Molly Hatchet / Flirtin' With Disaster
Flirtin' With Disaster Spielzeit: 20:55 (Side 1), 18:03 (Side 2)
Medium: LP
Label: Steamhammer (SPV), 2013, (1979)
Stil: Southern Rock


Review vom 20.08.2013


Markus Kerren
Wenn man als Musiker richtig gut ist, dazu die passenden Mitspieler findet und noch viele weitere Dinge wie am Schnürchen laufen, kann man mit etwas Glück und seiner Passion richtig gutes Geld verdienen und muss nicht acht Stunden seines Tages mit irgendeinem anderen schnöden Job versuchen, die Brötchen auf den Tisch zu bekommen. Und wenn dazu die Sterne in einer günstigst möglichen Position stehen, dann kann man es eventuell sogar schaffen, einen echten Klassiker abzuliefern, der ein für alle Mal in den Annalen der Rock-Historie eingemeißelt bleibt.
Den Southern-Rockern von Molly Hatchet ist mit ihrem zweiten Album "Flirtin' With Disaster" ein solcher Klassiker gelungen. Ein Album, das 34 Jahre nach seinem Erscheinen auch heute noch als Vorzeigemodell für diese Stilrichtung gilt. Nachdem das Sextett (inklusive der teuflisch guten Drei-Gitarren-Army) bereits mit seinem superstarken Debütalbum mächtig Staub aufgewirbelt und für Aufsehen gesorgt hatte, waren sowohl die Vorfreude der Fans als auch der Erwartungsdruck für die Band senkrecht in den Himmel geschossen.
An solchen Voraussetzungen ist ja schon so manche Band gescheitert, nicht aber die 'good ole boys' aus Jacksonville, Florida. Denn die machten auf ihrem zweiten Werk ganz genau da weiter, wo sie mit ihrer ersten Platte aufgehört hatten. Nämlich mit der gleichen fantastischen Mischung aus Southern Rock, Boogie, funkigen Grooves und Hard Rock. Und die kommt auf "Flirtin' With Disaster" sogar noch eine Spur entschlossener, konsequenter und härter als auf dem Vorgänger. Das Line-up war ebenfalls stabil geblieben und, um keine halben Sachen zu machen, saß mit Tom Werman auch wieder der gleiche Mann hinter dem großen Mischpult im Kontrollraum.
Bei diesem Album ist dann tatsächlich auch alles Gold, was glänzt. Angefangen mit dem (US-) Hit "Whiskey Man" über das nach verbranntem Gummi quietschender Reifen riechende Cover "It's All Over Now", dem mit tödlichem Groove ausgestatteten "One Man's Pleasure" bis hin zu dem - die Band definierenden - Titelsong sowie dem Rest der Tracklist. "Flirtin' With Disaster" war von Anfang an und ist bis heute eine Scheibe auf der Überholspur, der sich wohl kaum ein Fan der Rockmusik entziehen kann. Das war nicht Lynyrd Skynyrd und auch nicht die Allman Brothers Band (um nur mal die zwei weiteren großen Flaggschiffe aus dem Süden der USA zu nennen), sondern eine vollkommen eigene Combo mit ganz eigenem Stil.
Wie es bei perfekten Alben eben so ist, sind vor allem auch die unbekannteren Tracks dicke, fette Gewinner. Wo soll ich anfangen? Bei dem abräumenden Rocker "Jukin' City", dem live noch mehr (als auf der Studioversion) krachenden "Good Rockin'", dem etwas an Skynyrd erinnernden "Gunsmoke", dem abschließenden Rocker "Let The Good Times Roll", oder soll ich doch eher mit dem eindeutigen Statement "Boogie No More" bzw. einem epischen "Long Time" argumentieren? Es macht keinen Unterschied, denn auf dieser Scheibe stimmt nicht nur jedes Detail, sondern man kann die beteiligten Musiker beim Anhören fast schon greifen bzw. fühlen.
"Flirtin' With Disaster" gibt es jetzt dank Steamhammer (SPV) glücklicherweise auch wieder auf (buntem) Vinyl, was den Hörgenuss im Vergleich zu den CD-Ausgaben aufgrund des fetten Sounds nochmal verdoppelt, ach was, verdreifacht!
Aber das Schicksal war den Südstaatlern nicht wirklich hold, denn nach diesem Album (und diversen Touren) musste die Integrations- und Frontfigur Danny Joe Brown die Band aufgrund seiner schweren Diabetes-Erkrankung verlassen. Mit Jimmy Farrar kam zweifellos ein richtig guter Nachfolger, der immerhin zwei Alben lang (u. a. dem mehr als respektablen Beatin' The Odds) durchhielt, es den Fans der ersten Stunde aufgrund des scheinbar übergroßen Schattens von Danny Joe Brown aber nie wirklich recht machen konnte.
Ab der dritten Scheibe gab es zwar immer wieder (auch mit dem 1982 zurückgekehrten Brown) mal gute Alben, aber "Flirtin' With Disaster" war rückblickend wohl der absolute Zenit einer Band, die heute wie bereits seit über zwanzig Jahren (abgesehen von dem nach einer längeren Pause zurückgekehrten Dave Hlubek) personell nichts mehr mit dem eigentlichen Original gemein hat.
Und ganz ehrlich: Wer noch niemals mit dem Desaster gespielt bzw. geliebäugelt hat, der hat nicht nur das Leben an sich, sondern ganz speziell auch dieses Album ganz gründlich verpennt!
Line-up:
Danny Joe Brown (vocals)
Steve Holland (guitars)
Duane Roland (guitars)
Dave Hlubek (guitars)
Banner Thomas (bass)
Bruce Crump (drums)
Tracklist
Side 1:
01:Whiskey Man
02:It's All Over Now
03:One Man's Pleasure
04:Jukin' City
05:Boogie No More

Side 2:
01:Flirtin' With Disaster
02:Good Rockin'
03:Gunsmoke
04:Long Time
05:Let The Good Times Roll
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