My Dynamite / Same
Same Spielzeit: 42:21
Medium: CD
Label: Listenable Records, 2012
Stil: Rock

Review vom 03.01.2013


Jochen v. Arnim
Schaut man sich auf der Homepage der Australier mal die Flyer ihrer Shows an, so wird man unvermittelt in das San Francisco der Flower Power-Ära zurückversetzt und Erinnerungen an Konzertankündigungen von Grateful Dead und ihren Wegbegleitern werden wach. Wandert dann der Blick auf die selbsterkennende Genrezuordnung der Band und lässt man sich den Begriff Cosmic Rock Australiana mal auf der Zunge zergehen, dann kribbelt es einerseits zwar in den Fingern, andererseits schraubt man aber die Erwartungen sofort weit nach unten. Zu oft schon arteten vollmundige Versprechen multipler Bands in erneut enttäuschenden Retro-Brei aus. Halt, zwei Schritte zurück! Wovon reden wir hier überhaupt?
My Dynamite kamen mir unlängst in Form eines Promo-Exemplars ihres Debütalbums aus der Gegend um das schöne Melbourne in Australien ins Haus geflattert. Man möge mir meine Ignoranz verzeihen, aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt herzlich wenig von dem Quintett und musste mir erst einmal etwas Erleuchtung verschaffen, die ich an dieser Stelle gern weitergebe, wenngleich die gefundene Info etwas rudimentär daherkommt: Australien, musikalischer Bezug zu den
Black Crowes, Sänger hat eine tolle Stimme, in ihrer Heimat liebt man sie. Das sind alles Punkte, die schon mal für den Fünfer von der Südhalbkugel sprechen. Also, nicht länger verzögern und rein in den Player mit dem Ding.
Mit einem coolen Riff und feiner Lead stellt sich der Opener "Take It Or Leave It" vor. Dieser Titel ist im Grunde auch direkt Programm; wer bei den ersten Tönen nicht sofort aufhorcht, der steht halt nicht auf dieses Genre. Cosmic Rock Australiana? Da greift der Vergleich zu den Krähen doch schon viel mehr. Das passt wunderbar in genau dieselbe Schublade. Es ziehen sich der 'südländisch' angehauchte Blues und der Rock der späten sechziger und frühen siebziger Jahre durch das Album, dass es eine wahre Freude ist. Zwischendurch flammen die Töne einer Blues Harp (gespielt von Sänger Carmody) auf oder das Boogie-Piano (gespielt von wem auch immer) macht sich bemerkbar. Und ein ums andere Mal hören wir eine tolle Gitarrenarbeit, Riffing und Soli fügen sich zu einem eingängigen, ja, ich gebe es zu, Retro-Sound zusammen. Perfekt untermalt wird die Chose dann auch noch von feinen Backings irgendwelcher Mädels, deren Namen ich leider nicht finden konnte. Last but not least soll der Frontmann mit seiner für meine Begriffe sehr variablen Stimmgewalt zur Sprache kommen. In einem australischen Pressetext fand ich den Vergleich Patrick Carmodys mit einem jugendlichen Steven Tyler. Da diese Parallele nicht von mir stammt, möchte ich sie auch weitgehend unkommentiert lassen, wenngleich schon Assoziationen zu 'Big Lips' Tyler aufkommen können.
Kaum ein Song ist in diesen etwas mehr als vierzig Minuten zu finden, der nicht sofort meine Aufmerksamkeit erhält. Irgendwo gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken und sei es auch nur einer dieser treibenden Instrumentalparts, wie gegen Ende von "Watch Yourself Grow". Da hätten wir dann noch die Melodielinie von "Raise Your Glasses", die diesen Track zu einem der besseren des Albums macht (das m. E. keinen einzigen Ausrutscher enthält). Im unmittelbaren Anschluss folgt "Singing Stormy Weather" und ich weiß nicht, woran es liegt, aber auch dieser packt mich. Vielleicht mag es das Zusammenspiel von Gitarre und Orgel sein oder die Gesangsharmonie oder auch die wunderbare Sologitarre. Who knows? Who cares?
Fast noch besser wird dann der Auftakt zu "Big Attraction" mit seiner Gitarre, die uns auf einem unterlagerten Orgelteppich in weit entfernte Sphären entführt. Dazu der eingängige Chorus, der zum unmittelbaren Wippen der staubigen Stiefelspitze verleitet. Laut Southern Rock-Strickmuster kommt gegen Ende wieder ein kleiner Soloausflug auf der Elektrischen, bevor uns eine letzte Gesangsstrophe mit anschließendem Refrain geboten wird. Neu ist das alles nicht so unbedingt, aber gut ist es trotzdem, ohne Widerrede! Genauso gut ist "All That She Brings", das uns mit einem akzentuierten Bass um die Ohren gehauen wird. Funky Blues Rock, bisschen Boogie, bisschen Orgel, feine Southern Rock-artige Gitarrenläufe - alles prima. Am Ende gibt es dann noch einen langsam triefenden Blues zum Mitklatschen - hört ihn Euch an, dann wisst Ihr, was ich meine.
Ähnlich wie mit Dirty York wird hier eine Band aus Down Under, speziell aus Melbourne, an die Gestade der alten Welt gespült, die eine feine Visitenkarte in Form des Debütalbums in den Händen hält und bereitwillig verteilt. Ich frage mich die ganze Zeit, warum ich die Jungs nicht einfach in die Ecke der Plagiate werfe? Mit irgendwas muss es doch 'Klick' gemacht haben? Sie spielen halt nicht plump nach, flößen der Tinktur noch ein gewisses Etwas hinzu. Vielleicht etwas speziell Australisches? Ansonsten aber sind die musikalischen Vorbilder klar und neben den bereits Genannten finden wir natürlich Led Zeppelin und die Stones und, und, und. Aber deren Einflüssen kann man sich als Rockmusiker eh nicht entziehen.
Ich bin sehr gespannt, wie sich die Band live macht, wenn sie im Frühjahr ihr Stelldichein in Europa gibt. Könnte mir vorstellen, dass sich das sehr, sehr lohnen wird.
Line-up:
Patrick Carmody (vocals)
Benny Wolf (guitar)
Jorge Balas (guitar)
Travis Fraser (bass)
Simon Aarons (drums)
Tracklist
01:Take It Or Leave It
02:Inside Out
03:If We're Livin'
04:Dirty Game
05:Watch Yourself Grow
06:Raise Your Glasses
07:Singing Stormy Weather
08:Big Attraction
09:All That She Brings
10:Fork In Your Tongue
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