Greatest Hits-Compilations sind oftmals eine sehr hinterfragenswürdige Angelegenheit. Darf sich eine Band, die in ihrer gesamten Karriere nicht einen einzigen Top 40-Hit
* hatte, überhaupt einen solchen Titel aussuchen oder ist das Etikettenschwindel? Braucht ein Fan, der ohnehin alles von seinen Lieblingen besitzt, so einen Aufguss überhaupt? Eine Lizenz zum Gelddrucken ist's offenbar auch nicht, selbst wenn die (gefühlt) hundertfünfzigste 'Best Of'
Lynyrd Skynyrds, "Icon" (2011), sich gerade seit Wochen in den hinteren Rängen der Billboard Top 200-Charts hält. Dieses kleine Kunststück ist
Molly Hatchet mit "Greatest Hits II - The South Has Risen Again" derzeit nicht beschieden und so dient dieses Album wohl in letzter Konsequenz der persönlichen Selbstverwirklichung.
Gut, Leute, ich geb's ja zu: Ich bin immer noch gewaltig sauer auf
Bobby Ingram, weil er im vergangenen Jahr - kurz nach Erscheinen des recht ordentlichen "Justice"-Albums - ein Interview von mir, wahrscheinlich wegen einer einzigen kritischen, aber höflichst formulierten Frage, abgeschmettert hat. Ein solches Verhalten finde ich nicht nur hochgradig unprofessionell und ärgerlich, sondern geradezu infantil. Aber gut, das ist Schnee von gestern und meiner Liebe zur Musik
Molly Hatchets hat's keinen Abbruch getan. Obendrein ist
Ingram ja beileibe nicht die einzige 'Diva' in diesem Bizz...
CD 1 dieses Doppelpacks umfasst die eigentliche "Greatest Hits" von "Devil's Canyon" bis
Justice und somit die Jahre 1996 bis 2010. Über die Auswahl der Songs kann man nicht meckern, obwohl eine 'Best Of'-Zusammenstellung bei jedem Fan anders aussehen würde. Gut, die "Kingdom Of XII" (2000) und "Warriors Of The Rainbow Bridge" (2005) kommen mit jeweils zwei Songs etwas dünn davon, aber so toll waren die beiden Scheiben ja wirklich nicht. Dafür ist die wohl beste Post-
DJB-Scheibe, "Devil's Canyon", mit den vier stärksten Songs ("Tatanka", dem Titeltrack, "Down From The Mountain" und "The Journey") bestens vertreten. "Fall Of The Peacemakers" gibt es in der halbakustischen Version mit Schwerpunkt auf
Galvins Keyboardarbeit, die auf "Silent Reign Of Heroes" zu finden ist. Leider fehlt der Titeltrack dieses Longplayers, der essentiell gewesen wäre! Dafür hat man uns dankenswerter Weise "Fly On Wings Of Angels" von der "Justice" erspart. Wie gesagt: Die Tracklist passt schon...
Die zweite Scheibe enthält - quasi als Bonus - Live-Material von älteren
Molly Hatchet-Songs, die der CD "Locked And Loaded" (2003) und der DVD
Live in Hamburg (2006) entnommen wurden. Darunter ist auch ein Titel der
Danny Joe Brown Band, "Edge Of Sundown", zu finden. Schön, dass die Jungs ihren viel zu früh verstorbenen Originalsänger nie vergessen! Auch
das ist Southern Rock... Besonders schön kommen hier selbstredend der Klassiker "Dreams I'll Never See" und eine prickelnde Version von "The Creeper".
Aber kommen wir zum eigentlichen Kaufanreiz für diese "Greatest Hits II": die bislang unveröffentlichte Studioaufnahme "Sacred Ground"... und die wäre wohl auch besser in der Mottenkiste geblieben! Informationen, ob es sich um einen brandneuen Song oder ein Outtake früherer Jahre handelt, sind dem Booklet leider nicht zu entnehmen. Fett aufgetragenes Pathos kann nicht verbergen, dass offenbar beim Songwriting die zündende Idee gefehlt hat - kein schlechter Song, aber eben knapp unter
Hatchets Durchschnitt.
In Zeiten, in denen wir von den klassischen Southern Rockbands nur noch selten neues 'Futter' serviert bekommen, in denen
Doc Holliday dieser Tage ihre Abschiedsschleife durch Europa drehen, ist es natürlich schön festzustellen, dass
Molly Hatchet munter weitermachen. Ob man "Greatest Hits II - The South Has Risen Again" in seiner Sammlung benötigt, muss jeder Einzelne - wie eigentlich bei jeder Compilation - für sich selbst entscheiden. Ein Kaufanreiz könnte allerdings sein, dass man hier ein Doppelalbum für einen erfreulich niedrigen Preis erwerben kann.