Mississippi Heat / Warning Shot
Warning Shot Spielzeit: 64:06
Medium: CD
Label: Delmark Records, 2014
Stil: Blues

Review vom 02.11.2014


Joachim 'Joe' Brookes
Nach Mississippi Heats "Warning Shot" ist wohl jeder weitere Fluchtversuch zwecklos. Nachdem die Personalien festgestellt wurden und der Computer keine Vorstrafen ausspuckte, musste man für eine Befragung doch noch ins Kommissariat und dabei stellte sich heraus, dass man schließlich nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war.
Aber dennoch war im Anschluss der Kontakt mit der Mississippi Heat-Mannschaft ein sehr interessanter. Die Gruppe um den noch verbliebenen Gründungs-Ober-Harper Pierre Lacocque kann bereits auf eine lange Karriere zurückblicken. Die Formation ist eine der kreativsten aus der Chicagoer Blues-Szene und legt dem Hörer mit "Warning Shot" ganze sechzehn Songs ans Herz. Davon wurden bis auf sehr wenige Ausnahmen alle Tracks von Bandmitgliedern, allen voran Pierre Lacocque, geschrieben. Die berühmten Ausnahmen sind "Your Cheatin' Heart" von Hank Williams und "I Don't Know".
Um ein wenig im Sprachgebrauch des Albumtitels zu bleiben, ist die Platte der Knaller. Die insgesamt knapp vierundsechzig Minuten sehen den Hörer gefesselt oder besser in Handschellen vor den Lautsprechern sitzen. Man kommt von der Mississippi Heat-Musik einfach nicht weg.
Die Band ermittelt in alle Richtungen. Die Hauptverdachtsspur führt zum Blues und in dem Organigramm der Tatverdächtigen erscheinen im engeren Kreis in dicken Buchstaben geschrieben auch Soul, R&B beziehungsweise Funk. Im Netzwerk der Ermittler taucht der Groove an allen möglichen Stellen auf und eine ganz heiße Spur verfolgen die Gitarristen Giles Corey, Michael Dotson und deren Kollege Carl Weathersby.
Die Fahnder legen entscheidende Hinweise zum Tathergang auf den Tisch und aus einer weiteren Richtung bringt Pierre Lacocque mit seiner auch verdeckt gespielten Harp entscheidende Rechercheergebnisse in die Untersuchungen ein. Die Verhörmethoden von Inetta Visor (und Michael Dotson) sind vielschichtig und führen mit ihrer überzeugenden Art immer zu brauchbaren Resultaten.
Die Ermittlungen konnten nicht nur auf den Bereich der Windy City begrenzt werden. So konnte man den ganz erfahrenen Saxofon-Mann Sax Gordon aus Boston mit ins Boot holen und seine Beträge brachten entscheidende Hinweise auf den Täter.
Okay, bis hierher war der Leser Teil einer natürlich fiktiven Story, die den Albumtitel als Ausgangspunkt hatte. Ab hier kommt dann eine unmissverständliche Sprache zum Zuge.
Was Mississippi Heat mit "Warning Shot" auf den Markt gebracht hat, ist ein Blues, der von vorne bis hinten überzeugt. Da gibt es kein Vertun, die sechzehn Songs sind ganz großes Kino und wer in seinen Zwölftakter auch sehr perkussive Elemente einfließen lässt, weiß warum er einen Handtrommler wie Ruben Alvarez (unter anderem auch John Mayall oder Junior Wells) im Line-up aufzeigen kann.
Er kommt ebenfalls aus Chicago, ist allerdings für die Latin Sounds zuständig und die serviert er uns in ganz hervorragender Manier. So bekommen Songs auch ein karibisches Flair. Klasse!
So, wie die allseits bekannten musikalischen Pfade des Genres mit einer frischen Klang-Decke überzogen werden, damit die Spurrillen zu keiner Gefahr mehr werden können, ist schon bemerkenswert. Mississippi Heat nimmt weitere Stufen der Begeisterung im Handumdrehen. Die Stimme von Inetta Visor ist brillant und wenn Michael Dotson für drei Nummern das Gesangsmikrofon übernimmt, befindet er sich in Reichweite zu der etatmäßigen Sängerin.
Der Knall von Mississippi Heats "Warning Shot" wird wohl noch sehr lange in den Ohren der Hörer nachhallen, denn das Niveau dieser Scheibe ist einfach aus dem obersten Regalbrett des Genres.
Line-up:
Pierre Lacoque (harmonica)
Inetta Visor (vocals)
Michael Dotson (vocals - #5,9,12, guitar)
Giles Corey (guitar)
Carl Weathersby (guitar - #6,14)
Neal O'Hara (piano, organ)
Brian Quinn (bass)
Kenny Smith (vocals - #15, drums)
Andrew Thomas (drums - #2,3,5,6,9,12,14)
Sax Gordon (saxophones)
Ruben Alvarez (percussion)
Mae Koen (backup vocals)
Diane Madison (backup vocals)
Nanette Frank (backup vocals)
Tracklist
01:Sweet Poison (3:52)
02:Alley Cat Boogie (3:26)
03:Come To Mama (3:41)
04:I Don't Know (4:36)
05:Yeah Now Baby (3:50)
06:Birthday Song (4:24)
07:Nowhere To Go (3:00)
08:Warning Shot (3:17)
09:Swingy Dingy Baby (3:40)
10:Too Sade To Wipe My Tears (4:01)
11:Recession Blues (3:02)
12:Evaporated Blues (5:32)
13:Your Cheating Heart (3:21)
14:A Part Of Something Special (4:45)
15:What Cha Say (4:08)
16:Working Man (5:01)
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