Einige Rezensionen und über ein Jahr ist es her, seit die italienische Blues Rock-Band Morblus für ein Mehr an Blues bei RockTimes sorgte. Eine wesentlich kürzere Zeit ist vergangen, seit sich der Kollege Norbert bei den 17. Schmölzer Blues Tagen von der Live-Qualität des Vierers überzeugen konnte. Endlich war es auch für mich soweit. Morblus trat in der Krefelder Kulturrampe auf.
Um 20:40 Uhr war das Quartett auf der Bühne versammelt und alle hatten ihren Arbeitsplatz eingenommen. Mit einem locker groovenden Instrumental im Midtempo konnten sich alle Akteure in Sololäufen vorstellen. "Live It Up" zeigte bereits einen enormen Spielspaß der Italiener und da durfte man sich nach diesem Titel aus Blues, Funk sowie Soul schon auf weitere Taten von Morblus freuen. Bei der gelungenen Mischung aus Eigenkompositionen und Coversongs konnte man sich einerseits von dem qualitativ hochwertigen Songwriting der Herren Roberto Morbioli als auch Daniele Scala überzeugen. Anderseits hätte man den Herren in Sachen Interpretation einen Ehrendoktortitel verleihen können. Morblus erwies sich als Meister im zwischen den Zeilen lesen von Fremdkompositionen.
Einen Gang höher schaltet das schnittige Band-Cabrio mit der allseits bekannten Muddy Waters-Nummer "Got My Mojo Workin'". Es entwickelte sich von Beginn an eine ganz starke Version mit einer der vordergründigen Merkmale des Vierers. Wenn die auch nur ansatzweise den Funk ins Spiel brachten, konnte man sich warm anziehen. Morblus und der Funk im Blues gehören zusammen wie Zwillinge.
Keyboarder Daniele Scala agierte nur einen Meter von mir entfernt und mit seinen beiden Händen aktivierte er oftmals den Tasten-Trigger. Besonders interessant war es, zu beobachten, dass es gar nicht so simpel ist, verschiedenartig gemusterte Keyboardteppiche als Grundlage für die Gitarrenexkurse eines Morbioli zu knüpfen. Da steckte verdammt viel Arbeit und Fantasie dahinter.
Mit "I Don't Believe It" waren alle Künstler an ihren Gesangsmikrofonen aktiv und sie konnten auch mit den Chorussen punkten. Dank einer Funkverbindung zwischen Gitarre und Verstärker war Morbiolis Arbeitsplatz nicht nur auf die Bühne beschränkt. Mit einem ersten Ausflug vor die Bühne nahm der sympathische Frontmann mit den leicht ergrauten Schläfenhaaren Tuchfühlung mit den Zuschauern auf. So etwas kommt natürlich immer sehr gut an. Die Frauen in der gut gefüllten Kulturrampe spürten bestimmt auch seinen Charme. Den Spaziergang wiederholte er später nochmals und flirtete dann mit der Bedienung hinter der Theke.
Immer wieder veränderte der Gitarrist die Frequenz eines Tones und diese Vibrati forderten den ganzen Oberkörpereinsatz des durchtrainierten Mannes. Der Bassist Stefano Dallaporta hatte beim Funk natürlich ein herrliches Betätigungsfeld, wenn er die vier dicken Saiten seines Arbeitsgerätes slappte. Sonst spielte er einen verdammt melodischen Tieftöner. Scalas Soli auf seiner Orgel, die mit ihrem Leslie einen herrlich retrospektiven Klang hatte, waren Powerwalking für die zehn Finger.
Mit einer Jimmy Witherspoon-Nummer nahm man erstmals Kontakt zum Balladesken auf. Morbiolis angeraute Stimme kam voll zur Geltung. Scala wechselte zu den schwarzen und weißen Tasten seines E-Pianos. Roberto behandelte die sechs Saiten der E-Gitarre einerseits mit Sanftmut, war bei dieser Nummer im zweiten, sehr ausladenden Solo andererseits im Rausch des 12-Takters. Bei allem Blues, Funk und Soul stand die jazzige Variante nicht hinten an. Wiederholt setzte man super Breaks, denen nicht nur einmal klasse Tempowechsel folgten.
Mit stimmlicher Unterstützung des Publikums wurde das Ray Charles-Stück "I Believe To My Soul" zu einem nicht enden wollenden Glaubensbekenntnis in Regenbogenfarben. Every Day I Have The Blues war eine weitere ganz besondere Lesung von der Band, denn es befand sich eine gute Portion Jazz in der Morblus-Musik.
Der Frontmann hatte drei Gitarren griffbereit. Nun wurde die von Gebrauchsspuren gezeichnete Halbakustische geschultert und dazu gleich das Bottleneck übergestülpt. Das diesjährige Erntedankfest war ja noch nicht so lange her und der Blues wurde nun durch den Country gewürzt.
Bei allen hochklassigen Stücken wurde John Lee Hookers "Boom Boom" wohl zum Highlight des Konzertes. Nach einer relaxt-atmosphärischen Einleitung, die quasi, bei dem was folgen sollte, die Unschuld in Klängen war, wurde aus der Vorlage plötzlich ein Monsterding an Blues Rock in Boogie-Konstellationen, die an Canned Heat erinnerten. Man vergaß Raum und Zeit. Lang, ganz lang war dieses Stück und bei all den Aktionen auf der Bühne kam irgendwann die Frage nach dem Stand der Dinge auf. Doch, doch man befand sich immer noch bei "Boom Boom", was schlussendlich aber erst wieder ins Bewusstsein kam, als Morblus wieder die Hooker-Einmündung fand.
Nach der Setpause war weiteres Equipment auf der Bühne und Morbioli bat während der zweiten Halbzeit den jungen Fabio 'Don Condor' Nettekoven von Don Condor & The Texas Outpost nach oben. Weil das Konzert an einem Dienstag stattfand, bekam der "Stormy Monday" jazziges Flair und Nettekoven hatte einige sehr gute Momente. Da lächelte auch Scala. Als der italienische Gitarrist den Deutschen zu einer europäischen Konferenz einlud, hatte er auf Morbiolis Saiten-Fragen stets treffende Antworten parat. Bei drei Tracks war Fabio mit von der rockigen Party. Wie der Anfang war auch der Schluss. Bei einem Instrumental konnten nacheinander alle vier Morbluser nochmals mit ihrem persönlichen musikalischen Taschentuch winken. Zugabe? Fehlanzeige. Bei diesem Konzert, das keine Wünsche offen ließ, musste die aber auch nicht sein.
Der Gang zu einem Gig der Italiener kann nur dringlich empfohlen werden. Morblus bietet mehr als nur Blues an.
Wir bedanken uns bei Carolin von phamosa music für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Roberto Morbioli (guitar, vocals)
Daniele Scala (Hammond C3)
Stefano Dallaporta (bass)
Diego Pozzan (drums)
Bilder vom Konzert
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