Minsarah / Blurring The Lines
Blurring The Lines Spielzeit: 50:36
Medium: CD
Label: enja, 2010
Stil: Jazz

Review vom 21.09.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Minsarah stammt aus dem Hebräischen und bedeutet Prisma. Dieses optische Gerät ist in der Lage, gebündeltes Licht durch Brechung als ein Spektrum darzustellen. So lässt sich feststellen, dass das international besetzte Trio seinen Bandnamen vortrefflich gewählt hat. Nimmt man den Titel des aktuellen Albums "Blurring The Lines" noch hinzu, ergibt sich wohl eine der Intensionen von Minsarah: Aus einer Vielzahl von Einflüssen wird ein sehr persönlicher Stil kreiert, bei dem sich, um beim Beispiel des Lichtes zu bleiben, die Zuordnungsversuche als diffuse Strahlen auszumachen sind.
Der Pianist Florian Weber stammt aus Deutschland. Der Kontrabassist Jeff Denson nennt San Diego und Ziv Ravitz New York seine Heimat. Alle drei Künstler studierten am Berklee Collage of Music in Boston.
Ihr Debüt "Misarah" (2006) erhielt den Preis der deutschen Schallplattenkritik und die beiden folgenden Veröffentlichungen, "Deep Lee" (2008) und "Live At The Village Vanguard" (2010) standen unter dem Zeichen der Zusammenarbeit mit dem weltbekannten Modern Jazz-Saxofonisten Lee Konitz.
Die drei Musiker kann man mit Fug und Recht als aufgeschlossene beziehungsweise weitherzige Zeitgenossen bezeichnen. Sie beherrschen die Spielarten des Jazz und halten sich alle Optionen frei, diese als Instrumente ihrer eigenen Fantasien herzunehmen. Selbst bei den Interpretationen von Vorlagen anderer Künstler lassen sich Weber, Denson sowie Ravitz in kein Korsett zwängen und Grenzen gibt es für das Trio eher nicht. Nicht nur "Alone Together" (vom Komponistenteam Arthur Schwartz/Howard Dietz) und "Lazy Afternoon", geschrieben von Jerome Moross/John Batouche, sind Songs, in denen es um die Freiheit der Improvisation geht.
Mit den eigenen Geschöpfen, ob im Trio oder von den einzelnen Musikern erdacht, verzaubert man den Hörer mit wunderschönen Klanglandschaften, die die Weite atmen. Ab und an erwischt man sich doch glatt dabei, Melodien mitzusummen. "Intersection" soll dafür stellvertretend erwähnt sein. Inspiration und Abstraktion ist das Stichwort für alle Songs. "Blurring The Lines" spricht den Konsumenten stante pede an, jedoch stellt Minsarah den Hörer gleichzeitig vor die Aufgabe, sich mit der Platte zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. So macht man die Entdeckung, dass Weber phasenweise sein Pianospiel durch einen Scatgesang begleitet.
Weber, Denson und Ravitz sind als gleichberechtigte musikalische Partner anzusehen. So wird dies auch in der Produktion der CD deutlich. Alle drei Instrumente befinden sich auf einer Ebene. Es bleibt quasi dem Hörer überlassen, worauf er sich in den einzelnen Tracks konzentriert.
In "Déjà Vu" darf es auch mal zu einem kleinen Exkurs in die Atonalität geben. Den Fächer der Vielfalt spannt das Trio in jedem einzelnen Song auf. Da ist in den Arrangements nichts vorhersehbar und das macht die Kraft des Albums aus. Ja, die Power steckt nicht in der Lautstärke, sondern ist als Virtuosität zu verstehen.
Minsarah ist avantgardistisch und dennoch in der Tradition des Jazz stehend. "Lazy Afternoon" ist ein ganz besonderer Track. Aus dem Nichts entstehen malerische Klänge, die mit einigen Soundeffekten aufwarten können und einer legalen Entführung in afrikanische Gefilde gleichkommen.
Minsarah kann mit "Blurring The Lines" voll überzeugen und das Trio öffnet mit diesem Album neue Sphären des Hörens.
Line-up:
Florian Weber (piano)
Jeff Denson (double bass)
Ziv Ravitz (drums)
Tracklist
01:Three Sided Coin (4:50)
02:Alone Together (5:37)
03:Intersection (8:39)
04:Déjà Vu (4:22)
05:Points Of View (5:47)
06:Lazy Afternoon (4:23)
07:When I Was A Child (5:43)
08:The Gallows (8:01)
09:1994 (3:15)
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