Motörhead / Kiss Of Death
Kiss Of Death Spielzeit: 44:56
Medium: CD
Label: SPV, 2006
Stil: Heavy Rock


Review vom 03.10.2006


Markus Kerren
Zugegebenermaßen hatte ich es als eingefleischter Motörhead Fan der (fast) ersten Stunde gegen Ende der 90er und Anfang des neuen Jahrtausends nicht so einfach. Das lag weniger daran, dass die Band um 'Uncle Rotter', wie Lemmy Kilmister liebevoll von seinen Freunden genannt wird, und seine mittlerweile nicht mehr wegzudenkenden Kollegen Phil Campbell (Gitarre) und Mikkey Dee (Drums) schlechte Alben abgeliefert hätten.
Es war nur so, dass sich die Jungs auf Veröffentlichungen wie "Snakebite Love", "We Are Motörhead" oder "Hammered" für meinen Geschmack zu sehr auf die metallischere Seite konzentrierten und ihre grösste Stärke, nämlich schmutzigen, authentischen Rock'n'Roll mit Dreck unter den Fingernägeln und abartig geilen Hooklines, zu stark außen vorließen.
Dann wurde 2004 das Album "Inferno" veröffentlicht, welches das beste Werk seit dem 96er "Overnight Sensation" ist, und meine Motörwelt war wieder vollkommen in Ordnung und erlebte ihren ca. 22. Frühling.
Nach diesem Höhenflug waren die Erwartungen, was den Nachfolger betraf, natürlich hoch gesteckt. Und um der Spannung ein Ende zu bereiten: "Kiss Of Death" steht "Inferno" in nichts nach. Der Rock'n'Roll Faktor ist definitiv wieder mehr im Bandgetriebe verankert, Mikkey Dee verprügelt seine Felle grün und blau, bleibt aber dennoch sehr gefühlvoll, wenn es der jeweilige Song verlangt. Phil Campbell, der sehr lange Zeit bezüglich seiner musikalischen Qualitäten so gut wie ignoriert wurde, erhält mittlerweile endlich die Aufmerksamkeit, die er redlich verdient. Und Lemmy...ja, was könnte er anderes sein, als immer noch Lemmy. Ein Unikum vor dem Herrn!
"Kiss Of Death" startet mit einem für die Band typischen Heavy Rocker namens "Sucker", der brachial die Nackenmuskeln strapaziert, über eine geile Bridge verfügt und granatenmäßig abräumt. "One Night Stand" wird von einem mächtigen Bass getrieben und besticht durch einen starken Refrain. Bei "Devil I Know" übernimmt dann Phil Campbell mit starker Gitarrenarbeit wieder das Ruder, bevor "Trigger" das nächste Highlight setzt. Super melodiöser Refrain, eine Höllenpower, kurzes Bass-Zwischenspiel und unbändige Spielfreude. Motörhead pur und dem Rezensenten tun jetzt schon die Gesichtsmuskeln vor lauter Dauergrinsen weh.
"Under The Gun" ist ein guter Midtempo-Rocker mit dem Gast Mike Inez als zweitem Bassisten, bevor dann der nächste Übersong in Gestalt von "God Was Never On Your Side" auf uns losgelassen wird. Angefangen und beschlossen von Akustikgitarre und erneut sehr melodiösem Gesang, dann setzt die gesamte Band ein. Vom Arrangement her ähnlich wie "I Ain't No Nice Guy" von dem Album "Bastards". Dazu ein spitzenmäßiger, wenn auch kontroverser, Text. Bravo und Respekt! Ich bin mittlerweile vollkommen aus dem Häuschen!
Der zweite Teil der Scheibe wird von dem tiefergelegten, und deshalb für Abwechslung sorgenden, "Living In The Past" eröffnet, gefolgt von "Christine", einer sehr eingängigen Rock'n'Roll Nummer, die eigentlich nur auf dem Mist von Chuck Berry/Little Richard-Fan, Mr. Kilmister himself, gewachsen sein kann. Jau, so macht das Spass, Freunde, legt euch schon mal eure Tanzschuhe bereit. Oder habt wenigstens ein Bierchen zur Hand, denn hier kann man nicht stillsitzen, sondern muss feiern.
"Sword Of Glory" behandelt, von einem coolen Riff unterstützt, mal wieder die Unsinnigkeit von Kriegen und der Tatsache, dass die Menschheit einfach nicht aus den Fehler ihrer Väter, Großväter, Urgroßväter usw. lernen will. Starker, ambitionierter Text, der rational so einleuchtend ist, in der Realität aber nie umsetzbar sein wird. "Be My Baby" ist wieder ein guter Midtempo Rocker, der mit den besten Stücken des Albums aber nicht mithalten kann.
Abgeschlossen wird ein weiteres, hammerstarkes Motörhead-Album dann von "Kingdom Of The Worm" und "Going Down" (wobei zu letzterem Phil Campbells Sohn die Musik komponiert hat). Eines ist ganz klar: Motörhead sind wieder voll da. Und zwar so stark wie seit ca. einer Dekade nicht mehr.
Aber wie lange noch? Lemmy Kilmister ist mittlerweile fast 61 Jahre alt und ich orakele jetzt einfach mal, dass es keine weiteren fünf Studioalben mehr geben wird. Also sollte man jetzt genießen und die Band verdammt noch mal hochleben lassen. Sollte bei der Qualität eines Albums wie "Kiss Of Death" ein Einfaches sein!!
Line-up:
Lemmy Kilmister: (bass, vocals)
Phil Campbell: (guitars)
Mikkey Dee: (drums)
Tracklist
01:Sucker
02:One Night Stand
03:Devil I Know
04:Trigger
05:Under The Gun
06:God Was Never On Your Side
07:Living In The Past
08:Christine
09:Sword Of Glory
10:Be My Baby
11:Kingdom Of The Worm
12:Going Down
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