (5:01)
05:Love Is Not Real/Next Time You Stab Me In The Back (7:33)
06:Like A Rose (3:16)
07:Song Of Madness (5:31)
08:Did You Ever Love Somebody (4:02)
09:California Isn't Big Enough (4:43)
10:Running Away From Me (3:54)
11:Let's Be In Love (5:11)
12:If It Rains (3:56)
13:Elvis In Vegas (6:01)
Externe Links: